„And Iiiiiiiiiiiiiiii will always love you…“. Ein Schmachtfetzen, den so ziemlich jeder auf diesem Planeten schon mal gehört hat, was auch Sinn macht, handelt es sich bei der Interpretin um Whitney Houston, (auch gerne mal als „The Voice“ bezeichnet), der nachweislich erfolgreichsten weiblichen Sängerin aller Zeiten, die in ihrer Karriere mehr als 200 Millionen Platten verkauft hatte. Eine unglaubliche Erfolgsgeschichte einer unglaublichen Stimme, die mit nur 48 Jahren tragisch verstummte. Mit WHITNEY HOUSTON: I WANNA DANCE WITH SOMEBODY (2022) wurde der Musikikone nun ein filmisches Denkmal gesetzt und ob das Biopic dieser auch gerecht wird, erfahrt ihr in unserer Kritik, denn der Film erscheint demnächst über Sony Pictures Home Entertainment im Heimkino.

Originaltitel: Whitney Houston: I Wanna Dance with Somebody

Drehbuch: Anthony McCarten

Regie: Kasi Lemmons

Darsteller: Naomi Acki, Stanley Tucci, Ashton Sanders, Tamara Tunie, Nafessa Williams, Clarke Peters, Daniel Washington…

Artikel von Christopher Feldmann

Am 11. Februar 2012 wurde Whitney Houston leblos in einer Badewanne eines Hotels in Beverly Hills gefunden. Die gerade einmal 48-jährige ertrank darin, was vermutlich von jahrelangem Drogenmissbrauch und einer Herzkrankheit ausgelöst wurde. Mit ihrem Tod verlor die Welt eine der größten Künstlerinnen der modernen Popmusik. Houston galt als eine der erfolgreichsten Sängerinnen aller Zeiten und verkaufte in ihrer Karriere über 200 Millionen Platten, das sind Dimensionen, die man sich im modernen Streaming-Zeitalter gar nicht mehr vorstellen kann. Songs wie HOW WILL I KNOW, die titelgebende Pop-Hymne I WANNA DANCE WITH SOMEBODY, die Ballade I WILL ALWAYS LOVE YOU aus dem Kino-Hit BODYGUARD (1992) und zahlreiche weitere Hits wurden zu Evergreens, die die in New Jersey aufgewachsene Houston mit ihrem drei Oktaven umfassenden Gesangsorgan zu etwas ganz besonderem machte. Doch ihre Weltkarriere umfasste auch viele Schattenseiten wie etwa die gewalttätige Ehe mit Bobby Brown, die finanzielle Ausbeutung durch ihren eigenen Vater und schließlich die Drogensucht. All das versucht das Biopic WHITNEY HOUSTON: I WANNA DANCE SOMEBODY (2022) möglichst unter den Teppich zu kehren, um eine relativ reingewaschene Erfolgsgeschichte auf die Leinwand zu bringen, die mehr durch mitreißende Performances und die großen Songs der Ausnahmekünstlerin begeistern soll, als mit dem tragischen Leidensweg, den man über Jahre durch die Medien mitverfolgen konnte. Bereits im Kino war dem Film kein sonderlich großer Erfolg beschienen und wenn man die knapp zweieinhalb Stunden erstmal hinter sich gebracht hat, lässt sich dies auch nachvollziehen, handelt es sich bei I WANNA DANCE WITH SOMEBODY doch weniger um ein ehrliches Portrait, sondern um ein um jegliche Ecken und Kanten bereinigtes Produkt, ohne viel Tiefgang, dass lediglich durch die gute Besetzung zusammengehalten wird.

Handlung:

1963 geboren, wächst Whitney Houston in New Jersey auf und zeigt schon früh musikalisches Talent, das von ihrer Mutter Cissy (Tamara Tunie) gefördert wird. Als Background-Sängerin bei deren Auftritten zeigt Whitney (Naomi Ackie) ihr Können und überzeugt damit auch Clive Davis (Stanley Tucci), den Inhaber der Plattenfirma Arista Records. Er bietet ihr einen Vertrag an und bringt sie noch im Alter von 19 Jahren im Fernsehen groß heraus. In den folgenden Jahren nimmt Whitney mehrere Alben auf und wird zum Superstar. Größere Hindernisse gibt es zunächst keine; lediglich Whitneys offensichtlich über reine Freundschaft hinausgehende Beziehung zu ihrer besten Freundin Robyn (Nafessa Williams) ist ihrem Vater (Clarke Peters) ein Dorn im Auge. Er möchte das makellose Image seiner von ganz Amerika geliebten Tochter nicht durch Gerüchte über Homosexualität befleckt sehen. Als Whitney den Sänger Bobby Brown (Ashton Sanders) kennenlernt und die beiden sich ineinander verlieben und schließlich heiraten, scheint sich dieses Problem von selbst aufzulösen. Doch die Ehe bleibt nicht lange harmonisch und geht schließlich wieder in die Brüche. Damit einher geht Whitneys Drogenmissbrauch, der sich schließlich nicht mehr verbergen lässt und den Menschen in ihrem Umfeld große Sorgen bereitet.

Spätestens mit dem Queen-Film BOHEMIAN RHAPSODY (2018) brach in Hollywood eine regelrechte Goldgräberstimmung in Sachen Biopics aus. Allein im vergangenen Jahr folgten auf den Aretha-Franklin-Film RESPECT (2021) sowohl ELVIS (2022) als auch WEIRD: THE AL YANKOVICH STORY (2022). Und da gab es noch die Netflix-Produktion BLONDE (2022), in der Ana De Armas Hollywoodikone Marilyn Monroe verkörpern durfte. WHITNEY HOUSTON: I WANNA DANCE WITH SOMEBODY ist im Prinzip das genaue Gegenteil von BLONDE und trotzdem genau so falsch. Während die Monroe-Biografie ein einziger Misery-Porn ist, in dem man der Hauptdarstellerin beim endlosen Leiden zusehen muss. Das Whitney-Houston-Biopic versucht sich hingegen von den dunklen und unschönen Momenten im Leben der Sängerin möglichst fernzuhalten, um sich auf die Erfolgsgeschichte zu konzentrieren, in der aus einem Gospel-Mädchen ein Weltstar wird. Dass hier viel ausgespart und geschönt wurde, zeigt schon der Blick auf die Credits, in denen Plattenboss Clive Davis als Produzent gelistet ist, der im Film von Stanley Tucci verkörpert wird und als absoluter Gutmensch verkauft wird. Dass ein Musikmagnat wie Davis, egal wie nett er auch sein sollte, einer Sängerin wie Whitney Houston von einer Welttournee abrät, möchte ich irgendwie nicht so recht glauben.

Aber das ist gar nicht mal der springende Punkt, sondern die Tatsache, dass auch so ziemlich Alles in dem Film, um jegliche Ecken und Kannten beraubt wurde. Selbst der nachweisliche gewalttätige Bobby Brown erhebt im Film nie die Hand gegen seine Ehefrau, sondern ist lediglich der draufgängerische Typ, der hier und da mal fremdgeht, who cares? Dann hätten wir noch John Houston, den Vater von Whitney, der seine Tochter Zeit ihres Lebens über den Tisch gezogen und deren Vermögen verprasst hat. Ein Konflikt, der auf nur wenige Momente verdichtet wurde, weshalb die ganze Beziehung der Beiden kaum zum tragen kommt. Stattdessen folgt man lieber den positiven Stationen, vom ersten Hit über den Aufstieg zum Superstar, bis hin zum Kinoerfolg an der Seite von Kevin Costner in BODYGUARD (1992). Dass Houstons Karriere in den späten 1990ern so langsam, von persönlichen Problemen, etwas stagnierte, Albumproduktionen ausblieben und auch ihre Auftritte nicht mehr das Niveau früherer Tage halten konnte, wird quasi im Schnelldurchlauf abgearbeitet.

Insgesamt ist WHITNEY HOUSTON: I WANNA DANCE WITH SOMEBODY Malen nach Zahlen, ein Biopic komplett nach Schema F, das so ziemlich jedes Trope bedient. Präsentiert uns der Beginn einen Auftritt bei den Grammy Awards 1994, wo sie ein legendäres Medley sang, ist man sich sofort sicher, die dramaturgische Klammer des Films vorgesetzt zu bekommen. Eine vielfach zitierte Kritik des Films lautet „I Wanna Dance with Somebody leaves you feeling like you were on stage with Whitney Houston, but didn’t really get to dance with her“ und genau das trifft auch zu. Statt eines tiefschürfenden Portraits bekommt man lediglich einen abgefilmten Wikipedia-Artikel vorgesetzt. Natürlich müssen sich auch andere Filme wie die bereits erwähnten BOHEMIAN RHAPSODY (2018) und ELVIS (2022) Kritik in Bezug auf Authentizität und realitätsgetreuer Wiedergabe gefallen lassen, jedoch waren diese immer so mitreißend inszeniert, das jene Mängel zumindest bis zu einem gewissen Grad kaschiert werden konnten. I WANNA DANCE WITH SOMEBODY ist inszenatorisch schon wesentlich behäbiger und Regisseurin Kasi Lemmons weiß nicht viel mit dem Material anzufangen oder gar einprägsame Bilder zu kreieren.

Der große Trumpf des Films ist Hauptdarstellerin Naomi Ackie, die ihr ähnlich wie Remi Malek in BOHEMIAN RHAPSODY eine wahnsinnig gute Performance abliefert. Mit fortlaufender Spielzeit verschmilzt sie immer mehr mit ihrer Rolle und man ist sich irgendwann gar nicht mehr sicher, ob man jetzt Ackie oder der realen Whitney Houston zusieht. Schauspielerisch ist das ganz große Klasse, auch wenn der Gesang natürlich aus der Konserve kommt aber solch eine Stimme gab es eben nur einmal. Der Rest der Besetzung macht ebenfalls das Beste aus dem Material. Stanley Tucci ist sympathisch, Clarke Peters wechselt gekonnt zwischen Vaterfigur und Arschloch und Nafessa Williams überzeugt als Freundin/Geliebte der Sängerin. Immerhin widmet sich der Film recht ausgewogen der Beziehung zwischen den beiden Frauen, ohne diese zu verdrängen aber auch ohne diese auszuschlachten. Immerhin.

Sony Pictures Home Entertainment veröffentlicht den Film demnächst hierzulande im Heimkino. Die uns vorliegende Blu-ray begeistert mit tollem Bild, sowie klarem wie auch sattem Ton. Im Bonusbereich gibt es diverse Featurettes, eine Einzelsonganwahl und gelöschte Szenen.

Fazit:

WHITNEY HOUSTON: I WANNA DANCE WITH SOMEBODY (2022) begeistert mittels Hauptdarstellerin Naomi Ackie, die mit der Rolle der Gesangsikone förmlich verschmilzt und eine großartige Performance abliefert. Der Rest ist dann leider nur ein gewöhnliches Biopic nach dem Baukasten-Prinzip, das sich wenig traut und nur den Karriere-Highlights wirklich Raum schenkt, während die negativen Details ihres Lebens sehr stiefmütterlich behandelt werden. Ein Film, der mit seiner Musik eine gute Zeit gewährleisten will, der Persona Whitney Houston aber somit kaum gerecht wird.

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