Tja nun, zur Zeit fehlt einfach der Input im Bereich des Big-Budgets. Hollywood wartet und gibt die Boxoffice-Hoffnung nicht auf und so müssen sämtliche Labels auf die Lizenz-Reserven in ihrem Lager zurückgreifen, um für Umsatz zu sorgen. So auch EUROVIDEO mit dieser kanadisch-irisch-luxemburgerischen Co-Produktion, in der vier Industrielle von einer über motivierten Umweltaktivisten-Gruppe entführt werden und das Internet darüber entscheiden soll, ob diese Leute schuldig sind – oder nicht.

Originaltitel: Justice Dot Net

Regie: Paul Cruchten

Darsteller: Martin McCann, Désirée Nosbusch, Pascale Bussiéres

Artikel von Kai Kinnert

Jake De Long (Martin McCann) ist einer der besten Programmierer der Welt. In einem verlassenen Lagerhaus in Luxemburg arbeitet er an einer geheimen Website, die demnächst live gehen soll. Doch die Polizei sitzt ihm im Nacken und steht kurz davor, sein Versteck zu stürmen. Es gelingt ihm zu entkommen und nach Kanada zurückzufliegen, wo seine Kollegin Valérie (Astrid Roos) auf ihn wartet, um ihre eigentliche Lebensmission zu erfüllen: die Entführung von vier global einflussreichen Persönlichkeiten. Das Ziel ist es, sie dazu zu bringen, ihre Umweltsünden zu gestehen, während sie live über Jakes Website im Internet übertragen werden. Die Zuschauer sollen entscheiden – schuldig oder nicht.

Die Entführer sind Wohlstandskinder, Besserverdiener mit zu viel Zeit, die ob ihrer Betroffenheit die Ungerechtigkeiten in dieser Welt mit einer sinnlosen High-Tec-Aktion zu korrigieren versuchen. Anstatt sich persönlich um die lokalen Probleme vor der eigenen Haustür zu kümmern, muss es mal wieder gleich die ganze Welt sein, die man retten möchte. Die Truppe hat scheinbar genügend Geld, Zeit und Technik, um einer beknackten Cyper-Idee nachzugehen und als High-Gloss-Programmierer vier Industrielle zu entführen und in einen Raum zu sperren, der ins Internet gestreamt wird. Während oberflächlich ein paar Umweltvideos eingestreut werden, um die Schandtaten der Industriellen zu verdeutlichen, versucht die Polizei den Entführern auf die Schliche zu kommen. Als würden seltene Erden, Öl und überteuerte Wasserflaschen nicht selber die Grundlage ihres Tuns ermöglichen, denn die Entführer wären ohne Industrielle überhaupt nicht handlungsfähig. Die Entführer sind Nutznießer dessen, was sie anklagen.

Erstaunlicherweise ist das dem Film überhaupt nicht bewusst. Die Entführer verteilen an die Entführten genau die Wasserflaschen, die sie als einen der Gründe für ihr Tun benutzen. Die Industriellen pumpen das Grundwasser in irgendwelchen Regionen ab (aktuell bestes Beispiel ist Vittel von Nestlé) und verkaufen so (im Grunde) Leitungswasser mit 1000% Aufschlag zurück an die Bevölkerung. Filmisch ist das ein durchaus ein spannendes Anliegen, nur darf man dann nicht den Entführten eben genau diese Wasserflaschen zum Trinken geben. Und so geht es weiter. Ohne Öl und seltene Erden keine Computer, mit der die Entführer ihre Aktion publik machen, ebenso die Waffen, mit denen sie die Entführung durchziehen. Was also klagen die Entführer an?

Eben. Nichts. Der Plot ist das Ergebnis einer kurzen Denkleistung des Drehbuchautors, der sich wahrscheinlich auf seinem E-Bike um die Umwelt sorgte, und dabei vergaß, dass Strom eben nicht in der Steckdose entsteht und der Akku am Fahrrad realer Sondermüll ist, der gerne nach Afrika verschifft wird. Man kann nicht anklagen, was man selber konsumiert – außer, man ist behämmert.

Doch Film ist Film und so stellt sich die Frage, ob der Streifen wenigstens spannend und gut inszeniert worden ist. Nein, ist er nicht. Die Nummer ist stilistisch ein TV-Film und könnte gut alsbald um 20:15 Uhr im ZDF laufen. Der Streifen ist überraschend schnell zu Ende und verbreitet dabei das Gefühl, dass hier nichts konsequent zu Ende gedacht worden ist. Thrill, Inszenierung und Schauspiel entspringen eher dem gemäßigtem TV-Event und Désirée Nosbusch spielt ähnlich verhuscht wie bei ihrem Let´s Dance Auftritt auf RTL.

Dark Justice ist ein dröger Streifen, der die gut gemeinten Ansätze verhagelt.

Das Bild der DVD ist sauber und klar, der Ton ist gut. Als Extras gibt einen Trailer.

Trailer:

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