„Die Kraft Jesu Christi bezwingt dich! Die Kraft Jesu Christi bezwingt dich!“. Wer erinnert sich nicht an die legendäre Austreibungsszene aus William Friedkins DER EXORZIST (1973)? Nun sind knapp 50 Jahre vergangen und noch immer ist der Exorzismus-Horrorfilm präsent, zumindest in den DVD-Regalen, die nun pünktlich zum Hurenween-Fest um einen neuen Titel dieses Genres erweitert werden. THE EXORCISM OF GOD (2021) nennt sich der neueste Schocker, den Eurovideo hierzulande im Heimkino veröffentlicht hat. Ob es sich hierbei um gelungenen Dämonengrusel handelt und was das Ganze mit der Kult-Sitcom DER PRINZ VON BEL-AIR (1990-1996) zu tun hat, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: The Exorcism of God

Drehbuch: Santiago Fernández Calvete, Alejandro Hidalgo

Regie: Alejandro Hidalgo

Darsteller: Joseph Marcell, María Gabriela de Faría, Irán Castillo, Raquel Rojas, Will Beinbrink, Maria Antonieta Hidalgo…

Artikel von Christopher Feldmann

Es gibt sie wie Sand am Meer, die Slasherfilme, die Zombiestreifen oder auch den guten alten Geistergrusel. Allesamt Subgenres des modernen Horrorfilms, die nach wie vor mit akuter Regelmäßigkeit bedient werden und sei es dabei nur im Direct-to-Video-Segment. Es sind eben Spielarten des Horrors, die sich nach wie vor gut verkaufen und immer irgendwo Abnehmer finden. Ähnlich verhält es sich mit dem Exorzismus- oder Besessenen-Horrorfilm, der wie die bereits erwähnten Gattungen eine lange Tradition besitzt und mit William Friedkins unsterblichen Klassiker DER EXORZIST (1973) salonfähig gemacht wurde. Seitdem wird dieses Genre rund um Besessenheit und Teufelsaustreibung ununterbrochen bespielt, doch die Zeit der großen Kinofilme ist schon lange vorbei und es findet mittlerweile nur noch auf dem Heimkino-Markt statt. Zwar gab es in den vergangenen Jahren immer mal wieder Vertreter wie DELIVER US FROM EVIL (2014) oder THE POSSESSION OF HANNAH GRACE (2018), die es in die Lichtspielhäuser schafften aber so richtig hinter dem Ofen konnten diese kaum jemanden. Das liegt in erster Linie wahrscheinlich an der Tatsache, dass neben dem Zombiefilm kein anderes Genre dermaßen ausgeschlachtet und todgeritten wurde wie dieses. Nun ist mit THE EXORCISM OF GOD (2021) ein neuer Vertreter erschienen, der zwar hier und da ein paar nette Ansätze hat aber im Kern eben genau das liefert, was wir schon dutzendfach gesehen haben.

Handlung:

Der amerikanische Priester Peter Williams (Will Beinbrink) wird für seine Wohltätigkeitsarbeit in Mexico von den Gemeindemitgliedern als Heiliger verehrt. Doch seit seinem letzten Exorzismus trägt er ein dunkles Geheimnis in sich, das ihn bei lebendigem Leib auffrisst. Achtzehn Jahre später wird er von der Sünde seiner Vergangenheit eingeholt und bekommt endlich die Gelegenheit, sich in einem letzten epischen Kampf seinem Dämon zu stellen.

Dass Regisseur und Co-Autor Alejandro Hidalgo ein großer Fan von DER EXORZIST zu sein scheint, wird schon im Prolog des Films ersichtlich, als „Priester Williams“ zu einem Exorzismus gerufen wird. Wenn dieser dann im Kunstnebel vor dem angeleuchteten Anwesen der betroffenen Familie steht, zitiert der Filmemacher nicht nur einen der ikonischsten Shots des Klassikers, sondern auch der weitere Verlauf stellt sich als doch sehr auffällige Hommage an das Finale dar, in dem einst Linda Blair von ihrem Leid erlöst werden musste. Auch die Dame in diesem Film hat es dank des Dämons in sich faustdick hinter den Ohren, flucht wie ein Rohrspatz und masturbiert sogar vor dem Geistlichen. Eigentlich verläuft die Szene doch recht erwartbar, nur eben mit modernen Jump-Scares aufgemotzt, nimmt aber eine interessante Wendung, wenn sich der Priester schließlich verführen lässt. Das ist zwar ziemlich unglaubwürdig (wer würde schon die Hand in das Höschen einer vom Bösen besessenen stecken und auch noch mit ihr rumknutschen?), bringt aber ein wenig Würze in den weiteren Verlauf der Handlung, die sich nun um einen sündigen Geistlichen dreht, der von Schuld und Schmerz geplagt in einer Sinnkrise landet und sich mit der Arbeit für das Gemeinwohl in einem südamerikanischen Dorf ablenkt.

Mit dieser Sünden-Thematik schlägt THE EXORCISM OF GOD (2021) durchaus aktuelle Themen an. In einer Zeit, in der die katholische Kirche durch systematischen Kindesmissbrauch in Verruf geraten ist, ist dieser Plot-Point ein nettes Extra. Selbst auf die Vertuschung durch die Obrigkeiten wird angespielt, wenn „Williams“ bei einem Vorgesetzten beichten möchte, diesen aber ermutigt einfach weiterzumachen und den Anschein macht, als wolle er das eigentlich gar nicht wissen. Zumindest habe ich das in dieser Form interpretiert. Auch mit religiösen Bildern wird gespielt, wenn „Williams“ beispielsweise von einem dämonischen Jesus heimgesucht wird. Dass dabei alles auf einen umgekehrten Exorzismus hinausläuft, ist nur konsequent.

Das sind wie bereits erwähnt nette Ansätze, im Grunde ist THE EXORCISM OF GOD aber lediglich ein handelsüblicher Exorzismus-Horrorfilm, wie man ihn zu genüge kennt. Natürlich kehrt irgendwann der Dämon aus dem Prolog zurück, ist superstark und muss bekämpft werden. Dabei wird so ziemlich jede Genre-Konvention durchgespielt, selbst das grüne Erbrochene kommt erwartungsgemäß zum Einsatz und auch die traditionelle Gesichtskirmes der besessenen Dame darf nicht fehlen. Und weil „Williams“ nicht über die Stärke verfügt, den Dämon zu bekämpfen, holt er sich Hilfe in Form eines britischen Geistlichen, der jedem Sitcom-Fan der 1990er Jahre bekannt vorkommen dürfte. Niemand geringeres als Joseph Marcell, der in DER PRINZ VON BEL-AIR (1990-1996) Hausbutler „Geoffrey“ mimte, kommt ihr als Exorzisten-König um die Ecke, um dem Bösen Einhalt zu gebieten. Marcell ist aber immer noch der beste Darsteller des Films, sein Kollege Will Beinbrink, der den Priester „Williams“ mimt, hat da schon deutlich mehr zu kämpfen, schlägt sich aber noch einigermaßen wacker.

Die Inszenierung ist indes relativ solide, denn trotz des schmalen Budgets sieht THE EXORCISM OF GOD einigermaßen wertig aus, gerade die Szenen im Gefängnis sind eigentlich ganz nett gefilmt. Trotzdem sollte man hier keinen neuen Meilenstein des Horrorkinos erwarten, liefert Alejandro Hidalgo bis auf ein paar Nuancen lediglich Standardkost, ab und an auch etwas blutiger als in vergleichbaren Werken. Ich muss aber auch gestehen, dass mich kein Horror-Sub-Genre weniger interessiert, als der Exorzismus-Horrorfilm. Wenn Menschen mit dickem Make-Up auf die Tonspur grunzen und Männer in Priesterroben ständig das „Vater Unser“ in die Heide plärren (mehr braucht man offensichtlich für einen Exorzismus nicht), dann fühle ich mich einfach nur gelangweilt. Das ist sicher nicht die Schuld des Films, trotzdem handelt es sich hier lediglich um altbekanntes, das man einfach nochmal aufgewärmt hat.

Bild- und Tonqualität der Blu-ray sind sehr gut, im Bonusmaterial befinden sich Deleted Scenes, sowie der Trailer.

Fazit:

Für Fans des Genres und Allesgucker ist THE EXORCISM OF GOD (2021) sicher nicht die schlechteste Wahl, wer aber nicht die drölfzigste Variation dessen sehen will, was William Friedkin bereits vor knapp 50 Jahren erzählt hat, sollte Ausschau nach anderen Titeln halten. Persönlich habe ich zwar schon Filme dieser Art gesehen, die weitaus schlechter sind, dennoch handelt es sich hier um einen generischen Exorzismus-Schocker, wie er gefühlt regelmäßig im DVD-Regal der Elektrofachmärkte landet.

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