Himmel, Arsch und Zwirn! Da hat der gute Dolph Lundgren seinen kleinen Italienurlaub wohl genutzt, um neben der Einschlafhilfe THE TRACKER (2019) einen weiteren Low-Budget-Actionthriller runterzukurbeln. In HARD NIGHT FALLING (2019) verschlägt es den Videotheken-Recken in ein Szenario, das verdächtig an John McTiernans Kult-Klassiker STIRB LANGSAM (1988) erinnert, natürlich wesentlich preiswerter und somit weit weniger spektakulär umgesetzt. Ob der Streifen, bei dem sich Tiberius Film sogar gleich die physische Veröffentlichung spart, den Klick beim Streamingdienst überhaupt wert ist oder gleich auf der Resterampe landen sollte, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Hard Night Falling

Drehbuch: Alessandro Riccardi. Giorgio Serafini

Regie: Giorgio Bruno

Darsteller: Dolph Lundgren, Hal Yamanouchi, Natalie Burn, Mario Opinato, Sinne Mutsaers…

Artikel von Christopher Feldmann

Da gehen sie hin unsere Actionhelden. Wer den aktuellen B-Movie-Sumpf betrachtet, wird ziemlich schnell feststellen, dass dieses Segment nicht mehr das ist, was es einmal war. Wo in den 1990er Jahren mit wenig Budget zumindest noch einiges möglich war, um den geneigten Fan knackiger Klopperkost zufriedenzustellen, schaffen es heute die wenigsten, einen Actionfilm der Güteklasse B zu produzieren, der zu überzeugen weiß. Es gibt allerdings immer noch Helden, denen man auch noch durch die tiefsten Gewässer folgt, wo andere das Schiff schon längst verlassen haben. Zu diesen Gallionsfiguren der guten alten Männerunterhaltung gehört für mich immer noch Dolph Lundgren. Der sympathische Schwede hatte es in seiner Karriere nie leicht und griff bisher immer mal wieder daneben, auch weil er nie den Status eines Jean-Claude van Damme oder eines Steven Seagal (zumindest in den frühen 1990er Jahren) erreichen konnte, was den Zuspruch der Zuschauer angeht. Aber weil Dolph schon früh in den Videotheken stattfand verzeihe ich ihm eigentlich relativ viel. Wenn man sich allerdings HARD NIGHT FALLING (2019) anschaut, muss man mit sich schon wirklich im Reinen sein, um danach noch am filmischen Output des großen Blonden festzuhalten. Das sichtbar billig zusammengestückelte STIRB-LANGSAM-Knock-Off ist wirklich in der untersten Qualitätsstufe zu verordnen erregt einmal mehr mein Mitleid für einen Hauptdarsteller, der eigentlich besseres verdient hätte.

Handlung:

Goro (Hal Yamanouchi) ist ein kriminelles Mastermind und hat als nächsten großen Coup vor, der Familie Rossini einen riesigen Schatz an Gold zu stehlen. Doch einer von Rossinis Gästen, den weder Goro noch seine Glücksritter kennen, ist der hochprofessionelle ausländische Agent, Michael Anderson (Dolph Lundgren), der sich nicht nur für die Rettung der Geiseln und des Goldes einsetzt, sondern auch für seine gefährdete Familie.

Italien scheint tatsächlich das neue Bulgarien zu sein. Wo ein Dolph Lundgren in den 2000er Jahren noch vor trister, mit dem Sepia-Filter überzogenen, Kulisse Baddies die Leviten gelesen hat, reicht es heute anscheinend nur noch für das südeuropäische Stiefelland, wo man einen namenhaften Darsteller nur zu gerne vor die Linse lotst, um einen müden Reißer auf TV-Niveau zu drehen. HARD NIGHT FALLING (2019) ist nämlich genau DAS. Wer schon bei dem stinklangweiligen Billig-Rachefilm THE TRACKER (2019) dachte, dass es nur besser werden könne, den belehren die beiden Giorgios (respektive Serafini und Bruno) eines Besseren.

Die Story ist schnell erzählt und passt im Grunde genommen auch auf einen Bierdeckel. Dolph gibt hier mal wieder den knallharten Agenten, in diesem Fall bei Interpol, verdrischt gerne fiese Waffenhändler und hat durch seine starke Arbeitsmoral die Ehe mit Mary in Mitleidenschaft gezogen. Bei einer Party im feudalen Anwesen des Industriellen Rossini will unser Protagonist die Wogen glätten und sich wieder seiner Tochter annähern, die er vier Jahre nicht gesehen hat (also wenn das die Folgen seines Job sind, würde ich mir mal wirklich Gedanken um einen Berufswechsel machen). Natürlich hält bald der asiatische „Hans Gruber“ für Arme, Goro, Einzug in die schicke Villa, um alle Gäste als Geiseln zu nehmen und die Zugangsberechtigung zum Familienschatz zu erpressen, der unter der Bude lagert. Und weil Dolph ein absoluter Hard-Boiled-Motherfucker ist, hat er den Braten natürlich rechtzeitig gerochen, um sich der Geiselname zu entziehen und den Schergen des Obermuftis ein Schnippchen zu schlagen. Dass man sich bei dieser ausgeklügelten Handlung natürlich beim Genreklassiker STIRB LANGSAM (1988) bedient hat, liegt natürlich auf der Hand, gleichen sich manche Story-Beats doch 1:1, dass der Streifen seinem Vorbild natürlich nicht mal ansatzweise das Wasser reichen kann, versteht sich dabei von selbst.

Auch wenn das Konzept im Grunde immer eine sichere Nummer ist, um kurzweilige Action zu bieten, versagt HARD NIGHT FALLING auf ganzer Linie, da man sich augenscheinlich noch nicht mal irgendwelche Mühe gegeben hat, dem Drehbuch zumindest einen Hauch von Dramaturgie zu verpassen. So sind Lundgren und Yamanouchi die einzigen Figuren, die wenigstens einen Satz zur Charakterisierung bekommen. Im Fall des Schurken wissen wir, dass er Soldat war, mehr aber auch nicht. Anderson, so Dolphs Rollenname, ist Interpol-Agent und anscheinend nicht der beste Ehemann und Vater, that’s it. Das ist aber immer noch mehr als der Rest der Besetzung, die nur als seelenlos Staffage dient. Das wird besonders deutlich wenn immer wieder Szenen eingestreut werden, die sich den Geiseln oder Lundgrens Frau widmen, in denen aber nichts passiert, was auch nur ansatzweise interessant wäre. Auch seine Filmtochter, von der man zu Beginn noch denken würde, dass sie später irgendeine Relevanz für den Plot hat, verschwindet irgendwann einfach aus dem Film. HARD NIGHT FALLING ist sichtlich darum bemüht sein dünnes Gerüst mit Füllmaterial aufzupeppen, um die 80 Minuten Laufzeit zu knacken.

Dazu kommen lausige Dialoge (vor allem Yamanouchi feuert die miesesten Schurken-One-Liner überhaupt ab), die selbst mich mit den Ohren schlackern lassen. Alles wirkt, als hätten die Autoren den Schlonz schnell an einem Nachmittag auf Papier gerotzt, was auch ganz gut zum Stil des Films passt, der wirklich an Lustlosigkeit kaum zu überbieten ist. Ohne Gespür für Ästhetik oder Dynamik fängt die wackelige Kamera das Geschehen ein, was besonders in den Actionszenen ein Graus ist, da man einfach nur draufhält. So sind die kurzen Hand-to-Hand-Momente, wie auch die Shootouts schnell als lustloses Geplänkel zu enttarnen. Die unvorteilhafte Inszenierung zeigt auch leider, dass das Alter nicht ganz so gnädig zu Dolph gewesen ist, agiert dieser doch ziemlich hüftsteif. Man kann wirklich sehen, wie ihm die Gegner regelrecht zuarbeiten, damit der B-Actionstar sich nicht ganz so übernehmen muss.

Dass dies keine Überraschung ist beweisen die übrigen Arbeiten von Giorgio Serafini und Giorgio Bruno, unter deren Ägide schon Gurken wie BLOOD OF REDEMPTION (2013) und LETHAL PUNISHER (2014) entstanden sind, in denen Dolph Lundgren ebenfalls für ein paar US-Dollar nochmal den Haudrauf-Helden gab. Diese Werke waren ebenfalls schon kaum zu ertragen, was mit ein Grund dafür ist, dass Fans des Schweden Filme mit ihm, die unter italienischer Produktion entstanden sind, weiträumig umfahren. Selbiges sollte man auch bei HARD NIGHT FALLING machen, der wirklich für niemanden einen Mehrwert darstellt und bei dem man als Lundgren-Fan wirklich in Erklärungsnot gerät. Schade um die schöne Location, denn die feudale, fast schon antike Villa, ist ein echter Hingucker und fast schon Gold wert, zumindest für einen Film dieser Art. Was hätte man aus den verwinkelten Räumlichkeiten und der schönen Parkanlage alles machen können, die Macher des Films hatten dieses Potenzial wohl nicht erkannt. Perlen vor die Säue. Hoffentlich war Dolphs Paycheck ordentlich genug!

Tiberius Film wissen wohl selbst um die Qualität dieses Machwerks und veröffentlich das Ganze direkt digital.

Fazit:

Ach, Dolph, Das war nix. HARD NIGHT FALLING (2019) Billig-Action-Ramsch vom Reißbrett ohne nennenswerte Höhepunkte, vollgepackt mit hüftsteifer Action, schlechten Darstellern und einer immerhin tollen Location, die einen besseren Film verdient hätte. Selbst für Lundgren-Fans eine herbe Enttäuschung. Setzen, Sechs!

Christophers Filmtagebuch bei Letterboxd – Your Life in Film

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