Oh nein, nicht noch ein französisches Feelgoodmovie um „l’amour“ und vielen flotten Dialogen aus der Louis de Funès Dramaschule! Aber falsch gedacht, denn, so viel sei hier schon gesagt, ein raffiniert-charmantes Drehbuch und die tolle Besetzung machen den Streifen zu einer sehenswerten Überraschung – leicht und liebenswert, wie es nur das französische Feelgoodmovie sein kann. Dank Constantin Film gibt es den Streifen nun auch für den heimischen Filmabend.

Originaltitel: La belle époque

Regie: Nicolas Bedos

Darsteller: Daniel Auteuil, Guillaume Canet, Doria Tillier, Fanny Ardant

Artikel von Kai Kinnert

„So kann es mit den Eltern einfach nicht weitergehen!“, denkt sich Maxime (Michaël Cohen). Sein Vater Victor (Daniel Auteuil) wird zunehmend zu einer Nervensäge, die mit sich, der Welt und dem Alter über Kreuz liegt. Seine Frau Marianne (Fanny Ardant) ist das genaue Gegenteil. Victors ewige schlechte Laune wird ihr schließlich zu viel. Sie setzt ihn kurzerhand vor die Tür. Victor braucht definitiv Hilfe! Und Maxime hat eine Idee. Sein Freund Antoine (Guillaume Canet) hat eine Firma, „Time Travellers“, die gut betuchten Kunden ermöglicht, in einem raffiniert eingerichteten Filmstudio in eine Zeit ihrer Wahl zu reisen. Victor willigt ein. Er entscheidet sich für das Jahr 1974, den exakten Tag, an dem er sich in seine Frau Marianne verliebt hatte. Anfangs skeptisch, lässt er sich immer mehr in den Bann der Erinnerungen ziehen. Und die Kulisse aus Neonlichtern, Schlaghosen und Zigarettenrauch wird zu einer Reise, in der die betörende Schauspielerin Margot (Doria Tillier) die Grenze zwischen damals und heute verschwimmen lässt.

Die ersten 15 Minuten sind unruhig. Regisseur und Autor Nicolas Bedos stürzt den Zuschauer im flotten französischem Filmstil ins Geschehen und lässt kurz Schlimmes befürchten. Wird das eine Komödie die man mag? Die Schnitte sind schnell und eine schwingende Handkamera macht nervös. Der Rahmen der Handlung wird flott festgemacht und man hofft, dass der Film mehr Ruhe durch seine Kernhandlung erreicht, die einiges an Spannung mit dem Spiel zwischen den Zeiten von Damals und Heute verspricht. Und es gelingt. Sobald Daniel Auteuil als Victor sich zur „Zeitreise“ entschließt, und so die Handlung übernimmt, entfaltet sich der volle Charme des abwechslungsreichen Drehbuchs.

Im Gegensatz zu Jim Carrey in Die Truman Show (1998), in der Truman in einer allumfassenden Simulation aufwächst und erst spät darauf kommt, das seine Welt nicht echt ist, weiß Victor, dass er eine inszenierte Welt betritt. Sein Tag im Jahre 1974 findet in einem Studio statt und überall ist die Kulisse sichtbar, alles ist künstlich. Damit das Spiel funktioniert, muss sich Victor auf das Spiel einlassen und in Interaktion mit den Schauspielern treten. Erst ist Victor verschmitzt kritisch, korrigiert ab und an die Abläufe im Café und versucht die Schauspieler aus der Reserve zu locken, doch dann beginnt er sich immer mehr auf das Schauspiel seiner Erinnerungen einzulassen und wird so die Grenze zwischen Gestern und Heute vermischen – denn Margot, die in der Inszenierung seine zukünftige Frau Marianne spielt, füllt ihre Rolle mit Charme und Herz, obwohl sie selber gerade in Beziehungsproblemen steckt . Und so bucht Victor weitere Tage der Begegnung mit Margot/Marianne, wobei beide plötzlich aus ihre Rolle ausbrechen und die Kulissen verlassen, was unweigerlich für einen Konflikt sorgen wird. Victor beginnt sich zu verlieben.

Die schönste Zeit unseres Lebens spielt so liebevoll und gekonnt mit der Vermischung des inszenierten Damals und dem realen Heute, das es eine Freude ist. Mag die Idee auch etwas Exklusiv sein, so sind die Gefühle und Beweggründe der Figuren doch lebensnah und nachvollziehbar, berührend und mit herzlichem Witz unterhaltend. Das Positive an dem Film ist, das es keine Bedrohung gibt. Befreit von jedem Antagonisten, ist der Film auf jeder Ebene durchweg positiv durchströmt. Niemand will etwas Böses – und das ist dramaturgisch einfach die beste Wahl von Nicolas Bedos gewesen. Die Spannung ergibt sich durch das flotte Wechselspiel zwischen dem inszenierten und dem realen Moment und dem Wunsch des Zuschauers, das die Nummer für alle Beteiligten mit Glück endet. Und selbst für ein paar Tränen ist am Schluß noch Zeit und so erfüllt Die schönste Zeit unseres Lebens alle Aspekte des richtig guten Feelgoodkinos, das zugleich auch noch eine Liebeserklärung an das Medium Film selber ist.

Mit Herz lassen sich eben immer noch die besten Geschichten erzählen. Der perfekte Film für einen gut gestimmten Sommerabend.

Das Bild ist gut und schön in Licht und Farben, der Ton ist gut. Als Extras gibt es ein Making of und Trailer.

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