Ganz ehrlich? Ohne die Magie, die Starregisseur Steven Spielberg im Laufe seiner Karriere auf die Kinoleinwand zauberte, wäre ich vermutlich niemals der große Filmfan geworden, der ich jetzt bin. Doch ein Küstenörtchen, dass von einem Killerfisch terrorisiert wird, eine Kleinstadt, in der ein Außerirdischer mit langem Leuchtefinger für Wirbel sorgt, Kontinent-übergreifende Schatzsuchen eines Mannes mit Schlapphut und Peitsche, ein Park voller prähistorischer Tierarten und all die anderen Traumwelten, in die uns Illusionsmagier Spielberg entführte, betrat und betrete ich noch heute gerne. Nun widmete er sich seiner eigenen Kindheits- und Jugendgeschichte, lediglich mit veränderten Namen und kleinen Ausschmückungen, damit wir verstehen, was dazu führte, dass er sein Leben der Traumfabrik widmete. UNIVERSAL PICTURES HOME ENTERTAINMENT veröffentlichte den Film nun im Heimkino. Licht aus und Film ab.
Originaltitel: The Fabelmans
Regie: Steven Spielberg
Darsteller: Gabriel LaBelle, Michelle Williams, Paul Dano, Seth Rogen, Keeley Karsten, Julia Butters
Artikel von Christian Jürs
Prangte der Name Steven Spielberg in meiner Jugend auf einem Filmplakat, so war der Film, egal ob unter seiner Regie oder nur Produktion entstanden, im Kino wie auch auf VHS, unverzichtbar. Gut, hier und da lag auch der Meister mal daneben. Doch Ausrutscher wie Always oder 1941 – Wo bitte geht´s nach Hollywood waren eher rar gesät. Zuletzt hatte er allerdings nicht immer den richtigen Riecher und so fiel sein Musicalremake West Side Story gnadenlos beim zahlenden Publikum durch. Klar, die Branche war coronageschädigt, doch das Herzensprojekt Spielbergs wirkte leider auch etwas aus der Zeit gefallen und bot kaum etwas Innovatives, was ihn vom Originalfilm unterschied.
Auch Die Fabelmans blieb glücklos an der Boxoffice und spielte lediglich 45 Mio. Dollar weltweit ein. Das Interesse, eine persönlich inszenierte Biographie mit gut 150 Minuten Laufzeit auf der Leinwand präsentiert zu bekommen, schreckte wohl die meisten Menschen ab – mich inklusive. Dass der Film, der immerhin sieben Oscarnominierungen verpasst bekam, bei der Verleihung komplett leer ausging, schien mich zu bestätigen.
Ich hätte falscher nicht liegen können!
Denn was ich nun auf der heimischen Couch sichten durfte, war endlich mal wieder ein echter Spielberg – inszeniert mit der Spielfreude des jungen Filmemachers, der uns früher immer wieder in seinen Bann zu ziehen vermochte. Klar, sämtliche familiären Probleme, die hier zur Sprache gebracht werden, präsentiert uns der Meister mit Verständnis für alle Fronten. Dies tut dem Unterhaltungswert allerdings keinen Abbruch. Kein Wunder, versammelte Spielberg doch vertraute Wegbegleiter auf seinem persönlichsten Weg. So verfasste er das Drehbuch gemeinsam mit Tony Kushner, der bereits München, Lincoln und West Side Story schrieb. Die Musik komponierte natürlich nochmal John Williams und Kameramann Janusz Kaminski ist seit Schindlers Liste ständiger Wegbegleiter Spielbergs und sprang auch für ihn bei der Inszenierung der Landung in der Normandie mit ins Wasser während der Dreharbeiten zu Der Soldat James Ryan. Never change a winning team – eine gute Wahl.
Die Geschichte startet in den frühen 50er Jahren in New Jersey, als Spielbergs alter Ego Sammy Fabelman (Mateo Zoryan/ später: Gabriel LaBelle) im Kindesalter mit seinen Eltern Mitzi (Michelle Williams) und Burt (Paul Dano) erstmals ein Kino besucht, was ihm zunächst Angst einjagt. Doch als er Cecille B.DeMilles Die größte Schau der Welt präsentiert bekommt, verwandelt sich die Furcht langsam und allmählich in pures Staunen. Vor allem die Inszenierung eines Zugcrashs hat es ihm angetan, weswegen er sich eine Modelleisenbahn wünscht und den Zusammenstoß mit der 8mm-Kamera seines Vaters nachstellt. Sein erstes Video begeistert die Familie. Vor allem Mama Mitzi, selbst eine talentierte Pianistin die zugunsten von Ehe und Familie ihre Passion zurückstellte, erkennt das Talent des kleinen Sammy, während Papa Burt das Ganze als nettes Hobby abstempelt. Sammy filmt fleißig weiter und besetzt immer wieder seine beiden Schwestern Natalie (Alina Brace / später: Keeley Karsten) und Reggie (Birdie Borria / später: Julia Butters)
Der ist zudem ein Computergenie, weswegen er eine bessere Anstellung in Arizona erhält. Daher packt die Familie ihre sieben Sachen, inklusive Bennie Loewy (Seth Rogen), Burts Arbeitskollege und seines Zeichens bester Freund der Familie. In Arizona motiviert der jugendliche Sammy seine Freunde und Pfadfinderkameraden dazu, immer aufwändigere Filme zu drehen. Ob Western- oder Kriegsfilm, bei Vorführungen der selbstgedrehten Filme flippt die Gemeinde vor Begeisterung förmlich aus. Doch als Sammy bei einem Campingausflug die eigene Familie filmt, entdeckt er während des Schnitts etwas im Material, was er lieber nicht gesehen hätte und seine Welt ins Wanken bringt.
Steven Spielberg entführt uns in die erstaunlich mitreißende Geschichte seines Lebens, inszeniert mit der Spielfreude eines kleinen Jungens, die man zuletzt oftmals in seinen Werken vermisste. Die drei im Bonusmaterial der mir vorliegenden Blu-ray befindlichen Featurettes gehen verstärkt darauf ein, wie akribisch man beim Setdesign und vor allem der Besetzung authentisch wirken wollte. Insbesondere Letztere weiß zu begeistern. Hervorzuheben sind hier Gabriel LaBelle in der Hauptrolle und Michelle Williams, die ganz famos die etwas durchgeknallte, aber liebevolle Mutter gibt. Ihr Charakter trägt eine besonders große Last mit sich herum. Aber auch der Rest vom Cast gefällt bis in die kleinste Nebenrolle – auch ein sonst meist auf Komödien abonnierter Seth Rogen überzeugt.
Mit Sicherheit ist Die Fabelmans nicht der größte Geniestreich eines selbigen, aber ein höchst unterhaltsamer Streifen, der mehr Aufmerksamkeit verdient hätte, da der Film wirklich Spaß macht und auf den verschiedensten Gefühlsklaviaturen gekonnt spielt. Bild- und Tonqualität sind super, ich hoffe aber, dass hier noch eine 4K-UHD-Scheibe nachgeschoben wird. Ein schöner Film, der mit einem netten Cameoauftritt und einer grandiosen Schlusseinstellung endet.
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