Aufgrund der immer noch um sich greifenden Pandemie können die Verwandtenbesuche dieses Jahr an Ostern nur sehr eingeschränkt stattfinden. Damit wir trotzdem nicht auf Zombies verzichten müssen, veröffentlichte CAPELIGHT PICTURES nun einen brandneuen Horrorschocker mit Teen Wolf-Star Tyler Posey in der Hauptrolle. Da sich Donald Sutherland ebenfalls zum Cast gesellt hat, war mein Interesse geweckt. Wird mich diese filmische Pandemie vom Hocker hauen? Und werden dort wenigstens die Schwurbler als erstes gefressen? Ich bin der Sache auf den Grund gegangen und schilder Euch hier das Ergebnis…
Originaltitel: Alone
Regie: Johnny Martin
Darsteller: Tyler Posey, Summer Spiro, Robert Ri´chard, Donald Sutherland
Artikel von Christian Jürs
Aidan (Tyler Posey) ist am Ende. Seit gut eineinhalb Monaten lebt er nun schon verbarrikadiert und abgeschlossen von der Außenwelt in seinem Apartment. Ein Virus ist ausgebrochen, welches die Menschen da draußen verwandelt hat. Wie Frauen beim Sommerschlussverkauf rennen die aggressiv- und wenig rational denkenden Bestien umher, um weitere Beute zu machen. Aidan wäre ein potenzielles Opfer, denn die Infizierten ernähren sich ausschließlich von noch lebendem, nicht infiziertem Fleisch, also von Menschen wie ihm.
Mit einem Kühlschrank vor der Apartmenttür als Schutz war das Leben in Einsamkeit für den jungen Mann zu Beginn der Invasion noch erträglich. Essen und Trinken waren in Hülle und Fülle vorhanden, Fernsehen und Internet lieferten Informationen, quasi so wie derzeit bei uns im Lockdown (mit der Ausnahme, dass die Coronainfizierten uns nicht fressen wollen). Als irgendwann die Meldung über den Äther kommt, dass bald die Wasserversorgung eingestellt wird, kurz darauf auch noch der Strom ausbleibt und die Nahrung zunehmend knapp wird, beginnt es eng zu werden für Aidan. Den Angriff einer durch den Luftschacht in sein Badezimmer gelangten Infizierten kann er zwar abwenden, beim erstmaligen Verlassen der Wohnung, um beim Nachbarn nach Essen und anderen, nützlichen Dingen zu suchen, wird es allerdings schon brenzlig. Irgendwann nagt zudem noch die Einsamkeit auch an einem tätowierten Hardbody wie Aidan, was zu schweren Depressionen führt, die ihn in einem schwachen Moment dazu bringen, seinem Leben mit einem Strick um den Hals ein Ende bereiten zu wollen (eine Szene, die übrigens auch als Eröffnung von Stay Alive – Überleben um jeden Preis als Klammer verwendet wird). Just in diesem Moment ändert sich Aidans Einstellung zum Leben schlagartig, als er, noch mit dem Strick um den Hals, im gegenüberliegenden Gebäude eine junge Frau am Fenster erblickt. Sofort ist sein Lebenswille wieder erweckt und er versucht verzweifelt, Kontakt mit der, augenscheinlich gesunden, Dame aufzunehmen. Es stellt sich heraus, dass ihr Name Eva (Summer Spiro) lautet und dass ihr Wasservorrat so langsam zuneige geht. Aidan sieht sich berufen, Eva zu helfen, doch das ist schwerer als gedacht…
Danny Boyle war damals erbost, als man seine Infizierten aus 28 Days later als Zombies betitelte. Diese Regel dürfte auch für Stay Alive – Überleben um jeden Preis gelten, denn auch hier sind die Aggro-Kannibalen nicht verstorben, sondern lediglich tollwütig, wild auf Menschenfleisch und immer noch zu rudimentären Gedanken fähig. So betteln sogar einige der Blutsauger, man möge sie töten, um sie von ihren Qualen zu erlösen. Die Regel, dass man sich beim kleinsten Biss selbst infiziert, gilt allerdings auch hier. Hat man schon dutzendmal gesehen, funktioniert aber immer wieder. Wem die Handlung von Stay Alive – Überleben um jeden Preis übrigens, neben der bekannten Ausgangsposition, verdächtig bekannt vorkommt, der hat mit Sicherheit den zeitgleich entstandenen Netflix-Film #Alive aus Südkorea gesehen. Die Parallelen sind nicht zufälliger Natur, basieren doch beide Filme auf dem gleichen Drehbuch von Matt Naylor. Leider muss ich vermelden, dass der Film aus Südkorea dabei deutlich die Nase vorn hat. Die amerikanische Version kann nur einen Punkt für sich auf der Habenseite verbuchen: Den immer wieder brillianten Donald Sutherland.
Dieser taucht allerdings erst in Minute 66 auf und ist nach wenigen Szenen auch schon wieder verschwunden. Edward, wie seine Figur heißt, ist noch die Interessanteste aus dem schmalen Cast. Sein Schicksal ist zwar vorhersehbar aber immerhin glaubwürdig und er verleiht dem Film eine gewisse Tiefe. Für Aidan und Eva gilt dies leider nicht. Während sich in der südkoreanischen Version ein eher normaler Typ durch die schweren Zeiten kämpfen muss, ist Teen Wolf-Star Tyler Posey ein durchtrainierter, stark tätowierter Kerl, der wirklich keine Gelegenheit auslässt, seinen Körper zu präsentieren. So baute man zum Beispiel einen Moment ein, in dem Tyler befürchtet, am Bauch gebissen worden zu sein. Um sich vom Gegenteil zu überzeugen, muss natürlich sein Shirt flugs weichen. Auch bezüglich der spät erscheinenden, weiblichen Figur Eva haben die Koreaner die Nase vorn. Deren Figur kämpft aktiv mit gegen die Zom…Infizierten an, während Püppchen Summer Spiro lediglich gut aussehen darf. Im Ernst, sie ist auch nach knapp 50 Tagen Lockdown noch immer bestens gestylt und auch das Make Up sitzt perfekt in der Apokalypse. Die Warnung, dass die Wasserversorgung demnächst endet, schien sie ebenfalls wenig interessiert zu haben. Trotzdem gibt es auch in dieser Version gute Ideen, wie die Dawn of the Dead inspirierte Kommunikation über Schrifttafeln oder die atmosphärischen VLog Sequenzen, in denen Aidan der Nachwelt eine Botschaft hinterlässt. All diese Momente sind gelungen, nur leider viel zu schnell wieder vom Tisch. Schade. Ach ja, das Ende kommt, wenn der Titel nicht mehr passt. Auch nicht sonderlich originell.
Apropos Titel: Da hierzulande kürzlich ein Film namens Alone – Du kannst nicht entkommen von Koch Films veröffentlicht wurde, sah sich Capelight Pictures gezwungen, den Originaltitel zu tauschen. Es gibt wohl noch Bee Gees Fans im Hause Capelight Pictures. Lol. Einen Horrorfilm mit dem Titel Stay Alive gibt es allerdings auch schon seit 2006 mit Malcolm mittendrin Star Frankie Muniz, aber den kann man als verjährt betrachten.
Auch wenn der Film schwächer ist als sein Bruder aus dem fernen Osten, Capelight Pictures hat wieder saubere Arbeit abgeliefert. Bild (2,39:1) und Ton (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 5.1) überzeugen. Deutsche Untertitel sind optional anwählbar. Die Synchronisation ist super (Jürgen Kluckert auf Donald Sutherland). Als Bonus gibt es Trailer und ein Wendecover ohne FSK-Flatschen.
Stay Alive – Überleben um jeden Preis ist kein langweiliger Film, immerhin springt er sofort ins Geschehen. Trotzdem bleibt das Werk weit hinter seinen Möglichkeiten und immer dann, wenn es interessant wird, wirft der Streifen diese Ideen fix wieder über Bord. Tyler Posey Fans sollten aber einen Blick riskieren, können sie sich an ihrem Liebling doch ausgiebig sattsehen. Allen anderen empfehle ich die koreanische Version.
Trailer: