Das sexuelle Erwachen und die Höhen und Tiefen der Pubertät sind nicht nur für Eltern gefürchtete Lebensabschnitte, sondern auch Teil einer Phase durch die jeder Jugendliche einmal gehen muss. Mit knapp acht Jahren Verspätung erschien kürzlich über Busch Media Group ein französisches Coming-of-Age-Drama, das sich schonungslos der Selbstfindung im Teenager-Alter widmet. Welche Qualitäten PUPPYLOVE – ERSTE VERSUCHUNG (2013) darüber hinaus noch zu bieten hat, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Puppylove

Drehbuch: Delphine Lehericey, Martin Coiffier

Regie: Delphine Lehericey

Darsteller: Soléne Rigot, Audrey Bastien, Vincent Perez, Vadim Goldberg, Theo Gladsteen…

Artikel von Christopher Feldmann

Jeder dürfte sich noch irgendwie an seine oder ihre eigene Pubertät erinnern. Die Zeit, in der man plötzlich erwachsen sein will, obwohl man es noch gar nicht ist und in der man Neues entdecken will, seinen Platz und seine Identität sucht. Es ist aber auch die Zeit der sexuellen Selbstfindung. Für Jungs sind Mädchen nicht mehr nur ätzend, sondern begehrenswert, umgekehrt genauso, auch wenn sich das weibliche Geschlecht mit ganz anderen, neuen Dingen auseinandersetzen muss, weibliche Leser werden wissen, was gemeint ist. Die Filmgeschichte ist indes ebenso voll mit Abbildungen dieses spannenden Lebensabschnitts, auch wenn die meisten davon das Thema eher mit Humor behandeln, gerade wenn sie amerikanischen Ursprungs sind. Wer es aber etwas gehaltvoller und seriöser mag, der geht halt im europäischen Kino auf die Suche nach dem passenden Stoff und dürfte dabei in Frankreich fündig werden. Die Franzosen stehen schon seit jeher für anspruchsvolles, künstlerisches Kino und auch PUPPYLOVE – ERSTE VERSUCHUNG (2013) ist da keine Ausnahme, setzt sich das Coming-of-Age-Drama doch wesentlich ernster und auch zeigefreudiger mit dem Thema auseinander, was aber nicht zwingend bedeuten muss, dass es sich hierbei um einen guten Film handelt. Denn auch wenn die Ansätze durchaus gut gewählt sind, fehlen am Ende einfach die nötigen emotionalen Bezugspunkte.

Handlung:

Die eher scheue und in sich gekehrte Diana (Solène Rigot) kümmert sich zwar rührend um ihren kleinen Bruder und hat auch eine enge Beziehung zu ihrem Vater Christian (Vincent Perez) – doch zu ihren Schulkameraden findet sie nicht wirklich Zugang. Eigenbrötlerisch arbeitet sie sich durch den Alltag aus Schule und Aufgaben und will am liebsten ihre Kindheit hinter sich lassen. Alleine fehlt ihr jedoch den Mut, und so kann sie auch nicht aus den bekannten Mustern ausbrechen. Erst als die charismatische und freizügige Engländerin Julia (Audrey Bastien) ins Quartier zieht und sich zwischen den Mädchen rasch eine Freundschaft entwickelt, sieht Diana die Zeit gekommen, aus ihrer wohlbehüteten Welt auszubrechen. Mitgerissen von Julia, begibt sich Diana in den Strudel aus Partys, Alkohol, Sex und anderen Abenteuern, was sie ohne Rücksicht auf mögliche Konsequenzen auslebt…

PUPPYLOVE erzählt seine Geschichte durch die Augen einer weiblichen Protagonistin. Das ist insofern löblich, da dieser Blickwinkel viel zu wenig im zeitgenössischen Kino zu sehen ist und notgeile Jungs, die endlich ihre Unschuld verlieren wollen, haben wir nun oft genug bewundern dürfen. Regisseurin und Co-Autorin Delphine Lehericey wählt einen wirklich frischen Ansatz und portraitiert Diana als eigenbrötlerisches und kopflastiges Mädchen, die um Orientierung bemüht ist und ihren Platz in der eigenen Gesellschaft noch nicht gefunden hat. Während sie eine gute Beziehung zu ihrem Vater pflegt und sich aufopferungsvoll und führsorglich um ihren kleinen Bruder kümmert, hat sie in der Schule kaum Bezugspersonen und wird somit eher isoliert dargestellt. Hier gelingen dem Film ein paar sehr gute Beobachtungen, die auch zu den großen Stärken dieses Dramas zählen.

Mit der Einführung von Julia baut der Film leider ab. Im Gegensatz du Diana bekommt ihr Charakter nur wenig Substanz und Tiefe. Sie ist lediglich die Wilde, ohne erkennbare Motivation, die Diana unter ihre Fittiche nimmt. Was dann folgt, ist die obligatorische Selbstzerstörung. Was mit kleinen Partys und fast schon spielerischen Situationen beginnt, entwickelt schnell bedenkliche Züge, die Diana irgendwann gar nicht mehr auffallen. Leider gelingt es dem Film nicht, das Ganze so emotional zu verpacken, dass man als Zuschauer eine Bindung knüpft. PUPPYLOVE reiht irgendwann nur noch lose Szenen aneinander, die darauf bedacht sind, möglichst viel nackte Haut zu zeigen. Wahrscheinlich soll das eine Form der Provokation darstellen und immer mehr die Selbstzerstörung verdeutlichen, leider hat man das Gefühl, dass der Film ansonsten nicht viel zu sagen oder zu transportieren hat.

Letztendlich sorgt Hauptdarstellerin Soléne Rigot, dafür, dass man als Zuschauer immerhin bis zum Ende des mit 84 Minuten relativ kurzen Dramas dabei bleibt. Sie spielt ihre Rolle als sexuell verwirrtes und gesellschaftlich orientierungsloses Mädchen, das die Grenzen ausloten möchte, ziemlich gut und mit einer beispiellosen Intensität. Sie ist aber auch die einzige Darstellerin der Besetzung, die wirklich einen gewissen Eindruck hinterlässt. Die männlichen Figuren, mit Ausnahme des Vaters und des „Freundes“ Antoine, sind meist notgeile, schwanzgesteuerte Arschlöcher, die ihr an die Wäsche wollen und Julia bleibt leider eher oberflächlich. Hier wäre etwas mehr Differenzierung angebracht gewesen.

Optisch ist PUPPYLOVE so, wie man sich modernes, französisches Independent-Kino eben vorstellt. Etwas blasse Farben und ein fast schon dokumentarischer Stil bestimmen dieses Werk. Lehericey hat ein gutes Auge, findet interessante Bilder und weiß, ihre Hauptdarstellerin gut in Szene zu setzen aber irgendwo ist sie dann doch falsch abgebogen, so dass ich ungefähr nach der Hälfte das Interesse etwas verloren hatte. Da hilft auch der nette Elektropop-Soundtrack der Band „Souldout“ nur bedingt, der klingt zwar schmissig, bleibt aber auch nicht im Gedächtnis, mit Ausnahme der wirklich gelungenen Cover-Version des Pet-Shop-Boys-Klassikers „It’s a Sin“.

Die Blu-ray-Ausgabe aus dem Hause Busch Media Group bietet den Film in guter Bild- und Tonqualität. Als Extras gibt es eine Trailershow und ein Wendecover.

Fazit:

Französisches Coming-of-Age-Independent-Drama mit einer guten Hauptdarstellerin und lobenswerten Ansätzen. PUPPYLOVE – ERSTE VERSUCHUNG (2013) kann das Niveau jedoch nicht halten und wird schnell belang- und ziellos. Fans entsprechender Kost können trotzdem einen Blick riskieren.

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