Am 31. Januar 2020 veröffentlichte WICKED VISION (in Zusammenarbeit mit DONAU FILM) dieses Spätwerk von Tinto Brass erstmalig ungekürzt in deutscher Sprache auf Blu-ray. Die Veröffentlichung ist limitiert auf 1000 Stück. Kurz nach seiner Veröffentlichung auf Video (VPS VIDEO) wurde der elegant gefilmte und durchaus selbstironische Erotikfilm indiziert und erst am 7. November 2017 (nach rund 25 Jahren) wieder vom Index gestrichen. Nachdem man hierzulande mit zwei gekürzten DVD-Veröffentlichungen leben musste, kann man den Film nun erstmalig komplett ungekürzt in deutscher Sprache genießen – in HD-Qualität.

Originaltitel: Paprika

Regie: Tinto Brass

Darsteller: Debora Caprioglio, Stéphane Ferrara, Martine Brochard, Stéphane Bonnet

Artikel von Holger Braasch

Die temperamentvolle und gutaussehende Mimma (Deborah Caprioglio) will mit ihrem Freund ein eigenes Geschäft eröffnen, doch massive finanzielle Sorgen stehen dem noch im Wege. Da kommt Mimma die Idee, für zwei Wochen in Madame Colettes venezianischem Bordell zu arbeiten. Der bucklige Bordell-Besitzer testet seine neue Angestellte gleich selber und wird dabei im Bett richtig zum Tier. Auch Madame Collette (Martine Brochard) nimmt sich die Neue gleich zur Brust und verpasst ihr einen Einlauf mit dem umschnallbaren Riesen-Dildo. Doch der neue Job gefällt Mimma – im Gegensatz zu ihrem Freund, der sie hintergeht. Die Beziehung geht in die Brüche, aber Mimma bleibt dem Milieu treu. Die zunächst etwas schroffe Donna Olimpia (Luciana Cirenei) nimmt die neue Kollegin unter ihre Fittiche und nach und nach entwickeln sich echte Freundschaftsbande. Doch das horizontale Gewerbe ist kein Zuckerschlecken. Der koksende und Pipi-Spiele liebende Mussolini-Verehrer Principe Ascanio (John Steiner) zählt da noch zu den harmloseren Kunden. Für mich übrigens das Highlight im ganzen Film. John Steiner spielt seine Rolle herrlich skurril.

Der ruppige Rocco (Stéphane Ferrara) ist da schon ein anderes Kaliber. Er möchte mit Mimma ein eigenes Gewerbe betreiben, doch die schlagfertige Hure weiß Rocco auf Distanz zu halten. Dennoch funkt es zwischen den beiden und so lässt sich Mimma mit Rocco ein. Als überraschend Mimmas Onkel im Bordell auftaucht und ihr gesteht, dass er schon früher davon geträumt hat, mit seiner Nichte zu schlafen, wird es auch Mimma zu bunt und verweigert ihrem Onkel den Liebesdienst. Irgendwann ist eben Schluss mit lustig. Rocco bekommt das zufällig mit und schickt den alten Lustmolch nach Hause. Doch er ahnt nicht, dass auch er bald den Laufpass von Mimma bekommt. Als Mimma ungewollt schwanger wird, ist Holland in Not. Das kann sie jetzt gar nicht gebrauchen und so sucht man Hilfe bei einem zwielichtigen Arzt (gespielt von Tinto Brass). Dieser bereitet kurzerhand eine Abtreibung vor. Nachdem diese erfolgreich vonstatten gegangen ist, geht es beschwingt weiter.

Mimma hofft, eines Tages den richtigen Mann zu finden und so beginnt eine wilde Odyssee durch die Bordelle Italiens, wobei auch richtig miese Schuppen dabei sind. Ein Admiral in feinem schwarzem Anzug lässt zwischendurch etwas die Wildsau raus. Während ihm sein langer Pimmel aus der Hose hängt, fuchtelt er vor den verängstigten Damen mit einer Pistole herum. Das ist dann schon etwas peinlich und so bekommt er von den Damen eine schnelle Abfuhr. Zwischendurch wird ein älterer Herr von einem jungen Mann hart ins Popöchen gepimpert. Erlaubt ist, was gefällt. Jedenfalls ist Mimma bald als Edelhure „Paprika“ in ganz Italien bekannt. In Rom trifft sie auf einen reichen, aber alten Grafen (Renzo Rinaldi), der seine letzten Tage mit einer jungen schönen Frau verbringen will. Er heiratet Mimma und vermacht ihr seinen Nachlass. Doch Mimma, jetzt Gräfin, denkt gar nicht daran, ihren Job als Hure an den Nagel zu hängen. Außerdem sucht sie immer noch nach ihrem Traummann. Könnte es vielleicht doch der Seemann Franco (Stéphane Bonnet) sein, den sie von Zeit zu Zeit trifft? Franco liebt Mimma, findet aber wenig Gefallen an ihrem Beruf. Er möchte lieber, dass sie ihn auf seinen Seereisen begleitet. Dafür kann sich wiederum Mimma nicht erwärmen und so bleiben den beiden nur gelegentlich ein paar Stunden zu zweit. Franco gibt seine Geliebte jedoch nicht auf, auch wenn es zwischendurch danach aussieht.

Also im Grunde ein typischer Erotikfilm, wie er in den 70er-Jahren seine Blütezeit hatte. Allerdings ist Paprika im Jahre 1989 entstanden und für diese Zeit ist es schon etwas ungewöhnlich, wie unbedarft das alles inszeniert ist. Die elegante Kameraarbeit und das lebendige Spiel der Darsteller machen den Film zu einem kurzweiligen Vergnügen, wobei manches aus heutiger Sicht sicher etwas irritierend wirken dürfte. Riz Ortolani sorgt für beschwingte Klänge. In einer Szene klingt es allerdings, als würden die Chipmunks mitsingen. Das Lexikon des internationalen Films bescheinigte dem Film eine frauenfeindliche und voyeuristische Haltung. Die Selbstironie, mit der Tinto Brass das Ganze inszeniert hat, ist den Filmexperten aber wohl ziemlich entgangen. In Italien waren die Kritiker dem Film schon freundlicher gesonnen. Einen deutschen Kinostart bekam der Film am 14. November 1991. Kurz darauf kam Paprika in einer relativ wenig geschnittenen Fassung auf VHS (VPS Video) in die Videotheken. Die VHS wurde jedoch schnell indiziert und erst 2017 (nach rund 25Jahren) kam der Film vom Index. One World brachte 2000 eine leicht gekürzte DVD heraus, die vermutlich mit der VPS-Fassung identisch ist. 2019 folgte von Donau Film eine heftig gekürzte Fassung mit einer FSK 16-Freigabe. Da machte dann auch die neu gemasterte Bildqualität keinen Spaß mehr.

Die Blu-ray von Wicked Vision kommt in einem Keep Case von Scanavo, welches mehr Höhe für den Einleger bietet, als eine übliche Blu-ray-Hülle. Der Ton liegt in Deutsch und Italienisch vor. Im Bonusmaterial finden sich ein knapp 20minütiges Interview mit Tinto Brass (mit optionalen deutschen Untertiteln), eine Bildergalerie (mit 15 Bildern) und ein 24seitiges Booklet von Thorsten Hanisch. Neben dem Originaltrailer von Paprika gibt es außerdem noch Trailer von Unmoralische Engel, Felicity – Sündige Versuchung, Eden und danach und Cosi Fan Tutte. Paprika ist die erste Veröffentlichung in der „Ordinary Dreams Collection„. Als zweiter Film in dieser Reihe ist Cosi Fan Tutte – Eine unmoralische Frau (1992) erhältlich, bei dem ebenfalls Tinto Brass Regie führte.

Trailer:

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