Was einmal funktioniert, funktioniert in der Regel auch ein zweites Mal. So oder so ähnlich hat sich das auch Produzent Horst Wendlandt gedacht, als die Arbeiten zum 24. Edgar-Wallace-Film begannen. Nach wie vor genießt Alfred Vohrers farbenprächtiger Krimi DER MÖNCH MIT DER PEITSCHE (1967) einen ausgezeichneten Ruf unter Fans der langlebigen Krimi-Reihe, manche bezeichnen ihn sogar als besten Film der Farbfilm-Ära. Ob dies wirklich zutrifft, erfahrt ihr in der neuesten Ausgabe unserer Retrospektive!

„Hallo, hier spricht Edgar Wallace!“

Drehbuch: Alex Berg

Regie: Alfred Vohrer

Darsteller: Joachim Fuchsberger, Uschi Glas, Grit Böttcher, Siegfried Schürenberg, Konrad Georg, Harry Riebauer, Tilly Lauenstein, Claus Holm, Siegfried Rauch, Günter Meisner, Hans Epskamp, Ilse Pagé…

Artikel von Christopher Feldmann

Im Jahr 1965 war die Rialto-Produktion DER UNHEIMLICHE MÖNCH, der gleichzeitig den letzten Wallace-Krimi in Schwarz/Weiß darstellt, ein großer Publikumserfolg und lockte über 2,5 Millionen Besucher in die Kinos. Aufgrund des Erfolgs und der positiven Resonanz beschloss Horst Wendlandt einen weiteren Film zu produzieren, in dem ein vermummter Mönch die Peitsche schwingt. Daraufhin wurde Harald G. Petersson, der bereits Sternstunden der Reihe wie DAS GASTHAUS AN DER THEMSE (1962) geschrieben hatte, beauftragt ein Drehbuch nach Vorlage des Wallace-Romans THE FEATHERED SERPENT (1927) zu schreiben, welches Anfang 1967 vom damaligen Stamm-Autor Herbert Reinecker alias Alex Berg umgeschrieben wurde, so dass von der ursprünglichen Geschichte des Romans eigentlich nichts mehr übrig blieb. In der ersten Fassung noch als DER MANN MIT DER PEITSCHE betitelt, wurde aus dem Mann schnell ein Mönch, was dazu führte, dass der mittlerweile 24. Edgar-Wallace-Film zu einem großen Fan-Favoriten avancierte. Dies ist auch nachvollziehbar, handelt es sich bei diesem Werk um einen schwer unterhaltsamen, stilistisch interessanten Krimi, der aus den übrigen Farbfilmen, die seit 1966 produziert wurden, heraussticht.

Handlung:

Als in einer Kirche die unauffällige Internatsschülerin Pam (Ewa Strömberg) plötzlich an einem scheinbaren Herzschlag stirbt, wird Scotland Yard hellhörig. Schließlich entpuppt sich der Todesfall als raffinierter Mord durch ein ominöses Gift. Schnell werden Inspektor Higgins (Joachim Fuchsberger) und Sir John (Siegfried Schürenberg) im Internat von Harriet Foster (Tilly Lauenstein) vorstellig, um dem Ganzen auf den Grund zu gehen. Schnell stellt sich heraus, das seltsame Dinge in der auf den ersten Blick tadellosen Bildungseinrichtung vor sich gehen. Besonders der Chemielehrer Keyston (Konrad Georg) scheint nervös, hatte er doch eine Beziehung zu der Ermordeten und auch der Bruder der Internatsleiterin, Mark Denver (Harry Riebauer), scheint den nach Vergnügen dürstenden Schülerinnen zugeneigt zu sein. Als plötzlich weitere Morde geschehen und ein Augenzeuge den Ganoven Frank Keeney (Siegfried Rauch) als Täter identifiziert, wird der Fall noch komplizierter, denn Keeney sitzt nachweislich im Zuchthaus. Zudem treibt ein Mönch mit einer feuerroten Kutte sein Unwesen im Internat, der seine Opfer mit einer Peitsche niederstreckt. Nun ist Eile geboten, denn auch Millionen-Erbin Ann (Uschi Glas) scheint in höchster Gefahr zu schweben.

DER MÖNCH MIT DER PEITSCHE wird von mir seit der Kindheit heiß und innig geliebt. Als gieriger Zuschauer habe ich die Wallace-Filme regelmäßig über das Fernsehprogramm konsumiert und bereits die Vorschau auf den von Alfred Vohrer inszenierten Streifen machte mich neugierig. Ein Mönch in einer roten Kutte, der in einem Internat umgeht, dazu Joachim „Blacky“ Fuchsberger als ermittelnder Inspektor, das konnte nur ganz großes Kino sein und der titelgebende Antagonist wirkte auch angenehm spooky. Ich weiß noch als wäre es gestern gewesen, wie ich den Streifen im Spätprogramm eines sommerlichen Samstags schaute und ihn mir parallel auf VHS aufnahm, nur um ihn danach nochmals anzusehen.

Für mich war und ist DER MÖNCH MIT DER PEITSCHE immer noch einer meiner liebsten Krimis aus der Rialto-Reihe, einmal aus nostalgischen Gründen und einmal aufgrund des nicht zu leugnenden Unterhaltungswerts. Die Geschichte, die sich aus dem heimtückischen Mord an der Schülerin Pam heraus entwickelt, passt wunderbar in den Kontext der Serie, von unbedarften Internatsschülerinnen über ausgeklügelte Morde bis hin zur klassischen Erbschleicherei ist hier alles vertreten, was einen klassischen Wallace-Film ausmacht. Reinecker, der seit DER HEXER (1964) zum Stammpersonal in Sachen Edgar Wallace gehörte, hatte in Sachen Krimi immer ein gutes Gespür für temporeiche, verzwickte Kriminalgeschichten, was man auch an späteren Arbeiten wie DERRICK (1974-1998) sehen konnte. Er und Regisseur Alfred Vohrer waren ein gutes Team, wenn es darum ging klassische Storylines in ein modernes, der Zeit angemessenes Korsett zu verpacken. Letztendlich war es aber auch der Regisseur selbst, der dem Drehbuch den letzten Schliff gab, den Mord an Pam von einem Park in eine Kirche verlegte und die Figur des Polizeipsychologen aus der Geschichte strich, um diese mit dem trotteligen Sir John zu verschmelzen. Im Grunde handelt es sich wieder um einen klassischen Whodunit wie es die Fans mochten, auch wenn man immer wieder das Gefühl hat, dem Filme fehle noch der ein oder andere actionreiche oder gar ikonische Moment, der ihn aus den übrigen Farbfilmen, die ab 1966 produziert wurden, klar und deutlich herausstechen lassen.

DER MÖNCH MIT DER PEITSCHE kommt trotz seiner Suspense-Elemente und den mehr gewollten als wirklich gekonnten Gruselmomenten deutlich humorvoller daher, als vergangene Beiträge zur Reihe. Das liegt in erster Linie an der Tatsache, dass man hier endgültig die Figur des Sir John zu einer Art Protagonist beförderte. War der strenge aber gleichzeitig auch einfältig trottelige Chef von Scotland Yard in den vergangenen Filme immer weiter in den Vordergrund gerückt, ist er hier aktiv an den Ermittlungen beteiligt, was dem Ganzen einen durchaus flapsigen, stellenweise stark komödiantischen Aspekt verleiht. So versucht sich Sir John hier an der Psychologie und sorgt mit seinen teils unkonventionellen, stark amateurhaften Analysen für den ein oder anderen Gag. Das geht zwar auf Kosten der Spannung, passt aber weit besser zum damaligen Zeitgeist als man auf den ersten Blick denken würde.

Besonders hervorzuheben, ist die Regie-Arbeit von Alfred Vohrer. Der Haus- und Hofregisseur der Edgar-Wallace-Reihe inszenierte hier seinen zehnten Beitrag zur beliebten Krimi-Serie. Vohrers gewohnt pointierte Gestaltungsweise kommt hier besonders gut zur Geltung, vor allem, da die Farbe, die für viele alteingesessene Wallace-Fans der Todesstoß war und die Atmosphäre zu Nichte machte, hier bewusst als Stilmittel eingesetzt wird. DER MÖNCH MIT DER PEITSCHE ist nicht einfach nur farbig, sondern schlichtweg bunt und grell, so dass die Szenen sich schon sehr nach einem Comic anfühlen. Besonders die Szene, in der Grit Böttcher in einem gelben Mantel im Wald steht und vom Mönch, der eine knallig rote Kutte trägt, bedroht wird, während blau angeleuchteter Nebel über den Boden wabert, ist ein schlichtweg großartiges Farbenspiel. dass bei kaum einem der späteren Filme so sehr zum tragen kommt. Auch darüber hinaus serviert Vohrer wieder den ein oder anderen Taschenspielertrick. Ein Kamin, der sich als Geheimgang entpuppt, ein unter dem Sitz angebrachtes Maschinengewehr oder das farbenfrohe und von Tieren bevölkerte Versteck des Bösewichts sind da nur die einprägsamsten, extravagantesten Einfälle.

Für den Film trommelte Wendlandt wieder einmal eine absolut namenhafte Besetzung zusammen, angeführt von Joachim Fuchsberger, der erstmals seit DER HEXER (1964) wieder in einem Wallace-Film zu sehen war. Ursprünglich sollte Harald Leipnitz den Ermittler spielen, wurde aber ersetzt, als Fuchsberger zur Verfügung stand. In der weiblichen Hauptrolle war erstmals in Sachen Wallace Uschi Glas zu sehen, die kurz zuvor in WINNETOU UND DAS HALBBLUT APANATSCHI (1966) zu sehen war und exklusiv bei Rialto-Film unter Vertrag stand. Bereits in DER UNHEIMLICHE MÖNCH (1965) absolvierte sie eine kleine Nebenrolle, als Vertretung für die erkrankte Grit Böttcher, die wiederum hier eine Nebenrolle inne hat; so schnell geht’s! Aber auch der restliche Cast wartet mit großen Namen auf, wie zum Beispiel Konrad Georg als zwielichtiger Chemielehrer, der zwei Jahre später in einer ähnlichen Rolle in Vohrers SIEBEN TAGE FRIST (1969) brillieren sollte. Zum zweiten Mal sind Harry Riebauer und Rudolf Schündler zu sehen, während Wallace-Veteran Jan Hendriks in einer eher unbedeutenden Nebenrolle verheizt wird. Die besten Performances legen allerdings Claus Holm als Gärtner Powers und Günter Meisner als Handlanger Greaves auf’s Parkett. Tilly Lauenstein bleibt hingegen als Internatsleiterin letztendlich etwas farblos. Über allen thront allerdings Siegfried Schürenberg in seiner Paraderolle als Sir John, eine Figure, die über die Jahre dermaßen an Beliebtheit gewonnen hatte, dass seine Parts immer größer wurden. Zum zweiten Mal spielt Ilse Pagé übrigens die Sekretärin Miss Finley, quasi die deutsche Miss Moneypenny.

Die Dreharbeiten begannen direkt nach Abschluss der Produktion von DIE BLAUE HAND (1967) und dauerten vom 26. April bis zum 09. Juni 1967. Drehort war ausschließlich West-Berlin, so dienten die Berliner Pfaueninsel, die Justizvollzugsanstalt Moabit oder das Stadtbad Wedding als Locations. Die Innenaufnahmen fanden in den CCC-Studios statt, lediglich für die Szenen, die sich in der verfallenen Villa abspielen, drehte man im Aquarium Berlin. Auf London-Aufnahmen verzichtete man dieses Mal. Zum fünften und letzten Mal komponierte Martin Böttcher die Filmmusik, die nicht ganz so schmissig daher kommt wie beim Vorgänger DIE BLAUE HAND aber immer noch ins Ohr geht.

Die FSK vergab eine Freigabe ab 16 Jahren, welche 1991 auf 12 heruntergestuft wurde. Die Premiere fand am 11. August im Mathäser-Filmpalast im München statt. Auch wenn die Kritiken eher mittelmäßig waren und der Erfolg hinter dem des ähnlichen Films DER UNHEIMLICHE MÖNCH (1965) lag, war das Ergebnis mit rund 1,8 Millionen Zuschauern mehr als zufriedenstellend. Heute gehört DER MÖNCH MIT DER PEITSCHE zu den bekanntesten Wallace-Filmen und das rote Kostüm hat einen mittlerweile ikonischen Status inne. So ikonisch, dass es auch in der Parodie DER WIXXER (2004) verwendet wurde.

Fazit:

Mit DER MÖNCH MIT DER PEITSCHE (1967) schufen die Macher einen der ikonischsten Antagonisten der gesamten Serie und auch allgemein wird Alfred Vohrers farbenfroher Krimi zum besten Farbfilm erklärt. Tatsächlich kommt das ungefähr hin, denn auch wenn es danach noch gute Beiträge gab, ist der zweite Mönchfilm schlicht temporeich und unterhaltsam. Zwar fehlt es etwas an der knisternden Spannung der früheren Filme aber insgesamt gehört der Streifen zu den großen Highlights der späten Phase, die man sowieso eher gesondert betrachten sollte.

3,5 von 5 knallenden Peitschen

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