Der „Master of Desaster“ ist zurück! Deutschlands Hollywood-Export Roland Emmerich hat sich einmal mehr seiner Paradedisziplin, dem Katastrophenfilm, zugewandt und lässt in MOONFALL (2022) erneut die Erde beträchtlichen Schaden nehmen. Nach Aliens, der globalen Erwärmung und der Prophezeiung der Mayas, ist es nun der Mond, der dafür sorgt, dass Uns Rolli ein Effektfeuerwerk abbrennen darf. Leonine haben den Blockbuster nach wenig geglücktem Kinoeinsatz nun auch in mehreren Varianten im Heimkino veröffentlicht. Ob das Science-Fiction-Spektakel mit Patrick Wilson und Halle Berry wenigstens als Guilty Pleasure funktioniert, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Moonfall

Drehbuch: Roland Emmerich, Harald Kloser, Spenser Cohen

Regie: Roland Emmerich

Darsteller: Patrick Wilson, Halle Berry, John Bradley, Charlie Plummer, Kelly Yu, Michael Pena, Donald Sutherland…

Artikel von Christopher Feldmann

Wenn es um deutsche Filmschaffende in Hollywood geht, kommt man zweifelsohne nicht um Roland Emmerich herum. Der Regisseur, Autor und Produzent schaffte in den frühen 1990er Jahren den Sprung über den großen Teich und war jahrelang ein Garant für bombastisches Blockbuster-Entertainment. Nach seinem US-Debüt, dem Actionkracher UNIVERSAL SOLDIER (1992), erfreute Emmerich Sci-Fi-Fans mit STARGATE (1994), doch war es schlussendlich das Weltzerstörungsspektakel INDEPENDENCE DAY (1996), das die Kassen so richtig klingeln und Hauptdarsteller Will Smith in die A-Liga der Leinwandhelden aufsteigen ließ. Fortan war Emmerich der Go-to-Guy für effektgeladene Zerstörungsorgien wie etwa GODZILLA (1998), THE DAY AFTER TOMORROW (2004) oder 2012 (2009). Nach einer Reihe von Flops, unter denen sich sowohl solide Actionkost wie WHITE HOUSE DOWN (2013), als auch Graupen wie INDEPENDENCE DAY: WIEDERKEHR (2016) oder das pathetische Schmierenkriegstheater MIDWAY (2019) befinden, wollte es Rolli noch einmal wissen, im großen Stil versteht sich, und schusterte aus all seinen Trademarks das Science-Fiction-Katastrophenfilmspektakel MOONFALL (2022) zusammen, für das er eine ganze Riege an Investoren, u.a. aus China, akquirierte, die zusammen knapp 140 Millionen US-Dollar bereitstellten. Ein großes Vorhaben, das allerdings gehörig in die Binsen ging, denn der Film floppte kolossal. Das mag zum einen am veränderten Zeitgeist liegen, zum anderen aber auch an der Qualität des fertigen Produkts, denn trotz massivem Effektfeuerwerks ist Emmerichs filmische Verschwörungstheorie ein mit vielen Dämlichkeiten gespicktes Ärgernis, das man allerhöchstens als Big-Budget-Trash abstempeln kann.

Handlung:

Eine mysteriöse Kraft hat den Mond aus seiner Umlaufbahn gestoßen und schickt ihn auf Kollisionskurs mit der Erde. Das Leben, wie wir es kennen, droht für immer ausgelöscht zu werden. Nur wenige Wochen vor der herannahenden Gefahr ist die ehemalige Astronautin und NASA-Offizierin Jo Fowler (Halle Berry) überzeugt zu wissen, wie sie die Menschheit retten kann. Doch nur zwei Mitstreiter sind auf ihrer Seite: Astronaut und Ex-Kollege Brian Harper (Patrick Wilson) und der Astro-Experte K.C. Houseman (John Bradley). Das kleine Team startet zu einer aller letzten Mission ins Weltall und macht eine unglaubliche Entdeckung: Unser Mond ist nicht das, was wir immer glaubten…

Als Emmerich 2019 Käufer für seinen kommenden Blockbuster MOONFALL einsammelte war mein Interesse doch geweckt, immerhin konnte der Schwabe in der Vergangenheit wie kein Zweiter für bombastische Weltuntergangsszenarien sorgen. Und selbst wenn die Filme nicht immer pures Gold waren, unterhaltsam waren sie in den meisten Fällen. Die Ankündigung, dass MOONFALL der teuerste Independentfilm aller Zeiten werden würde, machte ebenfalls neugierig. Was wird Rolli ohne die Daumenschrauben eines Major-Studios auf die Leinwand zaubern? Während die Trailer nach und nach ein echtes Guilty Pleasure versprachen, waren die Kritiken verhaltend bis vernichtend. Und selbst meine Wenigkeit, der sich schon vorab über ein temporeiches Gaga-Weltraumabenteuer im Stil von ARMAGEDDON (1998) gefreut hatte, musste ernüchternd feststellen, dass Emmerich seine besten Zeiten definitiv hinter sich hat.

Die Grundstory ist gar nicht mal das große Problem des Films. Der Mond steht kurz davor, mit der Erde zu kollidieren, die Gezeiten verändern sich, Naturkatastrophen setzen ein und die Regierung ist völlig planlos, echtes Katastrophenfilmgarn eben, was schon diverse Filme so oder so ähnlich verhandelt haben. Natürlich steht ein Außenseiter, hier Ex-Astronaut Brian, im Mittelpunkt, der, gemeinsam mit seinem lustigen Sidekick die drohende Auslöschung der Menschheit abwenden muss. Soweit so gut. Emmerich bewegt sich über weite Strecken auf vertrautem Terrain und arbeitet fast schon ein Best-Of seiner großen Hits ab, dieses Mal nur weitaus uninteressanter. Der Aufbau der Geschichte ist dabei ein großes Problem, Figuren handeln wenig nachvollziehbar und anstatt ein Ereignis wie das im Film geschilderte nachvollziehbar zu entwickeln, herrscht nach 15 Minuten nur noch Chaos auf den Straßen Amerikas. Dass Emmerich einen Hang zum US-Patriotismus verspürt wissen wir aber wie sehr der Rest der Welt doch außenvor gelassen wird, ist doch schon etwas komisch. Am Ende müssen es eben die Amerikaner richten, die sind eh die geilsten.

Übrig bleiben nur Abziehbilder bekannter Figurenschablonen, die den gesamten Film über Erklärbär-Dialoge oder Cringe-Gags zum Besten geben, damit auch jeder Zuschauer versteht, was in dem ganzen Gewusel gerade Phase ist. MOONFALL liefert zu viel „Tell“ und eigentlich zu wenig „Show“, denn für einen eigentlich spaßigen Blockbuster, vergeudet der Film einfach zu viel Zeit mit hanebüchenen Erklärungen und blassen Figuren, die uninteressante Dialoge führen, was immer wieder für Langeweile sorgt.

Dafür sorgen auch die Darsteller, die hier mit wenig Esprit aufspielen. Patrick Wilson, für hochkarätigeres Personal reichte das Budget nicht aus, spielt seinen üblichen Stiefel herunter und guckt gelangweilt in die Kamera, ebenso wie Halle Berry, die wirklich aktiv schlecht spielt und der man die ranghohe NASA-Tante zu keiner Sekunde abnimmt. Und dann wäre dann noch John Bradley-West, der hier den obligatorischen Sidekick mimen darf, der dafür sorgen soll, dass das Publikum auch etwas zu lachen hat. Gerade dessen Charakterentwicklung ist so an den Haaren herbeigezogen und trotz zwei emotionaler Szenen, schafft es Emmerich ihn konsequent als den dicken, lustigen Nerd zu inszenieren, der nun mal leider nicht lustig ist. Die Nebendarsteller versagen derweil komplett. Weder Charlie Plummer, noch der eigentlich immer sehenswerte Michael Pena haben Lust oder Laune, geschweige denn gutes Material, um zu glänzen. Wenwen Yu (alias Kelly Yu) ist nur dabei, damit chinesische Investoren glücklich sind und dann kommt nochmal kurz Donald Sutherland in einem Cameo um die Ecke gerollt, um doofen Expositiontalk herunterzuleiern und wieder in sein Kämmerlein zu verschwinden.

Wer jetzt denkt, dass das nach einem ziemlichen Heuler klingt, hat keine Ahnung, was Emmerich im letzten Drittel auf die Zuschauerschaft loslässt. Wahrscheinlich hat er auch einfach zu viel vom Koks genascht aber einen derartigen Quatsch wie die Wurzel allen Übels im Film, habe ich selten gesehen. Hier verwurstet MOONFALL irrsinnigste Verschwörungstheorien über hole, mechanische Planeten, künstliche Intelligenzen und die Entstehung der Menschheit. Ein Film, um sich an den Kopf zu fassen. Natürlich muss nicht immer alles Sinn machen, hat es vermutlich auch bei Emmerichs Erfolgen nicht aber das hier ist schon kurz vor gemeingefährlich und sollte vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Das kommt eben dabei heraus, wenn kein Major-Studio nach dem Rechten schaut. Auch die Effekte sind mittlerweile nicht mehr so geil und man hat stets den Eindruck, dass in vielen Szenen die etwas billigere Version genommen werden musste. So sehen Wassermassen, Explosionen und deutlich erkennbare Greenscreen-Hintergründe (von denen es reichlich gibt) nur so mittelprächtig aus. Es gibt einen Shot (Start der Rakete), der recht wuchtig und spektakulär daherkommen würde, wenn Rolli noch 50 Millionen US-Dollar mehr zur Verfügung gehabt hätte.

Die Blu-ray aus dem Hause Leonine präsentiert den Film in toller Bildqualität und fulminantem Atmos-Sound. Das Bonusmaterial enthält derweil eine Reihe an Featurettes.

Fazit:

Nach den schon wenig erfolgreichen letzten Jahren, dürfte MOONFALL (2022) der endgültige Sargnagel für die Karriere Roland Emmerichs sein. Zwar stellt der Katastrophenfilm ein Sammelsurium aus Versatzstücken dar, die wir schon in zahlreichen anderen Filmen ähnlicher Machart gesehen haben, so richtig funktionieren will es aber nicht. Mäßige Effekte, schwache Darsteller, ein maues Skript und ein zum Haare raufen bescheuertes letztes Drittel machen der Zerstörungsorgie den Garaus. In vielen Jahren werden Filmfans auf diesen Streifen zurückblicken und ihn vielleicht als beknackten Edel-Trash feiern, ich bin mir aber nicht sicher, ob dies Emmerich Intention gewesen ist.

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