Während diverse Horrorgestalten immer noch ihr Unwesen im Medium Film treiben, sind Hexen erstaunlich wenig präsent. Der russische Schocker BABA YAGA (2020) will dies ändern und anstatt der ergrauten Hutzelfrau, die Kräuter sammelt, eine alte slawische Legende wiederbeleben. Ob der eigentliche Film, der hierzulande kürzlich über Capelight Pictures erschienen ist, ebenfalls das Zeug zur Legende hat, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Yaga. Koshmar tyomnogo lesa

Drehbuch: Natalya Dubovaya, Ivan Kapitonov, Svyatoslav Podgaevskiy
Regie: Svyatoslav Podgaevskiy, Nathalia Hancker (Englische Version)

Darsteller: Oleg Chugunov, Glafira Golubeva, Artyom Zhigulin, Svetlana Ustinova, Aleksey Rozin…

Artikel von Christopher Feldmann

Jedes Kind hat schon mal eine Geschichte gehört, in der eine Hexe vorkommt. Meist entspricht das klassische Bild dieser Gestalt den traditionellen Überlieferungen aus der westeuropäischen Kultur. So sehen Hexen für uns so aus, wie wir sie beispielsweise aus dem Disney-Klassiker SCHNEEWITTCHEN UND DIE SIEBEN ZWERGE (1937) kennen. Eine alte Oma, mit Warzen im Gesicht, die irgendwelche krassen Flüche auf der Pfanne hat. Das es aber weitaus furchterregender geht, beweisen die, schon aus vorchristlicher Zeit überlieferten, slawischen Legenden um Baba Yaga, die immer wieder in unterschiedlichen Varianten in Erscheinung tritt, mal als schelmische Gestalt, die Streiche spielt oder als gefährliches Wesen, welches Kannibalismus betreibt. Die letze Version der östlichen Horror-Figur bekamen Zuschauer in dem vergeigten Reboot HELLBOY – CALL OF DARKNESS (2019) serviert, in dem die Hexe noch das Beste am gesamten Film war. Nun hat sich Regisseur Svyatoslav Podgaevskiy der Legende angenommen, um sie für ein modernes Publikum zu rekreieren und ihr den Horror-Auftritt zu spendieren, den sie verdient. Nur leider ist BABA YAGA (2020) eine absolute Gurke geworden, die noch nicht einmal 14-jährige Newbies hinter dem Ofen hervorlockt.

Handlung:
Der junge Egor (Oleg Chugunov) lebt gemeinsam mit seinem Vater (Aleksey Rozin) und seiner Stiefmutter (Maryana Spivak) in einer hübschen Musterwohnung am Stadtrand. Egor hat es nicht gerade leicht seit seine leibliche Mutter verstorben ist und tut sich in Mitten der Pubertät schwer, die Frau seines Vaters und deren frisch geborene, gemeinsame Tochter zu akzeptieren. Als ein neues Kindermädchen (Svetlana Ustinova) auf den Plan tritt, hat Egor schnell den Verdacht, dass irgendetwas nicht mit rechten Dingen zu geht. Unheimliche Ereignisse lassen keinen Zweifel aufkommen, dass sich hinter dem Kindermädchen etwas dunkles verbirgt. Als diese und auch das Baby spurlos verschwinden, können sich die Eltern nicht einmal mehr an die Existenz ihres Sprösslings erinnern. Gemeinsam mit seiner neuen Bekanntschaft Dascha (Glafira Golubeva) und dem aufmüpfigen Anton (Artyom Zhigulin) macht sich Egor auf die Suche und bald stoßen sie auf eine uralte Legende, die es besonders auf Kinder abgesehen hat.

Capelight Pictures hat es sich in der Vergangenheit zur Aufgabe gemacht, russisches Kino in Deutschland an den Mann zu bringen. Das ist ihnen auch mit diversen Filmen gelungen, doch diese Erfolgsbilanz hat nun einen qualitativen Kratzer zu verzeichnen, denn mit BABA YAGA (2020) ist dem geschätzten Label eine echte Gurke ins Netz gegangen.

Das Drehbuch hangelt sich mit Mühe und Not von einer Szene zur Nächsten und erweist sich schnell als nicht sonderlich kohärent. Diverse Logiklücken und nicht nachvollziehbare Entscheidungen prägen den zähen Verlauf der erstaunlich schwerfälligen 90 Minuten. BABA YAGA schleppt sich dahin wie kaum ein anderer Film, den ich letzter Zeit gesehen habe. Darüber hinaus hapert es besonders bei den Figuren, denn der Film bietet nicht einen wirklichen Sympathieträger, jeder Charakter wirkt austauschbar und glatt. Dazu kommt noch die lahme Story, die kaum Highlights zu bieten hat und sich von einem ärgerlichen Jump-Scare zum Nächsten manövriert. BABA YAGA ist Alles, was man am derzeitigen Mainstream-Horror kritisieren kann, nämlich eine unausgegorene schluderige Sauce, die, in diesem Fall, ihrer ergiebigen Vorlage in keinster Weise gerecht wird.

Dazu kommt noch, dass die Schauspieler größtenteils schwach agieren und besonders die Kinderdarsteller ein Graus vor dem Herren sind. Während diese mit Müh und Not ihre Sätze aufsagen und ansonsten mit einem einzigen Gesichtsausdruck durch die sterile Szenerie stapfen, „glänzen“ die Erwachsenen durch Overacting und unsägliche Dialoge. Besonders die Besetzung der Hexe ist eine Katastrophe. Svetlana Ustinova wirkt zwar wie ein sexy Unterwäschemodel, versprüht aber zu keinem Zeitpunkt etwas unheimliches oder gar bedrohliches, man nimmt sie eigentlich gar nicht wirklich wahr, was auch für die letztliche Transformation zur titelgebenden Gestalt gilt.

Auch inszenatorisch reißt BABA YAGA keine Bäume aus. Der Film wirkt unfassbar künstlich und steril. Das Setting ist austauschbar und auch die Grusel-Szene sind so altbacken und vorhersehbar, selbst Blumhouse wäre sich zu schade für derart billige Jump-Scares. Dem Regisseur gelingt keine einzige wirklich gute Szene, kein einziger ambitionierter Moment. Das ist alles weich gewaschener Horror für Kids, die noch nie einen Film in diesem Genre gesehen haben.

Capelight Pictures hat BABA YAGA wenigstens in kostengünstigen DVD und Blu-Ray-Einheiten ausgewertet. Das Bonusmaterial bietet lediglich den Trailer.

Die neueste Capelight-VÖ BABA YAGA (2020) ist generischer Horror-Quark für Kids, die noch nie mit Horror in Berührung gekommen sind und auch die werden nur mäßig Freude an der russischen Produktion haben. Ein unglaublich glatter, steriler, langweiliger und schlecht gespielter Film, den man nicht gesehen haben muss.

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