Nachdem das Amazon-exklusive Mediabook mittlerweile längst ausverkauft ist, brachte KOCH FILMS nun, rechtzeitig zum Kinostart des neuen Films, das Sequel erneut auf den Markt. Ich habe mir den Film, dessen letzte VHS-Sichtung schon viel zu lange zurückliegt, nochmal angesehen und verrate Euch, ob der Zahn der Zeit an der ersten Rückkehr von Clive Barkers Bienenmann genagt hat.

Originaltitel: Candyman: Farewell to the Flesh

Regie: Bill Condon

Darsteller: Kelly Rowan, William O´Leary, Tony Todd, Bill Nunn, Veronica Cartwright

Artikel von Christian Jürs

ACHTUNG – Bitte sofort vor den nächsten Spiegel treten und folgende Worte laut aussprechen:

CANDYMAN – CANDYMAN – CANDYMAN – CANDYMAN – CANDYMAN

(Anm. der Red.: Die Medienhuren übernehmen keine Haftung für eventuelle Verletzungen oder gar den Tod)

Allen Lesern, die obige Anweisung ignoriert haben, wünsche ich hiermit ein herzliches Willkommen. Allen anderen: VIEL GLÜCK! Denn wer fünfmal seinen Namen nennt, den holt der Candyman. So zumindest will es die von Clive Barker erdachte Legende um den tragischen Bösewicht. Tragisch, weil es sich um den Sohn eines ehemaligen Sklaven handelt, der sich einst in ein weißes Mädchen verliebte und diese auch schwängerte. Als sein Vater dahinter kam, hetzte er eine ruchlose Bande auf ihn, die ihm zunächst die rechte Hand mit einer rostigen Säge entfernte, um ihn anschließend, mit Honig übergossen, den Bienen zu überlassen, welche ihn schließlich zu Tode stachen. Wer nun seinen Namen fünfmal vor einem Spiegel laut ausspricht, den holt der traurige, mit einem blutigen Haken am Armstumpf versehene, Imker ins Jenseits. Somit war er sowas wie der Vorgänger des The Ring Videos, dessen Sichtung auch wenig förderlich für eine anhaltende Gesundheit war.

Warum er in der Spiegelwelt haust und warum er diejenigen ermordet, die es wagen, seinen Namen auszusprechen? Ich weiss es nicht. Mit seiner Hinrichtung hatten diese Leute ja nichts zu tun. Hinterfragen sollte man die Geschichte jedenfalls nicht. Zusammengefasst wird der Grundplot in der Eröffnungssequenz von Candyman 2 – Die Blutrache von Professor Philip Purcell (Michael Culkin), dem einzigen Rückkehrer aus Candymans Fluch, dessen Figur bereits dort nicht sonderlich sympathisch daherkam. Da er leichtsinnig sein Publikum vom Mumpitz der Legende überzeugen will, nennt er fünfmal den Namen des Boogeymans vor dem Spiegelcover seines eigenen Sachbuchs, was seine Screentime auf die Eröffnungssequenz beschränkt und dem Candyman sein erstes Opfer beschert.

Für seinen Tod wird ein junger Mann namens Ethan Tarrant (William O´Leary) verantwortlich gemacht, da dieser kurz vor dem Ableben Purcells mit ihm auf offener Straße in Streit geriet (Purcell empfahl Ethans Vater einst, fünfmal das Zauberwort vor einem Spiegel auszuprobieren, woraufhin dieser an akutem Tod litt). Dass die Straße, auf der der Disput stattfand, menschenleer war, sollte man wohlwollend ignorieren (wer hat Ethan verpetzt???). Im Fokus der Handlung steht allerdings Ethans Schwester Annie (Kelly Rowan). Die ist Kunstlehrerin an einer Schule in New Orleans. Kurz nach der Inhaftierung ihres Bruders hinterfragen die Kids ihrer Klasse die Legende des Candymans (welch Zufall). Da Annie nichts von Aberglauben hält, beweist sie ihren Schülern, dass der Candyman nur eine Legende ist, indem sie selbstverständlich (und mit dramatischer Pause zwischen den Worten) fünfmal den Namen des Bi-Ba-Butzemanns nennt.

Zunächst einmal passiert natürlich nichts, doch bereits am Abend taucht der Candyman bei ihr daheim auf. Doch er befördert nicht sie, sondern ihren Lebensabschnittspartner Paul McKeever (Timothy Carhaart) ins Jenseits. „Warum“ fragt Ihr Euch? Der hat doch gar nichts getan?!? Nun, der Bienenonkel möchte Annie nicht einfach als willkürliches Opfer aufschlitzen, er hat die Blondine als seine neue Braut auserkoren (guter Geschmack). Um sie zu überzeugen, dass im Jenseits ein Plätzchen für sie frei ist, metzelt der Candyman in Folge alles und jeden nieder, der Annie nahe steht. Klingt wenig sinnvoll? Stimmt. Annie jedenfalls sieht gar nicht ein, ihr Dasein im Jenseits Seite an Seite mit dem Dämonischen zu verbringen und sucht verzweifelt nach einem Weg, den Candyman ein-für-allemal zu stoppen…

Als Candymans Fluch damals in den deutschen Kinos anlief, stand ich kurz vor meinem 18. Geburtstag und eilte sofort ins Kino, da Horrorfilme auf der großen Leinwand in den frühen Neunzigern eine echte Seltenheit waren. Erst 1997, als Scream – Schrei bei uns anlief, war dieser Bann gebrochen und Horrorfilme waren wieder salonfähig. Der Candyman sollte allerdings eine Ausnahme bilden, da waren sich Kritiker und Publikum einig. Dabei setzte das Original weniger auf Blut und Grusel, sondern eher auf eine beklemmende, mysteriöse Atmosphäre. Hiervon kann Candyman 2 – Die Blutrache allerdings nur träumen, spult Regisseur Bill Condon doch nur uninspiriert die gleiche Handlung wie der Erstling ab. Erstaunlich, dass selbiger Regisseur später mit guten Filmen wie Kinsey – Die Wahrheit über Sex, Dreamgirls und der Disney Realverfilmung von Die Schöne und das Biest daher kam. Hier ist leider wenig von seinem Talent zu spüren und so hangelt er sich im ersten Drittel von Jumpscare zu Jumpscare, ehe der Candyman aufdrehen darf und den Cast nach und nach dezimiert. Doch selbst hier wird wenig Spannung geboten, riecht man doch meilenweit gegen den Wind, wer denn nun als nächstes dran glauben darf. Das arg theatralische Auftreten des Bösewichts wirkt zudem wenig gruselig und lädt mehr zum Schmunzeln ein, sofern man nicht bereits ins Land der Träume entschlummert ist, denn Candyman 2 – Die Blutrache ist vor allem träge und behäbig.

Die Schauspieler trägt daran jedoch keine Schuld. Kelly Rowan spielt ihren Part gut und steht Virginia Madsen aus dem Vorgänger in nichts nach. Auch ihre Kollegen, allen voran Veronica Cartwright (Die Vögel / Alien) als alkoholkranke Mutter, geben ihr Bestes, doch kommen sie gegen das käsige Drehbuch und die lahme Inszenierung nicht an. Tony Todd kann einem leid tun, wirkt sein weinerlicher Bösewicht diesmal doch so gar nicht bedrohlich. Bernard Rose, der Regisseur des Vorgängers, wusste ihn weit besser zu inszenieren. Auch griff dieser auf ein besonderes Gimmick zurück, wenn der Candyman auf die von ihm auserkorene Damsel in Distress traf. Am Set befand sich damals nämlich ein Hypnotiseur, der Virginia Madsen vor diesen Aufnahmen immer in Trance versetzte, was ihren verklärt-träumerischen Blick erklärt. Kelly Rowan musste ohne diese Unterstützung agieren, was sie zwar gut macht, der finale Kick fehlt den Aufnahmen jedoch.

Candyman 2 – Die Blutrache spülte 14 Mio Dollar an die US-Kinokasse, wurde bei uns jedoch nur Direct-to-Video vermarktet, wo der Film auch hingehört. Ich habe ihn damals sofort aus der Videothek geliehen, konnte mich aber heute so gar nicht an den Film erinnern. Jetzt weiss ich auch, wieso dem so war. Es folgte noch ein weiteres Sequel im Jahr 1999 mit dem Titel Candyman 3 – Der Tag der Toten, welches ich bislang ausgespart habe. Ein weiterer Film mit dem schlichten Titel Candyman, der irgendwo zwischen Remake und Sequel angesiedelt sein soll und von Jordan Peele produziert und geschrieben wurde, ist nun endlich, nach diversen coronabedingten Verschiebungen, bei uns angelaufen. Schaun mer mal, ob der Streifen, der sämtliche Sequels ignorieren soll, besser abschneidet.

Hochwertig ist aber die Veröffentlichung von Koch Films. Bild- (1,85:1) und Tonqualität (Deutsch in DTS-HD Audio Master 2.0 / Englisch in DTS-HD Audio Master 2.0 und 5.1) sind ausgezeichnet. Im Bonusbereich findet man einen Audiokommentar des Regisseurs, Interviews mit Tony Todd und Veronica Cartwright, den Trailer und eine Bildergalerie.

Zunächst nur Amazon-exklusiv, gibt es DVD und Blu-ray jetzt, passend zum Kinostart des neuen Candyman-Streifens, überall im Handel. An die Qualität des Originalfilms von 1992 kommt dieses Sequel jedoch nicht heran.

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