Mario Bavas Sprössling Lamberto zauberte in den Achtzigern ein paar stimmungsvolle Gruselfilme in die Videotheken. Wenn er nicht gerade Dämonen durch ein Kino oder ein Wohngebäude jagte, war es vor allem der Giallo, in dem behandschuhte Messermörder jungen Frauen auflauerten, der es ihm angetan hat. CMV LASERVISION veröffentlichte nun Lamberto Bavas Werk, in dem Erotikfilmdarstellerin Serena Grandi um die Unversehrtheit ihres wohlgeformten Körpers bangen muss – erstmals hierzulande in HD. Ob Lamberto damit an Papis Qualitäten von einst anknöpfen konnte?

Originaltitel: Le foto di Gioia / Delirium

Regie: Lamberto Bava

Darsteller: Serena Grandi, Daria Nicolodi, David Brandon, George Eastman, Capucine, Sabrina Salerno

Artikel von Christian Jürs

Lamberto Bava hat bei den Horror- und Splatterfans meiner Generation ein Stein im Brett für seine Mitte der Achtzigerjahre entstandene, zweiteilige Dämonenfilmreihe, in denen zombieähnliche Besessene Jagd auf ihre Mitmenschen machten. Das waren zwar keine Meilensteine der Filmkunst, die von Dario Argento mitproduzierten Schocker überzeugten aber durch Tempo und schmodderige, handgemachte Effekte.

Hier soll es aber um seinen kurz darauf entstandenen Streifen gehen, einem Giallo, den ursprünglich Dario Argento inszenieren sollte. Der sprang aber, nach mehreren Drehbuchänderungen, aus dem Projekt aus und überließ Bava das Regiezepter. Für die Hauptrolle war, laut Aussage von Co-Star George Eastman, ursprünglich die großartige, gialloerprobte Edwige Fenech (Der Killer von Wien) vorgesehen. Den Zuschlag bekam aber Serena Grandi, die aufgrund ihrer beiden hervorstechenden Attribute des Öfteren in Erotikfilmen beheimatet war. Mit Eastman drehte sie bereits den berüchtigten Man-Eater – Der Menschenfresser, in dem er bei ihr eher unfreiwillige Geburtshilfe leistete.

In Das unheimliche Auge spielt sie Gloria, bzw. Gioia in der Originalversion (aber das kann hierzulande ja niemand aussprechen oder gar schreiben), ein ehemaliges Erotikmodel und nun junge Witwe, die von ihrem Verblichenen ein Hochglanz-Erotikmagazin mit dem Titel Pussycat erbte. Starfotograf Roberto (David Brandon) stellt in Glorias Auftrag berühmte Poolfotos seiner Chefin mit dem jüngeren Model Kim (Trine Michelsen) nach. Abends, als diese das Haus verlässt, lauert ihr der Killer auf und meuchelt die Gute am Pool. Einziger Zeuge: Der an den Rollstuhl gefesselte Teenager Mark (Karl Zinny) aus dem Haus gegenüber, der gerne mit dem Fernrohr seine heiße Nachbarin stalkt und ihr am Telefon auch zweifelhafte Avancen macht. Den Killer erkennen konnte der notgeile Junge allerdings nicht.

Fortan ist Glorias Leben in Gefahr, was ihr bewusst wird, als der Killer ihr Fotos seiner entstellten Opfer zukommen lässt. Und die Opferzahl wächst natürlich im Laufe der Spieldauer, zunächst noch etwas behäbig, später dann Schlag auf Schlag. Dabei ist die Liste der potentiellen Opfer und Täter lang. Da wäre zum Beispiel Glorias Freundin und Assistentin Evelyn (Daria Nicolodi) oder ihr Liebhaber Alex (George Eastman), mit dem sie sich auch mal im Whirlpool räkelt (ich bin ja froh, dass er sie nicht gefressen hat) und viele, viele mehr. Auch das damalige Popsternchen Sabrina, die einst zu ihren prall hüpfenden Möpsen Boys, Boys, Boys trällerte, lässt sich kurz blicken.

Untermalt wird der Thriller mit der stimmungsvollen, treibenden Musik von Simon Boswell, der schon Argentos Phenomena und Soavis Stagefright veredelte. Wenn doch nur der Film auch immer so flott inszeniert wäre. Er steigert sich zwar, doch die erste Filmhälfte plätschert ein wenig dahin, um Frau Grandi genügend Zeit zu geben, ihre Reize zu präsentieren. Glücklicherweise ändert sich dies im Laufe des Films und der Thrillerpart bekommt mehr Raum – und der ist weitestgehend wirklich gelungen. Dabei nimmt die Kamera hier und da die Sichtweise des Killers an, der einen eigenwilligen Blick auf die Welt hat (siehe Animation hier drunter).

Spannend wird der Film vor allem auf der Zielgeraden, wenn Gloria beispielsweise in einem menschenleeren Kaufhaus um ihr Leben bangen muss. Lamberto Bava spielt hier sehr geschickt auf der Klaviatur des Grauens und weiss simple, aber geschickt plazierte Aufnahmen von Rolltreppen beispielsweise atmosphärisch und gruselig zu nutzen. Apropos gruselig: Die Auflösung, die ich übrigens einige Minuten vorab kommen sah, ist nach Bavas ansonsten gelungenem A Blade in the Dark einmal mehr hanebüchen und toppt Letzteren sogar noch an Humbug. Ein Killer, der vollkommen freidreht und sabbernd vor seinem Opfer steht (Ich will Dich nochmal nackig sehen!ja, hat der denn die erste Filmhälfte nicht aufgepasst?), obwohl diese Person sich bis dahin immer vollkommen normal gegeben hat. Eine Schwäche, unter der viele Giallos leiden. Nichtsdestotrotz werden Fans des Genres hier recht gut bedient, auch wenn Das unheimliche Auge kein absolutes Genrehighlight wurde.

Das Mediabook bietet den ehemals indizierten und geschnittenen Film in kompletter Länge mit guter Bild- und Tonqualität. Als Bonus gibt es Trailer, den deutschen- und italienischen Vorspann, eine Bildergalerie und ein, mal wieder, gut geschriebenes Booklet von Christoph N. Kellerbach, der den Film allerdings ein wenig zu sehr über den Klee lobt. Giallofans können unbesorgt zugreifen.

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