This Time it´s personal“ lautet die Tagline, mit der das dritte- und letzte Sequel der Romanverfilmung von Peter Benchleys Schocker damals beworben wurde. Somit reiht sich Bruce der Hai, wie er einst von Spielberg getauft wurde, in eine Riege mit Charles Bronson und Liam Neeson ein. Doch was sich dahinter verbirgt, gehört zu den wohl schlechtesten Sequels der Filmgeschichte. Der Ordnung halber habe ich mich auch dieses Filmverbrechens aus dem Hause UNIVERSAL PICTURES angenommen. Wir wollen ja keine halben Sachen in unserem Medienhuren Sommercamp hinterlassen. Auch Ihr müsst jetzt stark sein, bei meinem Bericht zum weißen Rächer-Hai.

Originaltitel: Jaws: The Revenge

Regie: Joseph Sargent

Darsteller: Lorraine Gary, Lance Guest, Mario Van Peebles, Karen Young, Michael Caine

Artikel von Christian Jürs

Von wegen „Frohes Fest„. Zwar weihnachtet es auch auf Amity Island sehr, doch für Familie Brody ist es diesmal kein Grund zum Feiern. Dabei fängt alles ganz harmonisch an. Die mittlerweile verwitwete Ellen Brody (Lorraine Gary) backt Kekse, während ihr jüngster Spross Sean (Mitchell Anderson) vom Teig nascht. So ein sympathischer Schlingel aber auch. Der junge Mann ist glücklich verlobt mit der hübschen Tiffany (Mary Smith) und auch beruflich läuft alles rund, eifert er doch seinem Vater nach und arbeitet für das Amity Island Police Department. Ob er der neue Held wird? Eher nicht!

Denn als Sean abends nochmals mit dem Polizeiboot rausfahren muss, geschieht genau das, was wir von einem guten Haischocker erwarten. Das Biest attackiert den aufstrebenden Polizisten und beißt ihm zunächst den linken Arm ab (ein Effekt Marke: „Ich verstecke meinen Arm unter der dicken Jacke und schreie „Au! Au!“). Anschließend zieht der Hai den jungen Polizisten dann vollständig unter Wasser, während am Ufer eine Gruppe Sternsänger seine Hilferufe übertönt. Ein netter Einstieg. Für Sean heißt es nun jedoch: Game Over, man!

Zur Beerdigung reist sein älterer Bruder Michael (Lance Guest), samt Ehefrau Carla (Karen Young) und Töchterchen Thea (Judith Barsi) an. Seine paranoide Frau Mama klärt ihn sogleich auf: „Er hat das getan!“ Es kommt sogar noch besser. Den tödlichen Herzinfarkt ihres Mannes erklärt sie mit den Worten „Er ist aus Angst vor ihm gestorben!“ – mit „er“ und „ihm“ meint sie natürlich den weißen Hai. Eben genau den Hai, der bereits zweimal von ihrem Mann besiegt wurde (Teil 3 wird augenscheinlich ignoriert, weswegen Sean kein in Colorado lebender Cowboy mehr ist und Mike eine völlig andere Partnerin hat). Keine Frage, die Frau ist nicht mehr in der Lage, alleine klar zu kommen und etwas Ablenkung könnte sie ebenfalls gebrauchen.

Da trifft es sich gut, dass Michael mittlerweile auf den Bahamas wohnt, wo er als Meeresbiologe zusammen mit dem etwas quirligen Jake (Mario Van Peebles), arbeitet. Kurzerhand wird Mama mit ins Handgepäck gesteckt und schon geht die Flugreise per Privatmaschine in den sonnigen Süden los. Für eine erste, nette Ablenkung sorgt dann auch sogleich der lustige Hoagie (Michael Caine), der sich als Pilot seinen Lebensunterhalt verdient und generell die Sonnenseite des Lebens genießt. Etwas, dass Ellen jedoch nicht gelingt. Immer wieder spürt sie, dass der Hai ihre Familie verfolgt und umbringen will. Niemand ahnt, dass die nette Dame mit den Panikattacken so falsch nicht liegt…

Hui-ui-ui-ui-ui. Was für ein unglaublicher Käse, der hier als Drehbuch verzapft und dann auch noch zum Filmen freigegeben wurde. Ganze 23 Mio Dollar durfte Regisseur Joseph Sargent, der sonst hauptsächlich TV-Filme und -Serien inszenierte (sowie den Episodenhorror Alpträume, dessen Rezi hier in Kürze folgen wird, und den Klassiker Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 123), verpulvern, wovon man leider herzlich wenig sieht. Die Haiattrappe kam nur selten zum Einsatz und sieht auch noch viel unbeweglicher aus als in allen Teilen zuvor (die Endszene vom dritten Teil einmal nicht berücksichtigt). Seinen größten Auftritt hat die Bestie, als sie Mike bei einem Tauchgang überrascht. Diese Szene wurde von einem YouTuber mittlerweile digital überarbeitet. Jetzt wirkt die Attacke wesentlich glaubhafter und tatsächlich auch viel spannender. Seht selbst:

Doch es sind nicht nur die Effekte, die diesen Film zu einem Stinker machen. Mal ehrlich, ein Hai, der Rache an einer Familie nehmen will? Waren es seine Brüder oder Eltern, die in den Vorgängern draufgingen? Oder ist er gar der Shark from Hell, der mit übersinnlichen Kräften die Verfolgung aufnimmt? Vieles deutet darauf hin, immerhin verfolgt er die Flugzeug reisende Familie bis auf die Bahamas. Saß er etwa im Gepäckraum? Hat Ellen Brody einen Peilsender im Arsch? Wir werden es nie erfahren.

Das ursprüngliche Script unterschied sich übrigens deutlich von dem, was wir letztendlich zu gesehen bekamen. Eigentlich sollte sich Mike mit einer alten Dame anlegen, die sich als Voodoopriesterin entpuppt. Diese sollte den Hai per schwarzer Magie auf die Familie hetzen. Klingt eigentlich genauso bescheuert wie der jetzige Film, wäre aber wenigstens eine Erklärung für den Mumpitz gewesen.

Michael Caines Charakter Hoagie sollte laut Script einen düsteren Background als Drogenschmuggler bekommen. Gedreht wurden diese Szenen zwar, doch geriet der eh schon sparsam eingesetzte Hai dabei so sehr in den Hintergrund, dass dieser Plotpoint komplett fallen gelassen wurde. Caine dürfte dies nicht gestört haben, hat der den Film doch nach eigegen Aussagen niemals gesehen. „Ich habe überall gehört, dass der Film schlecht sein soll. Aber sie sollten einmal dass Haus sehen, welches er finanziert hat. Es ist wunderschön.“ Der berühmte Mime akzeptierte übrigens die Rolle nachdem er nur zwei Worte aus dem Drehbuch las. Diese lauteten: „Aufblende – Hawaii“ – Für diese Traumkulisse nahm er sogar in Kauf, seinen Oscar für Hannah und ihre Schwestern nicht entgegen nehmen zu können.

Roy Scheider wurde übrigens gefragt, ob er die Rolle des Martin Brody nochmals übernehmen würde. Die Antwort war eindeutig: „Nicht einmal der Teufel könnte mich dazu bringen, in Jaws: The Revenge mitzuspielen.“ Wer jetzt traurig ist, dem sei gesagt, dass Martin Brody diesmal nicht der Held gewesen wäre, sondern lediglich das Opfer zu Beginn. Jetzt darf seine Figur offscreen sterben und Scheider in diversen Rückblicken aus Teil eins in Erscheinung treten. Immer, wenn so ein Moment gekommen ist, denkt man wehmütig an den qualitativ um Lichtjahre besseren Erstling zurück.

Für Lorraine Gary war dies der letzte Leinwandauftritt. Eigentlich ging sie bereits 1979, nach ihrer Nebenrolle in 1941 – Wo bitte geht´s nach Hollywood, in den Schauspielruhestand. Da wäre sie vielleicht besser geblieben, denn ihre Leistung ist ziemlich bescheiden. Ihr Vorteil war eindeutig, dass sie mit dem ehemaligen Universal Pictures Studioboss Sid Sheinberg liiert war. Dieser sorgte bereits dafür, dass ihr Part im zweiten Teil größer als geplant ausfiel. Vitamin B hilft halt.

Der Bodycount von Der weiße Hai – Die Abrechnung fiel übrigens enttäuschend gering aus. In der hierzulande bekannten Kino- und auch Heimkino-Version erwischt es neben Sean lediglich eine nicht weiter bekannte Mutti, die das Pech hatte, hinter der kleinen Thea auf einem Bananenboot zu sitzen. Da unser Hai scheinbar eine Brille braucht, verfehlt er sein Ziel und frisst stattdessen halt die erfasste Beute. Dabei fällt auf, dass der Hai während des Angriffs quasi auf dem Wasser treibt und nicht darin schwimmt. Ein Knaller:

Kommen wir zum Finale und damit in den Spoilerbereich. Wer den Film noch nicht kennt und nach diesem Verriss immer noch gucken möchte, der sollte die folgenden Zeilen lieber auslassen:

Nach dem Bananenboot-Angriff entscheidet sich Ellen, mit einem Boot aufs Meer hinaus zu fahren, um sich dem Untier zu stellen. Wie sie das anstellen möchte, bleibt ein Rätsel. Gott sei dank eilen Mike, Jake und auch Hoagie zur Hilfe. Gemeinsam können sie einen Sender im Rachen des Hais platzieren. Jake wird dabei jedoch vom Hai erfasst und unter Wasser gezogen. Mike verpasst der Bestie immer wieder heftige Stromschläge mit dem Sender, was den Hai veranlasst, laut zu brüllen, was Haie bekanntlich nicht können. Das empfand der verantwortliche Soundmixer ebenfalls als unpassend, weswegen er sich weigerte, hierfür ein Geräusch zu entwerfen. Daher nutzte man einen Schrei aus einem Tom und Jerry-Cartoon (kein Witz). Unsere Helden rammen den wieder über Wasser befindlichen Hai (ist es eventuell gar eine Reinkarnation von Jesus?) dann genau an der Stelle, an der sich der Sender befindet. Dadurch explodiert der Hai (wtf?) und zerfällt in Stock Footage-Teile aus dem ersten Film. Einen lachenden Martin Brody inklusive. Glück für Jake: Der Hai mochte scheinbar kein schwarzes Fleisch und spuckte ihn vorher netterweise wieder aus, weswegen dieser das Finale überlebt. Irgendwie rassistisch von der Bestie.

HALT! STOP! – Es gibt noch ein zweites, alternatives Ende. Dieses findet man im Bonusmaterial der Blu-ray. Es lief ebenfalls in den US-Kinos, wurde zur völligen Verwirrung des Publikums dann aber auf dem Heimkinomarkt auch in den USA ausgetauscht. Wer sich den Film hierzulande mal auf ZDF oder ZDF Neo anschaut, bekommt eben diese Fassung serviert, komplett mit deutscher Kinosynchro. In diesem wird Jake nicht wieder ausgespuckt und erhöht den Bodycount auf 3. Beim Zusammenstoß mit dem Boot explodiert der Hai nicht, sondern blutet wie sau und brüllt wie am Spieß (Hai-Schaschlik), ehe er im Meer versinkt. Ein deutlich besseres Ende, welches aber letztlich auch nichts mehr rettet. Hier könnt Ihr Euch die Unterschiede einmal anschauen:

Erwähnenswert ist noch, dass Richard Dreyfuss ein Cameoauftritt angeboten wurde, den dieser ablehnte. Dafür sehen wir zwei andere, alte Bekannte wieder. Nach der Beerdigung kann man kurz Lee Fierro unter den Gästen im Haus der Brodys entdecken. Sie war die Mrs. Kintner im ersten Teil. Ebenso Fritzi Jane Courtney, die bereits in Teil 1 und 2 die Hotelbesitzerin Mrs. Taft mimte, ist hier anwesend. Ursprünglich sollte auch Murray Hamilton als Bürgermeister Vaughn seine Rolle wiederholen. Er starb jedoch kurz vor Drehbeginn.

Für die kleine Judith Barsi war dies leider der letzte Leinwandauftritt. Ihr Vater brachte sich und seine Familie am 25. Juli 1988 um. Judith war gerade einmal 10 Jahre jung. R.i.p.

Der weiße Hai – Die Abrechnung ist ein unausgegorener Quark, der zurecht als eines der schlechtesten Sequels aller Zeiten gehandelt wird. Ob die vielen verworfenen Drehbuchideen, wie der Tod eines Windsurfers oder eine Szene, in der die kleine Thea, scheinbar vom Hai hypnotisiert, langsam zum Wasser geht, wo die Bestie auf sie wartet, den Film auch nur ansatzweise besser gemacht hätten, darf bezweifelt werden. Trotzdem besitzt der Stinker einen gewissen Unterhaltungswert und wird hoffentlich irgendwann einmal von den Oliver Kalkofe und Peter Rütten berücksichtigt werden. Verdient hätte er das Prädikat SchleFaZ allemal.

Zur Kritik „Der weiße Hai“

Zur Kritik „Der weiße Hai 2“

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