Filmbiografien von Musikern sind ein eigenes Genre geworden. Stets bestens besetzt, opulent ausgestattet und hochglänzend gefilmt, beschreibt das Genre die Karrieren der Künstler oftmals gleich. Eben typisches, gut gemachtes und leicht verdauliches Hollywood-Kino, welches markante Momente der Künstler umreißt und meist bei einem berühmten Konzert oder Album endet. Das wirklich spannende an diesen Filmen ist aber meist gar nicht das Leben des Musikers, sondern die Entstehung der Songs. Wie sich die Melodie aufbaut, der Flow kommt, sich ein Stil bildet. Der Sound. Davon, und vom Können der Schauspieler, lebt am Ende der Musikfilm. Nun also Aretha Franklin, gespielt und gesungen von Jennifer Hudson. Eine gute Wahl, die dem Film die nötige Stimme gibt. UNIVERSAL PICTURES brachte den Film nun für den heimischen Markt heraus.

Originaltitel: Respect

Regie: Liesl Tommy

Darsteller: Jennifer Hudson, Forest Whitaker, Marlon Wayans, Kimberly Scott, Mary J. Blige, Audra McDonald, Skye Dakote Turner

Artikel von Kai Kinnert

Respect – Ihre Stimme änderte alles beschreibt den kometenhaften Aufstieg der Musik-Ikone Aretha Franklin von dem kleinen Mädchen, das im Kirchenchor seines Vaters sang, zum internationalen Superstar. Diese außergewöhnliche, wahre Geschichte erzählt, wie die Sängerin und Songwriterin in jungen Jahren ihre Stimme fand und schließlich als „Queen of Soul“ zur Legende wurde.

Meine Güte, Aretha Franklin hatte Soul – was für Kraft und Herz in ihrer Stimme. Der Film endet mit einer Originalaufnahme von Franklin. Sie singt am Gala-Abend im Kennedy Center bei der Amtseinführung Barack Obamas (You Make Me Feel Like) A Natural Woman derart mit Wumms und zeitlosem Soul, dass man Gänsehaut bekommt. Das ist nicht die Stimme einer 73jährigen Dame, das ist zeitlos echte Musikgeschichte und klingt mindestens 25 Jahre jünger.

Aretha Franklin hatte Talent, schon in jungen Jahren klang ihre Stimme erfahren, jedoch fehlte dem Talent der Funke, um endlich den richtigen Drive und die Tiefe für einen Hit zu finden. Liesl Tommy wählte eine chronologische Erzählweise und beginnt mit der 10jährigen Aretha, wie sie in der Nacht von ihrem Vater geweckt wird. Ihr Vater ist ein bekannter Baptisten-Prediger und hat prominente Freunde, wovon einige gerade im Wohnzimmer einen geselligen Abend feiern. Aretha singt in dem Gospel Chor ihres Vaters, der um ihr enormes Talent weiß und dieses stets zu fördern versucht. Doch, wie so viele Eltern prominenter Künstler, ist er ein tyrannischer Mensch und das Verhältnis zwischen den beiden wird ein Leben lang angespannt bleiben. Da sich Aretha über jede Gelegenheit zum Singen freut, schmettert die Kleine nun einen flotten Song vor den Gästen und hört sich dabei nicht wie ein Kind an. In Aretha funkelte schon in jungen Jahren die Power. Der Film springt nach dieser Szene verkürzend voran und streift im weiteren Verlauf das schwierige Verhältnis zu ihrem Vater (Forest Whitaker) nur abgeschwächt, wie Respect leider alles Dramatische in Aretha Franklins Leben abgeschwächt streift.

Mit 11 Jahren vergewaltigt und geschwängert, vom Vater in einen Plattenvertrag bugsiert, anschließend einen gewalttätigen Ehemann geheiratet, dann der Wechsel zu Atlantic Records, ständige Selbstzweifel, die natürlich in Alkohol und Drogen münden. Franklin kippt später sogar noch besoffen von der Bühne. Das klingt nach einem typischem Musikerleben, die Namen sind austauschbar, fast jeder Star hat viel Zeit mit Saufen, Abstürzen, Hits und Selbstzweifeln verbracht – das scheint der Preis für ein Leben auf Basis eines relativen Talents zu sein.

Das alles findet im Film zwar seine Erwähnung, Liesl Tommy vermeidet es aber, zu sehr in die Tiefe zu gehen, nicht zu sehr am Abgrund zu rühren und reduziert das Drama auf wenige Szenen, auf eine Andeutung, und umschifft, gut gefilmt, alles an Kontroverse. Aretha Franklin säuft am Ende zwar, das Haar ist auch zerzaust und die Worte garstig, aber der unschmutzige Hollywood-Absturz währt nicht lang und der Entzug geht schnell. Wäre es doch immer so im Leben.

Die größte Schwäche des Films sind die Szenen ohne Musik. Hier wirkt der Film fragmentarisch und ohne großes Charisma. Obwohl gut besetzt, gelingt es nur Forest Whitaker aus seiner Rolle des mehr zu machen und so dem Film am Ende schauspielerisches Format zu geben. Als Aretha zum Schluss einen Gospel singt, erkennt der Vater endgültig den Weg seiner Tochter und Tränen füllen seine Augen. Dieser Moment zieht den Zuschauer an die Figur heran, plötzlich ist nahbar geworden, was vorher sonst nur betrachtet worden ist.

Die große Stärke des Films ist somit eben nicht das Drama um Franklin herum, sondern ihre Musik. Und da kommt Jennifer Hudson ins Spiel. Hudson ist Schauspielerin und keine Sängerin, aber sie hat Stimme. Ohne Gesang spielt sie Aretha Franklin eher schmollend, im Gesang allerdings findet Jennifer Hudson zur glaubwürdigen Performance und zeigt, was gute Vorbereitung so alles leisten kann. Wenn Hudson singt, macht sie es live und packend – es ist erstaunlich, wie gut sie dabei an die junge Aretha Franklin herankommt und mit welcher Kraft sie sich in die Rolle versetzt. Das ist glaubwürdig und eine Freude für jeden Musikfreund, denn Respect – Ihre Stimme änderte alles hat lange Strecken, in denen die Entstehung der Songs beobachtet wird. Ob im Studio, auf der Bühne oder im Gospel Chor – Der Film hat tolle Musikszenen, die einen Zeuge werden lassen, wie Franklin zum Groove ihrer Songs kam. In diesen Momenten ist Respect – Ihre Stimme änderte alles gelungenes Kino und mündet so in einem respektablen letzten Drittel, in dem die losen Enden der Dramaturgie zu einem Ganzen zusammenfinden. Den Abspann übernimmt dann die echte Aretha Franklin mit ihrem Auftritt im Kennedy Center.

Respect – Ihre Stimme änderte alles ist ein Film mit Stärken und Schwächen. Die Schwäche ist die wohlwollende Glätte, die den Film ohne Ecken und Kanten auf etliche Musikparts zusteuern lässt, die dann allerdings stark inszeniert und bestens gespielt worden sind. Die Besetzung ist bestens. Die Session mit dem Studiomusikern ist großartig und auch sonst macht jeder Musikbeitrag in diesem Film Spaß. Wer sich gerne Musikfilme ansieht, darf hier getrost einen Blick wagen.

Das Bild der vorliegenden Blu-ray ist sauber, satt und klar, der Ton ebenso. Als Extras gibt es ein Making Of, Aretha werden, Eine Legende einfangen, Aus Muscle Shoals und Das Design von Respect.

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