Hashima Island ist heute einer von 22 Industriestandorten, die als Unesco Weltkulturerbe anerkannt worden sind. Auf der kleinen japanischen Insel wurde von 1887 bis 1974 mit Unterseestollen eine Kohlemine betrieben, die im 2. Weltkrieg ein wichtiger Rohstofflieferant für die japanische Armee war und in der chinesische und koreanische Zwangsarbeitern eingesetzt worden sind. Kurz vor Kriegsende beschließt der Lagerkommandant den Tod der 400 Gefangenen, die allerdings den Braten riechen und einen verzweifelten Aufstand gegen die Japaner wagen. Regisseur Ryoo Seung-wan (Veteran, 2015) mischte reale Ereignisse mit fiktiven und machte daraus einen großen Blockbuster, der nicht ganz frei von dramaturgischen Mätzchen ist und sich am Ende zu einer Eskapade steigert, die ein Zitat an Sergio Leone darstellt. KOCH FILMS brachte nun den Directors Cut des Geschichts-Spektakels auf den heimischen Markt heraus.

Originaltitel: Gunhamdo

Regie: Ryoo Seung-wan

Darsteller: Hwang Jeong-min, So Ji-seob, Song Joong-ki, Lee Jung-hyun, Kim Soo-an

Artikel von Kai Kinnert

1945: Während der Besetzung Koreas werden 400 Koreaner von den Japanern zur Zwangsarbeit auf die Insel Hashima gebracht. Da diese von Weitem wie ein Kriegsschiff aussieht, wird sie nur Battleship Island genannt. Unter unmenschlichen Bedingungen riskieren die Gefangenen in den Schächten einer Kohlemine täglich ihr Leben. Darunter sind u. a. der junge Vater Lee Kang-ok, der Unruhestifter Choi Chil-sung und Park Moo-young, ein Mitglied des koreanischen Widerstands. Zusammen mit den anderen Insassen planen sie ihre Flucht von der Hölleninsel.

Doch, man kann dem Film ruhig eine 18er Freigabe geben. An Gewalt hat man schon blutigeres gesehen, aber hier ist die Sache nicht ganz ohne. Das Finale ist hartes Action-Kino, versiert serviert, doch dazu später mehr. Der Film ist irritierend, denn man spürt dem Streifen sein hartes Thema an, eine Unmenschlichkeit, ein Kriegsverbrechen, einen Irrsinn, der eine ernsthaftere Aufarbeitung verdient hätte. Zu den Mätzchen dieses Streifens gehört, dass er sich unnötigen Längen und Albernheiten unter Tage leistet und so manche Figur dann doch dem Reißbrett entsprungen ist. Das sentimentale Ende, die launige Fröhlichkeit unter Tage und der Hang zum leichten Overacting schmälern das durchaus ernste Anliegen des Films, der nur schwankend seinen Spagat zwischen History und Entertainment hinbekommt. Weniger wäre hier mehr gewesen, aber wenn man die Längen ausblendet, dann bleibt ein erstaunlich aufwändiger Film zurück, der sich am Ende als filmisch Epik versteht und nicht als historische Aufarbeitung.

Der Streifen wurde komplett auf einem Studiogelände gedreht und das Set sieht zu jederzeit großartig aus. Ryoo Seung-wan leistet sich stets ein volles Bild, alles ist bis in die Tiefe hinein besetzt, bewegt und ausgestattet, die Kulissen sind klasse. Ob auf der Insel oder in der Mine, das begrenzte Setting ist stets echtes Kinobild, da hat man sich schon Mühe gegeben. Schauspielerisch überzeugt der Film in seinen Hauptfiguren, gerade der Widerstandskämpfer Park Moo-young leistet hier ganze Arbeit, aber auch der Musiker und seine Tochter sind gut gespielt, die verschiedenen Erzählstränge der Story wurden markant besetzt. Die kleine Tochter hat in dem Lager wenig zu Lachen, denn der perverse Lagerkommandant scheint in seinem Irrsinn auch noch ein Pädophiler zu sein – das Drehbuch lässt kein gutes Haar an den Japanern.

Die Action brodelt nur langsam und vereinzelnd auf und schlägt im Finale mit einer brachialen Sequenz zu, die es technisch in sich hat. Der verzweifelte Kampf der Zwangsarbeiter ist knackige Korea-Action, aufwändig und breit angelegt, detailliert und hart umgesetzt. Es wird geschossen, verbrannt, geschlagen und aufgeschlitzt, das man als Zuschauer tatsächlich etwas in den Sitz gedrückt wird. Ryoo Seung-wan inszenierte sein Finale in epischer Größe und muss dabei an Sergio Leone gedacht haben, anders lässt sich der filmische Einfall, der überraschend ab Minute 127:32 einsetzt, nicht erklären.

Als der Aufstand endlich losgeht, untermalt plötzlich Ennio Morricones The Ecstasy Of Gold aus Zwei glorreiche Halunken den Film und man fragt sich als Zuschauer, ob das nun gut oder schlecht ist. Es ist beides zugleich. Die Idee ist gut, weil die Musik von Ennio Morricone unschlagbar ist und selber fast schon ein Weltkulturerbe darstellt. Die Idee ist beschissen, weil die Musik mit völlig anderen Emotionen und Bildern verbunden ist, die der Film einfach nicht liefert. Technisch ist die Sequenz toll und packend, doch entsteht so zugleich auch eine Abgrenzung zum Rest des Films, der ansonsten eigenständig bleibt. Quentin Tarantino bedient sich zwar auch musikalisch stets aus anderen Quellen, macht dies aber den ganzen Film über und nicht nur an einer einzigen Stelle. Als filmische Referenz an die Bildgestaltung großer Leone-Momente mag der Einsatz des Musikstücks funktionieren, doch der Film ist keine Referenz an andere Filme, er möchte an das Elend der Gefangenen erinnern und irritiert so den Zuschauer. Es wirkt ein bisschen so, als hätte da ein Filmemacher nicht an sich halten können und wollte endlich mal eines seiner großen Vorbilder in einer Szene unterbringen.

Die Szene ist gut, die Nummer an sich ist heftig, unbestritten, aber das musikalische Zitat ist unplausibel – und ein gekonnter Lausbubenstreich zugleich.

Battleship Island wäre ein richtig guter Kriegsfilm, hätte der Regisseur ihn gestrafft anstatt zu verlängern. Der Film findet in seiner Länge die Schwäche. Ryoo Seung-wan unterwirft die Realität einem filmischen Entertainment, das möglichst viele Zuschauer erreichen soll und zögert so unnötig den Klimax heraus. Doch der Film hat viele starke Momente, bestes Action-Kino aus Südkorea eben, die ihn sehenswert machen. Am Ende geht´s zur Sache und das Team hat die Schlacht voll im Griff, da verzeiht man dem Streifen gerne seine Übersteigerungen, die einfach nicht nötig gewesen wären. Mag dramaturgisch auch nicht alles perfekt sein, die harte Action sitzt, hier flutscht der Drops gekonnt und ist aufbrausendes Abenteuer-Action-Kino, das den 9. August 1945 als Schluss wählt, den Blitz über Nagasaki – nur 15 Kilometer von Hashima Island entfernt.

Freunde des asiatischen Actionkinos dürfen hier getrost einen Blick wagen, denn der Streifen weiß trotz des sentimentalen Endes und ein paar Längen in der Mitte an den richtigen Stellen zu überzeugen. Und Ennio Morricone gibt es oben drauf.

Das Bild der Blu-ray ist satt und sauber, der Ton ist gut, die Synchronisation ebenso. Als Extras gibt es ein Interview mit dem Regisseur, ein Cast Greeting, Character Videos, den Originaltrailer (lang/kurz) und den deutschen Trailer.

Trailer:

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