Lieber tot und cool, als lebendig und uncool!“ – Viele Jahre, bevor uns Vin Diesel mit seinen Familienweisheiten auf den Keks ging, hauten bereits Mickey Rourke und Don Johnson alberne Actionfilmweisheiten heraus. Der große Unterschied: Während der haarlose Gorilla seine Dialoge ernst nahm, strotzten der Biker mit der Unfähigkeit eine Waffe zu bedienen und der Cowboy auf Nikotinentzug nur so vor Ironie. CAPELIGHT PICTURES veröffentlicht diesen Kultfilm meiner Jugend in einem schicken Mediabook und für die sparsamen Filmsammler als Einzel-DVD.

Regie: Simon Wincer

Darsteller: Mickey Rourke, Don Johnson, Chelsea Field, Daniel Baldwin, Giancarlo Esposito, Tom Sizemore

Artikel von Christian Jürs

I’m a cowboy
On a steel horse I ride
I’m wanted dead or alive
Wanted dead or alive

Jon Bon Jovi

Mit diesem Song, der damals, als Jon Bon Jovi noch als cool galt, ein Riesenhit war, startet nicht nur Harley Davidson (Mickey Rourke) seine gleichnamige Maschine, sondern auch die Actionkomödie Harley Davidson and the Marlboro Man von Regisseur Simon Wincer (Quigley – Der Australier). Doch der Film entpuppte sich, entgegen des Titelsongs, nicht als Hit, sondern als Kassenflop, der erst in den Videotheken so richtig an Aufmerksamkeit gewann. Für den TV-Star Don Johnson damals einer von vielen glücklosen Versuchen, an der Kinokasse an seine Erfolge mit der TV-Serie Miami Vice anzuknüpfen. Auch für Mickey Rourke ging es damals bergab. Nach Erfolgen wie 9 1/2 Wochen und Angel Heart, wandelte sich sein Ruf zuvor mit der Erotikschmonzette Wilde Orchidee und dem Thriller Desperate Hours – 24 Stunden in seiner Gewalt ebenfalls in Richtung Kassengift. Doch bevor wir uns ein Urteil über Harley Davidson and the Marlboro Man bilden wollen, widmen wir uns zunächst der Handlung:

Die beiden titelgebenden Figuren sind eigentlich Schmalspurhelden, die sich als Lebenskünstler durch eine Welt schlagen, die ihnen, aufgrund der stätigen Modernisierung, aus den Fugen gerät. Passend hierzu ist die Geschichte des 1991 veröffentlichten Actionfilms auch in der „fernen“ Zukunft des Jahres 1996 angesiedelt. Die Jungs sind aber oldschool und treffen nach einer gefühlten Ewigkeit in ihrer Lieblingskneipe „Rock’n Roll Bar & Grill“ in Burbank wieder aufeinander. Dort kann ein Mann noch ein Mann sein und bei Jack Daniels, Armdrücken und Raufereien so richtig die Sau rauslassen. Doch diese Zeit dürfte bald vorbei sein, denn der Pachtvertrag läuft aus und die Kultbar soll dem Erdboden gleichgemacht werden. So plant es jedenfalls der fiese Unternehmer Chance Wilder (Tom Sizemore). Das können Harley und Marlboro jedoch nicht einfach hinnehmen und planen, zusammen mit einer Gruppe proletenhafter Versager aus ihrem Kultschuppen, einen Geldtransporter zu überfallen, um der Rockbar mit einer Finanzspritze aus dem Dilemma zu helfen.

Doch, oh weh, der sorgsam ausgeklügelte Plan der dilletantischen Geldräuber läuft gewaltig schief. Anstelle von Zaster, erbeuten die Jungs die Lieferung einer neumodischen Droge, die eigentlich Chance Wilder gehört. Der hetzt sogleich sein Killerkommando, angeführt vom emotionslosen Alexander (Daniel Baldwin), auf den Fall an. Die richten ein Blutbad in der Rockerkneipe an, welches nur Harley und Marlboro überleben. Die lassen den Tod ihrer Freunde selbstverständlich nicht ungesühnt und sinnen auf Rache…

Harley Davidson and the Marlboro Man atmet die Filmluft der späten 80er, kam damals aber locker zwei-, drei Jahre zu spät, um das Publikum noch in die Lichtspielhäuser zu locken. Die Zukunftsvisionen des Drehbuchs bestehen dabei lediglich aus einer neuartigen Droge, einem neu errichteten Flughafen und Gangstern, die kugelsichere Ledermäntel (!) tragen. Das ist etwas albern, deckt sich aber mit der ironischen Darstellung der Helden. Marlboro hat sich, gemäß dem Zeitgeist, das Rauchen abgewöhnt und Harley kann ums Verrecken nicht mit einer Waffe umgehen. Das ist unterhaltsam und witzig, genügte aber nicht, um in einem Filmjahr, in dem Knaller wie Terminator 2 – Tag der Abrechnung und Robin Hood – König der Diebe liefen, für volle Kinokassen zu sorgen. Zumal Mickey Rourke, der als Ersatz für den eigentlich vorgesehenen Bruce Willis diente, seine Rolle nur aus finanziellen Gründen annahm, was man seinem lustlosen Spiel deutlich anmerkt. Don Johnson hingegen überzeugt, verfügte jedoch nicht über die Starpower, um die Defizite um ihn herum zu kompensieren.

Dem allem zum Trotz entwickelte sich der Film auf dem Videomarkt damals zu einem kleinen Kultstreifen, den ich mir in meiner Jugend gerne anschaute. Auch heute bereitet mir der handwerklich ordentlich inszenierte Actionjux noch eine Menge Freude. Der Film dürfte allerdings, wenn man Harley Davidson and the Marlboro Man im Jahr 2022 als Erstsichtung in den Player wirft, eher für Kopfschütteln, denn für Sehvergnügen sorgen. Er ist ein Kind seiner Zeit und als solcher wird er sein Publikum finden.

Capelight Pictures spendiert dem Film nun eine schöne Neuveröffentlichung, die gleich zu Beginn einen Fehler der alten MGM-DVD behebt. Dort fehlte nämlich der einleitende Radiosprecher, der von der neuen Droge berichtet, die im Film eine zentrale Rolle spielt. Die Bild- (1,85:1 / Blu-ray: 1080p) und Tonqualität (Deutsch und Englisch in Dolby Digital 2.0 Stereo auf DVD und Linear PCM 2.0 Stereo auf Blu-ray) sind großartig. Als Bonus gibt es den Trailer im englischen Original und in der deutschen Version, eine kurze Werbe-Featurette und im Mediabook zusätzlich ein 24-seitiges Booklet von Leonhard Elias Lemke. Die DVD verfügt über ein Wendecover ohne FSK-Flatschen, beim Mediabook befindet sich dieses eh nur auf der Außenpappe.

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