Serien-Regisseur Ben Hernandez Bray hatte einen Bruder, der durch „Streetgang Aktivitäten“ zu Tode kam. Um die Trauer zu bewältigen, schrieb er in Metaphern über seinen Bruder und erfand so El Chicano, eine Art Latino-Punisher, der mit Maske und Motorrad hier sein erstes Abenteuer erlebt. Bray holte sich Joe Carnahan (The Grey, 2011) als Produzent und Co-Autor mit an Bord und konnte letztendlich mit Hilfe von Frank Grillo die Finanzierung des Low-Budget-Streifens sichern. Beste Vorraussetzungen also, um einen soliden Independent-Kracher zu rocken und einen mexikanischen Superhelden zu etablieren. Da kann es nur noch an der Umsetzung scheitern. KOCH FILMS brachte den Actionverschnitt nun für den heimischen Markt heraus.

Originaltitel: El Chicano

Regie: Ben Hernandez Bray

Darsteller: Raúl Castillo, Aimee Garcia, Jose Pablo Cantillo, Marco Rodrigeuz

Artikel von Kai Kinnert

East L.A. wird von Gangs kontrolliert. Die Freunde Diego und Jose wuchsen mit den Geschichten von „El Chicano“ auf, einem maskieren Rächer, der sich dem Bösen gnadenlos entgegenstellt. Jahre später ist Jose ein berüchtigter Gangleader und Diego führt als Polizist des LAPD einen aussichtslosen Kampf gegen das Verbrechen. Als sein Partner ermordet wird, erinnert er sich an die Legenden seiner Kindheit und wird selbst zu „El Chicano“. Er beginnt einen blutigen Kampf für die Gerechtigkeit.

Himmel hilf, was war denn da passiert? Es ist ja nicht so, das es keine guten Ansätze gäbe. Die Story ist klassisches Rächer-Comic mit Anleihen an den Hong-Kong-Film und L.A. eine Stadt mit vielen ikonografischen Drehorten. Maske und Motorrad sind zwar ein alter Hut, dennoch hätte man mit dem richtigen Spirit, einer gekonnten Metaebene und gut inszenierter Action dem Streifen den nötigen Kick geben können, um El Chicano zum Geheimtipp des Rächerkinos zu machen. Doch Hätte-Hätte-Fahrradkette. Produzent Joe Carnahan, der mit Narc (2002) einen rauhen Cop-Thriller drehte und sich so zumindest im Actionelement gut auskennt, muss dem Set ferngeblieben sein, anders läßt sich dieses schleppende und verquatschte Debakel nicht erklären.

Nur weil man wenig Budget hat, muss man ja nicht ideenlos filmen. Aber genau das macht die Kamera in El Chicano. Als lasch fotografiertes Videofilmchen, fläzt sich die Kamera auf einem niedrigem TV-Niveau, als wäre man beim Amateurfilm. Wahrscheinlich mit dem Kit-Objektiv auf irgendeiner RED gedreht, schlawänzelt sich die Kamera gelangweilt in einer Standart-Lichtsetzung durch die Inszenierung, dass man schon in den ersten Filmminuten mit den Gedanken woanders ist. Wenn man schon toughes Rächerkino drehen möchte, dann sollte man sich auch um das Bild kümmern und nicht nur den Kasten mit Schnitt/Gegenschnitt draufhalten lassen. Wo sind Licht und Schatten, die Farben, die Tiefe im Bild, die Unschärfen, Vorder- und Hintergrund, wo sind die Brennweitenwechsel? Das wurde am Set alles voll verpennt, hier entsteht schon mal keine Atmosphäre. Dazu noch die Musik. Der Streifen will ein Gang-Punisher-Movie aus L.A. sein und nirgends gibt es einen fetten Beat, kein Drive, keine Spannung. Es gibt zwar eine Stelle, in der die Filmmusik durch einen Rap mehr Schmiß bekommt, doch das rettet den Dorsch dann auch nicht mehr vor der Bratpfanne. Auch hier punktet der Streifen nur lau.

Dazu noch die Inszenierung. Obwohl Ben Hernandez Bray TV-Profi ist und bei einigen aktuellen Serien Regie führte, wirkt der Film wie die Semesterprüfung einer Online-Filmhochschule, bei der jeder Regisseur werden kann. Dazu gibt es noch ein Fleiß-Sternchen für unnütze Dialoge und schlechtes Timing. Grandios ist die Szene, in der Polizist Diego und sein Kollege auf einem Parkplatz im Auto sitzen und mit einem „Richtmikrofon“ das Treffen einer Gang abhören. Nicht nur, dass ihr Mikro irgendein Sennheiser aus der MKH Reihe ist (und keinen Schalltrichter besitzt)…nein…das Schlimmste ist, dass die beiden Cops während des Abhörens permanent unnützen Kram quatschen. So kann man ja auch bestens Arbeiten. Was für Profis. Kein Wunder, dass anschließend geschossen wird. Aber auch die Geheim-Garage von El Chicano ist beinahe unfreiwillig komisch und zusammenklabaustert, inklusiven schnorkeligem Dolch, der später noch kurz Rot aufleuchten darf.

Die abgestandene Inszenierung wird nur noch durch das Versemmeln der Action getoppt. Diese verschwommenen und eilig hingeschmissenen Szenen, sind das frustrierendste Element an diesem Streifen. Die wenige Action in El Chicano ist schlecht getimt, zerschnitten und ohne Talent in Szene gesetzt worden und der Endkampf (eigentlich im typischen HK-Setting) ein ungekonnter Witz. Mögen da auch insgesamt 5 Sekunden für einen Trailer reichen…das war es dann auch. Der beste Mann am Set ist Raúl Castillo als Diego. Er passt für die Rolle gut und spielt nicht schlecht, mehr lässt sich zu El Chicano nicht sagen. Enttäuschend.

Das Bild der Blu-ray ist gut und sauber, der Ton ebenso. Als Extras gibt es einen Trailer und eine Bildergalerie.

Trailer:

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