Man kann mir vieles vorwerfen aber zumindest keine Inkonsequenz, denn egal wie viele belanglose und miese DTV-Heuler John Travolta auch abliefert, ich bleibe am Ball. Mit BURNING SPEED – SIEG UM JEDEN PREIS (2019) erscheint über Tiberius Film nun der neueste Beitrag eines Genres, welches man mittlerweile wohl getrost als „Travoltasploitation“ bezeichnen könnte. Ob sich das Rennfahrer-Drama zumindest etwas vom bisherigen Output des Altstars abheben kann, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Trading Paint

Drehbuch: Gary Gerani, Craig R. Welch
Regie: Karzan Kader

Darsteller: John Travolta, Shania Twain, Toby Sebastian, Kevin Dunn, Rosabell Laurenti Sellers, Michael Madsen…

Artikel von Christopher Feldmann

Eigentlich kann ich mir eine ausführliche Einleitung zum Karriereverlauf John Travoltas an dieser Stelle sparen, denn dies habe ich schon in meiner Kritik zum gigantomanischen Unfall THE FANATIC (2019) getan. Es ist trotzdem bezeichnend, dass ich mir immer noch den Schrott antue, den der einstige Tanzgott mittlerweile so absondert. Das mag zum einen daran liegen, dass ich wirklich mal ein großer Fan war und es wahrscheinlich immer noch irgendwie bin. Anders als bei anderen gefallenen Kassenmagneten wie Bruce Willis oder Nicolas Cage, empfinde ich im Falle Travoltas dabei nicht mal wirklich Wut oder Enttäuschung, sondern einfach nur tiefes Mitleid für einen Mann, der mehr schlecht als recht durch teilweise grausige Produktionen tingelt, mit denen er anscheinend seine Rechnungen bezahlen muss. BURNING SPEED – SIEG UM JEDEN PREIS (2019) dürfte wahrscheinlich genau so eine klassische Paycheck-Arbeit sein, habe ich den alten Johnny doch schon lange nicht mehr so unmotiviert durch einen Film schlurfen sehen. Auf der anderen Seite passt das aber auch irgendwie zum Rest dieses schnarchigen Rennfahrer-Dramas.

Handlung:
Einst war Sam „the Man“ Munroe (John Travolta) der Star der lokalen Talladega Short Track und fuhr zahlreiche Siege ein. Nach dem Unfalltod seiner Frau verabschiedete er sich jedoch von der Rennstrecke und überlässt seitdem seinem Sohn Cam (Toby Sebastian) den Platz im Cockpit. Doch die mangelnde Qualität des Equipments und die mangelnden finanziellen Mittel frustrieren den Junior, der beim jüngsten Rennen seinen Gesamtsieg wegen eines Motorschadens verpasste. Ausgerechnet der aktuelle Champion und Sams größter Konkurrent Bob Linsky (Michael Madsen) bietet Cam einen Platz in seinem Team und einen Job als Werkstattleiter an, den er letztendlich annimmt. Es kommt zum Zerwürfnis von Vater und Sohn und weil Sam seinen Platz auf der Strecke nicht aufgeben will, steigt er nach sechs Jahren erstmals wieder hinter das Steuer.

In den 1990er Jahren hätten die Namen John Travolta und Michael Madsen noch für ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit gesorgt, immerhin waren die beiden Mimen zumindest noch etwas wert. Travolta profitierte durch seine Rolle in PULP FICTION (1994) und erlebte einen zweiten Karrierefrühling und auch Michael Madsen war dank RESERVOIR DOGS (1992) ein gern gesehenes Gesicht. Witzigerweise sind ihre Figuren in den beiden Filmen, laut Regisseur und Autor Quentin Tarantino, Brüder, weswegen ein gemeinsamer Film wohl noch einen gewissen Extra-Buzz gehabt hätte. Dieser ist aber schon lange nicht mehr existent und nach einem Film wie BURNING SPEED kräht wahrlich kein Hahn mehr.

Potenzielle Käufer sollten sich aber schon mal darauf einstellen, dass es sich bei dem Streifen mitnichten um einen rasanten Rennstrecken-Kracher handelt wie es der zugegeben recht reißerische Titel der deutschen Veröffentlichung suggeriert. Bei BURNING SPEED, im Original TRADING PAINT, handelt es sich mehr um ein Vater-Sohn-Drama als um einen Actionfilm. Das ist auch völlig in Ordnung, wäre das Ganze nicht stinklangweilig. Trotz einer knappen Laufzeit von rund 86 Minuten fühlt sich das klischeebeladene Low-Budget-Filmchen erstaunlich zäh an und bietet menschliche Konflikte auf dem Niveau einer Vorabend-Seifenoper, in der sich der gealterte, von der Vergangenheit geplagte, Sportler von seinem Zögling entfremdet und ihn letztendlich an die „Bösen“ verliert. Kennen wir doch irgendwoher oder? Ja richtig, das in etwa Gleiche haben wir auch schon in ROCKY 5 (1990) gesehen und es war auch schon damals großer Mist. BURNING SPEED knüpft zumindest passend an dieses Vorbild an und agiert auf einer ähnlich dämlichen Ebene. Dümmliche Dialoge, aufgesetztes Macho-Gehabe und ein veralteter Familienkodex um Ehre und Loyalität bestimmen hier die Marschrichtung. Es ist in großen Teilen das vorhersehbare und plumpe Drehbuch, welches dem müden Treiben den Todesstoß versetzt. Ohne Gespür für wirkliche, authentische Gefühle und eine funktionierende Figurendynamik, spulen die lausigen Seiten den Plot eines wöchentlichen Handlungsstrangs von GUTE ZEITEN SCHLECHTE ZEITEN (seit 1992) ab.

Dazu kommt noch die Tatsache, dass alle Beteiligten nicht wirklich durch gutes Schauspiel glänzen. Travolta selbst agiert auf Autopilot und rockt seinen Part als verbitterter Rennfahrer mit einem Gesichtsausdruck und einem wieder mal eher mäßig aussehenden Toupet herunter, welches er vermutlich vom Set von THE POISON ROSE (2019) hat mitgehen lassen. Auch sein Filmsohn Toby Sebastian guckt den ganzen Film über wie drei Tage Regenwetter und ist so vergessenswert, dass man zwischendurch wirklich vergisst, dass es ihn überhaupt gibt. Ähnlich sieht es für C-Movie-Rumtreiber Michael Madsen aus, der, solange Tarantino ihn nicht von der Straße aufsammelt, in so ziemlich jedem Rotz auftritt, der etwas Geld abwirft, um die Rechnungen in der Kneipe zu bezahlen. Madsen funktioniert dabei nicht mal wirklich als Bösewicht, sondern ist im Film eigentlich nur Arsch aber auch kein allzu großes. Madsen leiert müde seine Zeilen herunter und wirkt mittlerweile so steif und bocklos, dass man ernsthaft an seinem Beruf zweifeln könnte. Ganz schnuckelig aber nicht unbedingt talentiert, ist Countrypop-Star Shania Twain in ihrer ersten Filmrolle. Zwar ist die Sängerin ein optischer Gewinn, die Schauspielerei ist aber mehr als holprig, was die grausame deutsche Synchronstimme noch verstärkt. Auch ihre Rolle als Travoltas Love-Interest hat auch so gut wie gar keine Relevanz und wirkt wie nachträglich ins Skript geklatscht.

Inszenatorisch sollte man von BURNING SPEED auch nicht viel erwarten. Das Cover der DVD wirbt neben der Star-Power (Witz des Tages!) zwar mit einer tollen Optik, nur habe ich von dieser im Film selbst nichts gesehen. Die Rennstrecken-Chose besticht mehr durch einen freudlosen Digitallook und spärliche Sets. Das Budget war hier augenscheinlich relativ schmal, weswegen die meisten Szenen auch in Werkstätten oder im Grünen spielen. Auch die Rennszenen lassen Dynamik oder gar Tempo vermissen. Was im Film als Ereignis und Lebensaufgabe der Protagonisten dargestellt wird, ist eigentlich nicht mehr als lockeres im Kreis fahren auf einer matschigen Piste, bei der die Zuschauer aus der Dorfbevölkerung ihre eigenen Plastikstühle mitbringen. Die Größe der gezeigten Rennen ist in etwa so beeindruckend wie der jährliche Rasenmäher-Wettstreit auf der Kirmes im Nachbarort und selbst der bietet mehr Spaß und Attraktion als das müde Ackerpflügen, was Travolta und Konsorten hier betreiben, zumal es auch unübersichtlich gefilmt ist und mit einem Close-Up im Cockpit und einer Totalen von der Seite auskommen muss. Mehr inszenatorische Finesse ist hier nicht zu holen.

Die Blu-Ray aus dem Hause Tiberius Film bietet solide Bild- und Tonqualität, auch wenn der Sound so gar keinen Druck vermittelt. Wirklich unterdurchschnittlich ist die deutsche Synchronisation, bei der Ronald Nitschke auf John Travolta (eine Besetzung, mit der ich mich ohnehin schwer tue) noch das positivste ist. Als Bonus gibt es lediglich den Trailer.

Fazit:
BURNING SPEED – SIEG UM JEDEN PREIS (2019) ist der neueste Eintrag in die „Travolta-Bad-Movie-Collection“. Ein schnarchiges Vater-Sohn-Drama vor schmaler Kulisse mit schwachen Schauspielleistungen und fader Inszenierung. Könnte man schon fast als die Wish-Version von LE MANS 66 (2019) bezeichnen.

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