Wenn Tiberius Film Marcel Walz als „Meister des Horror“ ankündigt, dann pustet Stephen King vor Schreck sein Koks ins Whiskey Glas. Okay, aber ich soll ja weniger überspitzt und so, das mag ja nicht Jeder. Aber wie soll ich ohne „lockere Schreibe“ bloß dieses halbgare „Blair Witch“ Ripoff überstehen, das zwar handwerklich ordentlich inszeniert ist, sonst aber nicht viel im Gepäck hat? Dann wollen wir mal spazieren gehen. Frische Luft soll ja beruhigend wirken…
Originaltitel: Rootwood
Regie: Marcel Walz
Darsteller: Tyler Gallant, Elissa Dowling, Sarah French, Felissa Rose
Artikel von Victor Grytzka
Da kriegt man ja schon Angst. Herr Walz ist ja unlängst nach Hollywood ausgewandert. Und genau da spielt nun sein aktuelles Werk „Rootwood“. Als Podcaster bekomme ich da ein wenig Angst. Vielleicht hätten auch wir, die Medienhuren, es sein können. Vielleicht hätte Felissa Rose uns eingeladen durch die Hollywood Hills zu stolpern. Gruselig… Gruseliger als der Film, wollte ich damit sagen.
Zunächst klingt die ganze Sache ja verlockend. Die Podcaster William (Tyler Gallant) und Jessica (Elissa Dowling) sollen gemeinsam mit der Regisseurin Laura Benott (Felissa Rose) einem Fluch auf den Grund gehen, der dieser Tage der „heiße Scheiß“ in Hollywood ist. Jeder reißt sich darum, das Thema zu einem spannenden Film zu verwursten. Doch Laura nicht. Sie möchte eine Dokumentation daraus machen und dem Geheimnis um den „hölzernen Teufel“ auf den Grund gehen. Steckt dieses sagenumwobene Wesen hinter dem Verschwinden etlicher Leute? Gott sei Dank hatten sie Kameras dabei… sonst könnten wir nun nicht Zeuge werden, was in diesem Wald vor sich geht…
UND DAS WÄRE VIELLEICHT DIE BESSERE OPTION GEWESEN! Der Herr Walz ist ja wirklich ne liebe Jung. Der ist halt sehr sympathisch und ich wünsche ihm dass er in den US of A mal einen richtigen Knaller hinlegt. „Rootwood“ allerdings ist nichts davon. Dabei mag ich ein paar seiner Werke. „Schlaraffenhaus“, „Raw“, ja sogar „Seed 2“ vermögen mich noch zu unterhalten. „Rootwood“ hat sich allerdings zu sehr bei den großen Vorbildern bedient. Allen voran Genreprimus „The Blair Witch Project“. Studenten gehen mit Kameras in einen Wald um das mysteriöse Verschwinden von Menschen zu klären. Hmmm… kommt ein wenig bekannt vor, nicht wahr?
Der Aufbau der Story läuft nach Schema F. Zu den beiden Podcastern kommt noch eine Fotografin (Bloggerin) dazu. Und diese Dame, Erin (Sarah French) hat es irgendwie noch auf William abgesehen. Damit hätten wir auch schon die Spannungen innerhalb der Gruppe erzeugt, und es musste noch nicht mal ein dramaturgischer Kniff dafür herhalten. Sie ist dann auch noch so ein bisschen hochnäsig dabei. Prima, Klischees erfüllt und ab geht die Expedition. Auch hier gibt es keine Überraschung. Die Stimmung wirkt zunächst wie bei einem gemütlichen Campingausflug, wandelt sich aber dann zu einem Horrortrip. Wer hätte das gedacht?
Und sogleich stolpern wir über ein großes Problem von „Rootwood“. Das Pacing. Erfreut man sich zunächst an der wirklich ordentlichen Kamera-Arbeit – immerhin hat Walz darauf verzichtet ausschließlich Handkamera-Gewackel einzusetzen, und stattdessen auf einen gelungenen Mix aus Spielfilm-Optik und Found Footage gesetzt – so wird diese Freude schnell wieder gebremst. Und zwar vom Film selbst. Die schönen Locations können auch nicht darüber hinwegtäuschen dass man die erste Hälfte der sowieso recht überschaubaren Laufzeit mit „Nichts“ vertrödelt. Es passiert mal gar nix. Zumindest nichts, was in irgendeiner Form den Zuschauer bei der Stange halten würde. Und wenn was kommt, dann haben wir wieder „Blair Witch Project“. Einige seltsame „Zeichen“ im Wald, eine Gruselgeschichte über verschwundene Mädchen. Ach, Schade.
Wisst ihr, was dann wirklich ärgerlich ist? Wird sind bei Minute 55 – also rund 25 Minuten vor Schluss – und dann wird das Ding interessant. Man verlässt die ausgetrampelten Genre-Pfade und wird sogar gut unterhalten. Doch bis dahin werden die meisten Zuschauer schon aufgegeben haben. Ein wenig mehr Mut, Herr Walz. Und das ab der ersten Minute und nicht erst im Finish! Da kommt sogar Gruselatmosphäre auf und das Ganze wandelt sich von einem Found-Footage 0815 zu einem… Ach, ich will nicht spoilern. Das wäre den Leuten gegenüber unfair, die den Film noch sehen wollen.
Trotz Digicam Einsatz macht der Film optisch einen guten Eindruck, das Bild ist sauber, scharf und kontrastreich. Die deutsche Synchro ist durchaus gelungen, bei Tiberius leider nicht immer die Norm. Die Tonabmischung an sich ist differenziert, Geräusche Musik – die übrigens hervorragend gewählt ist – und Stimmen sind klar zu verstehen. Der Ton liegt in Deutsch und Englisch im DTS-HD 5.1 Format vor.
Schade. Schade, Schade, Schade! Handwerklich mehr als solide, im letzten Viertel sogar im Ansatz spannend. Insgesamt aber zu mutlos und vorsichtig. Im Grunde Scheiße. Allerdings möchte ich betonen, dass ich dies nicht dem Können von Marcel Walz zuschreibe, sondern dem Drehbuch von Mario von Czapiewski, der zwar gut kopiert, dies aber im Überfluss getan hat. Löblich erwähnen möchte ich die beiden Hauptdarsteller, Elissa Dowling und Tyler Gallant, die eine überzeugende Leistung abliefern. Sarah French spielt solide, selbiges gilt für Felissa Rose die für alte Horrorhasen ein nettes Bon Bon ist, insgesamt aber zu kurz kommt.
Trailer: