In den letzten Wochen war es in Sachen „Edgar Wallace“ etwas ruhig. Nach einer kleinen Pause schlagen wir nun das nächste Kapitel in unserer Retrospektive der kultigen Krimi-Reihe aus dem Hause Rialto-Film auf. Mit DER ZINKER (1963) legte Krimi-Routinier Alfred Vohrer einen der bekanntesten Wallace-Stoffe neu auf und etablierte gleichzeitig Heinz Drache endgültig als raubeinigen Ermittler. Wie sich der Film heute schlägt, erfahrt ihr im Artikel!

„Hallo, hier spricht Edgar Wallace!“

Drehbuch: Harald G. Petersson
Regie: Alfred Vohrer

Darsteller: Heinz Drache, Barbara Rütting, Günter Pfitzmann, Jan Hendriks, Inge Langen, Agnes Windeck, Klaus Kinski, Siegfried Schürenberg, Eddi Arent, Albert Bessler…

Artikel von Christopher Feldmann

1963 befand sich Produzent Horst Wendlandt auf der absoluten Erfolgwelle. Nicht nur die beiden letzten Edgar-Wallace-Filme, besonders DAS GASTHAUS AN DER THEMSE (1962), waren ein enormer Erfolg an Kinokassen, sondern auch DER SCHATZ IM SILBERSEE (1962), die erste Verfilmung nach einem Roman von Karl May, ließ die Zuschauer in Scharen in die Lichtspielhäuser stürmen. Wendlandt baute seine Vormachtstellung als Hit-Produzent weiter aus, gründete mit der Rialto-Film Preben Philipsen GmbH & Co.KG eine neue Firma als Komplementär zur alten Rialto-Film und konnte sich, beflügelt durch die Erfolgsträhne, auch beim Constantin-Verleih mehr und mehr durchsetzen. Für die Zukunft sollte nun mit Bedacht neue Stoffe nach Edgar Wallace ausgewählt werden, um nicht nur den Erfolg, sondern auch die filmische Qualität zu wahren. Man hatte mehrere Projekte in der Pipeline, unter anderem DAS VERRÄTERTOR (1964), DIE GRUFT MIT DEM RÄTSELSCHLOSS (1964) und eben DER ZINKER (1963), sowie einen Film namens DER DERBYSIEGER. Während Letzterer fallen gelassen wurde, nahm das Skript zur GRUFT noch weiter Zeit in Anspruch. Auch DAS VERRÄTERTOR musste warten, suchte man doch fleißig nach britischen Partnern, um an Original-Schauplätzen zu drehen. Somit gab man DER ZINKER (1963) den Vorzug, der bereits 1931 unter deutscher Ägide verfilmt wurde und zu den bekanntesten Werken des britischen Autors zählt. Auch heute kann Vohrers spaßiger Krimi überzeugen, auch wenn der Film am Ende nicht zu den wirklichen Highlights der Reihe zählt.

Handlung:
Seit Jahren treibt ein skrupelloser Verbrecher in der Unterwelt Londons sein Unwesen, der nur „Der Zinker“ genannt wird. Immer wenn irgendwo gestohlene Ware verhehlert wird, tritt der Unbekannte auf den Plan, um sich diese zu Tiefstpreisen anzueignen. Spielt die jeweils andere Partei nicht mit, verzinkt (verpfeift) er sie bei Scotland Yard. Als der Ganove Larry Greame (Michael Chevalier) dem Zinker eine Falle stellen will, wird er mit dem Gift der schwarzen Mamba ermordet. Ein klarer Fall für Inspektor Elford (Heinz Drache), dessen Ermittlungen ihn zur Tierhandlung von Nancy Mulford (Agnes Windeck) und deren Geschäftsführer Frank Sutton (Günter Pfitzmann) führen. Da aber auch die Unterwelt mit dem Zinker abrechnen will, kommt es bald zu weiteren Morden.

Es ist wirklich ein schönes Gefühl, wenn man nun die ganzen „Klassiker“ der Reihe vor sich hat, die man als Kind vor dem heimischen Fernseher aufgesogen hat, das sorgt immer wieder für ein sehr nostalgisches Erlebnis. Im Fall von DER ZINKER (1963) war aber nicht Kabel Eins für das erste Aufeinandertreffen mit dem heimtückischen Gift-Mörder und seinem „Pusteröhrchen“ verantwortlich, sondern die private VHS-Sammlung der Eltern eines Freundes. Dem erzählte ich nämlich in sehr jungen Jahren, dass ich diese Wallace-Filme so toll und spannend finde. Als er mir dann vor Augen führte, dass sich einige Titel im Wohnzimmerschrank befanden, kam ich nicht darum herum, ihn zu fragen, ob ich mir nicht mal eine Kassette ausleihen könnte. Die Wahl fiel auf den nun vorliegenden Film, den ich bis dato noch nicht kannte.

Für das Drehbuch zu DER ZINKER zeichnete sich dieses Mal gänzlich Harald G. Petersson verantwortlich. Zwar wurde eine erste Version, ein Treatment, von Stamm-Autor Egon Eis verfasst, der übrigens schon am Skript der Verfilmung von 1931 beteiligt war, dessen Ideen fanden aber keine Verwendung, zumal er auch kein Interesse daran hatte, sich selbst zu kopieren und das finale Drehbuch zu schreiben. Petersson hingegen hatte bereits bei DIE TÜR MIT DEN SIEBEN SCHLÖSSERN (1962) und dem Eingangs erwähnten DAS GASTHAUS AN DER THEMSE (1962) gute Arbeit geleistet und zudem das Skript für DER SCHATZ IM SILBERSEE (1962) geliefert, weshalb Wendlandt ihm auch die Arbeit an zukünftigen Wallace-Produktionen anvertraute. Petersson straffte den zu Grunde liegenden Roman, um die Geschichte in schlanken 90 Minuten erzählen zu können. Dabei fielen diverse Handlungsstränge unter den Tisch. Das Endergebnis war ein geradliniger, schnörkelloser Krimi, was ganz den Vorstellungen von Wendlandt entsprach aber auch Lesern der Romane sauer aufstieß, da man sich nicht sklavisch an die Vorlage hielt. Immerhin korrigierte Petersson einen Fehler, den die Macher der Erstverfilmung von 1931 machten. Der titelgebende „Zinker“ ist in der Rialto-Version wieder die Person, die er auch im Buch von Edgar Wallace ist.

Kritisch gesehen, verhindert die „Einfachheit“ und die Geradlinigkeit des Drehbuchs eine überdurchschnittlich gute Wallace-Verfilmung. Zwar ist die Geschichte ordentlich konstruiert aber auch arg vorhersehbar. Die letztliche Überführung des Zinkers ist zwar äußerst unterhaltsam, gerade durch die hervorragende Agnes Windeck, aber auch wenig überraschend. Kundige Zuschauer dürften den Täter schnell erraten, was dem Film etwas an Spannung raubt. Auch der Humor wirkt in diesem Fall oftmals sehr ungelenk, man hat das Gefühl, dass der aufgedrehte Journalist Harras im Nachhinein in das Skript geschrieben wurde, damit Eddi Arent wieder seine Späßchen machen kann. In diesem Fall wirken die Szenen, in denen Arent agiert wie Fremdkörper, sie haben auch mit der eigentlichen Story nichts zu tun, ein Zugeständnis, welches man machen muss, waren die Macher doch stets darauf bedacht, die Grusel- und Spannungsszenen durch Humor aufzulockern.

Für sich genommen funktioniert die Handlung aber sehr solide und auch DER ZINKER hat einen nicht zu leugnenden Unterhaltungswert. Das ist vor allem Alfred Vohrer zu verdanken, der erfahrene Routinier, der hier seinen vierten Film für die Reihe inszenierte, schafft es der Handlung mit seiner Schauspielführung, seinen pointierten Einstellungen und dem schon allgegenwärtigen, lockeren Pulp den nötigen Pfiff zu verleihen. Ein Element, dass in Zukunft noch weiter zum Tragen kommen wird. Handwerklich ist das Ganze wieder mehr als ordentlich, zudem hier das erste Mal im Scope-Verfahren gedreht wurde, ein weiteres Zugeständnis, das Wendlandt und Ko. machen mussten, um den gestiegenen Erwartungen an Kino-Produktionen gerecht zu werden.

Bei der Besetzung ging man wieder auf Nummer sicher. Neben einmaligen Gastdarstellern wie Günter Pfitzmann, gaben hier Barbara Rütting, Agnes Windeck oder auch Inge Langen ihren Wallace-Einstand. Besonders die, kürzlich verstorbene, Rütting punktet als selbstbewusste Figur, die sich gekonnt vom einseitigen Frauenbild der frühen Filme abhebt. Zum zweiten Mal in einem Rialto-Wallace übernahm Heinz Drache die Rolle des Ermittlers. Der trockene Humor und die schroffe Art des Schauspielers machten ihn zu einem willkommenen Kontrast zu Blacky Fuchsberger, weshalb die Beiden für kurze Zeit immer im Wechsel im Einsatz waren, bevor sie in DER HEXER (1964) erstmals gemeinsam vor der Kamera standen. Natürlich müssen eingefleischte Fans auch hier nicht auf Eddi Arent, Klaus Kinski und Siegfried Schürenberg verzichten. Letzterem wurde die Rolle des Zeitungsverlegers Fielding zu Teil, da die Figur des Sir John in dieser Geschichte nicht auftaucht.

Zum zweiten Mal drehte die Rialto-Film in Koorperation mit einer französischen Firma, in diesem Fall Les Films Jacques Willemetz. Die Dreharbeiten fanden vom 22. Januar bis zum 28. Februar 1963 statt, unter anderem in London. Aufgrund des Scope-Verfahrens wurde das bisherige Archiv-Material unbrauchbar und man musste dementsprechend on Location drehen. Weitere Außenaufnahmen wurden in West-Berlin gemacht, beim Haus von Mrs. Mulford handelt es sich um das damalige Anwesen Wendlandts. Zum ersten Mal wurden die Innenaufnahmen für einen Rialto-Wallace in den CCC-Studios in Spandau gemacht, deren Chef Arthur Brauner war, der seiner Zeit selbst Edgar-Wallace-, später Bryan-Edgar-Wallace-Filme produziert hat. Er war es auch, der mit seiner Produktion DER FLUCH DER GELBEN SCHLANGE (1963) den ursprünglichen Kinostart im März 1963 blockiert hatte, sodass DER ZINKER auf den 26. April gesetzt werden musste. Dies tat dem Erfolg keinen Abbruch, 2,9 Millionen Zuschauer stürmten in die Kinos und ließen den Film zum Erfolg werden. Auch die Musik von Peter Thomas weiß zu überzeugen, rangiert insgesamt aber eher im Mittelfeld. Außerdem ist DER ZINKER der erste Wallace-Film, in dem zu Beginn die bekannten Schüsse zu hören sind. Dies und der markante Satz „Hallo, hier spricht Edgar Wallace!“ wurden nun endgültig zum Markenzeichen der Reihe.

Die FSK vergab bei Erscheinen eine Freigabe ab 16 Jahren. Eine gekürzte Fassung wurde 1991 mit einer Freigabe ab 12 Jahren bedacht, während die originale Kinofassung auch heute noch das blaue Siegel trägt.

Fazit:
Der zwölfte Wallace-Krimi aus dem Hause Rialto-Film ist solide Genre-Kost der 1960er Jahre. Durch das einfache und sehr geradlinige Drehbuch wirkt DER ZINKER (1963) etwas schwach auf der Brust, die gekonnte Inszenierung und die spielfreudigen Darsteller holen aber das Bestmögliche heraus. Kein Meilenstein in der Historie aber durchaus gute Unterhaltung.

3,5 von 5 schwarzen Mambas!

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