Ein Gamer, der durch Können und etwas Glück die Chance bekommt, seiner Vorliebe für Rennsport nicht nur auf dem Bildschirm, sondern auch im echten Leben zu frönen, indem er durch ein Förderprogramm zum Rennfahrer ausgebildet wird. Was auf sich auf den ersten Blick wie eine absurde Geschichte findiger Drehbuchautoren liest, ist 2011 tatsächlich passiert, als Jann Mardenborough die von Nissan und Sony PlayStation ins Leben gerufene GT Academy gewann und schließlich an echten Autorennen teilnehmen durfte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis diese Geschichte auf die Leinwand gebracht werden würde, doch im Kino war GRAN TURSIMO (2023) nicht der erhoffte Hit und blieb etwas hinter den Erwartungen zurück. Nun erscheint der Rennsportfilm von Sony Pictures Home Entertainment (im Vertrieb von Plaion Pictures) für den Heimgebrauch und ob er trotzdem rasantes Spektakel bietet, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Gran Turismo

Drehbuch: Jason Hall, Zach Baylin

Regie: Neill Blomkamp

Darsteller: Archie Madekwe, David Harbour, Orlando Bloom, Darren Barnet, Djimon Hounsou, Josha Stradowski, Geri Halliwell Horner…

Artikel von Christopher Feldmann

Videospielverfilmungen erfreuen sich derzeit wieder großer Beliebtheit. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen Leinwandadaption beliebter Games nicht von Kritikern, sondern auch vom Publikum verschmäht wurden, was nicht nur daran liegen dürfte, dass Uwe Boll keine Budgets mehr zusammenbekommt, um Schindluder mit bekannten Titeln zu treiben. Der Publikumsgeschmack verändert sich auch immer wieder und vergangene Produktionen zeigen eindrucksvoll, dass solche Unterfangen durchaus funktionieren können. Die eher zögernd erwarteten Verfilmungen von SONIC THE HEDGEHOG (2020) und dessen 2022 erschienenen Sequel erwiesen sich als veritable Hits, UNCHARTED (2022) lieferte solide Abenteuerunterhaltung und erfuhr mehr Zuspruch als der neueste INDIANA-JONES-Film und THE SUPER MARIO BROS. MOVIE (2023) avancierte zum Blockbuster des Jahres. Selbst der gerade erst gestartete FIVE NIGHTS AT FREDDY’S (2023), dessen Vorlage weit weniger populär ist, macht aktuell richtig Kasse. Da fällt der Versuch Sony Pictures‘, die altehrwürdige und äußerst beliebte Rennsimulationsreihe GRAN TURISMO fürs Kino aufzubereiten, etwas aus der Reihe, denn obwohl der Film knapp das Doppelte seines Budgets einspielen konnte, reichte dies am Ende nicht für schwarze Zahlen. Das lässt sich am Ende des Tages vielleicht auf die inhaltliche Qualität zurückführen, frühstückt die From-Zero-to-Hero-Story doch sämtliche Klischees des Genres ab, ohne je eine eigene Idee anzubieten. Trotz einiger unterhaltsamer Momente, bleibt am Ende nur ein Rennen nach Fahrplan im Gewand eines PlayStation-Werbespots.

Handlung:

„Gran Turismo“-Fan Jann Mardenborough (Archie Madekwe) hat dank seiner Gaming Skills eine Reihe von Videospielwettbewerben gewonnen. Als sich der Teenager beim GT Academy Contest gegen 90.000 Konkurrenten durchsetzt und jüngster Champion des Wettbewerbs wird, darf er Nissan beim 24-Stunden-Rennen von Dubai vertreten. Rennsport-Legende Jack Salter (David Harbour) bildet den jungen Briten zum Profifahrer aus. Der Trainer bläut ihm ein: ,,Wenn du im Spiel von der Strecke abkommst, startest du neu. Wenn das in Wirklichkeit passiert, kannst du sterben!“

GRAN TURISMO (2023) basiert tatsächlich auf wahren Begebenheiten und erzählt die Geschichte des Briten Jann Mardenborough, der vom Gamer zum Rennfahrer ausgebildet wird. Dass sich die Drehbuchautoren dieser zugegeben arg konstruiert wirkenden Story gewidmet haben, dürfte wahrscheinlich der maßgebliche Grund dafür gewesen sein, dass dieser Film überhaupt gedreht wurde. Denn sind wir mal ehrlich, welche Handlung will man sonst aus einem Videospiel pressen, das eigentlich nur eine reine Simulation darstellt. Die Spielreihe besitzt keine Handlung oder irgendeinen roten Faden, sondern ist seit jeher eine Plattform, die Szenarien eines Autorennens, inklusive sämtlicher physikalischer Begleiterscheinungen für die Konsole aufzubereiten. Wie gut dies Schöpfer Kazunori Yamauchi gelungen ist, wird im Film natürlich deutlich erwähnt, denn in erster Linie hat man es hier selbstredend mit einem reinen Werbefilm zu tun, in dem sowohl das Game, als auch Sony PlayStation und Nissan alle paar Minuten angepriesen werden. Das sorgt mit Sicherheit dafür, dass einige Zuschauer, schon früh im Film die Aufmerksamkeit an den Nagel hängen, wer damit allerdings wenig Probleme hat bekommt die typische „junger Underdog bekommt die Chance seines Lebens und sich beweisen“-Geschichte vorgesetzt.

Das größte Problem ist dabei nicht die Handlung an sich, sondern Art wie sie erzählt wird. GRAN TURISMO bedient sich bei so ziemlich jedem Trope des Sportfilms im Allgemeinen und des Rennsportfilms im Speziellen. Hat man beispielsweise TAGE DES DONNERS (1990) von Regisseur Tony Scott gesehen, weiß man genau, welche erzählerischen Haken hier geschlagen werden. Es gibt den aufstrebenden Protagonisten, der die Chance seine Lebens bekommt und sich nun als absoluter Außenseiter beweisen muss, den altgedienten, harten Mentor mit weichem Kern, der früher mal ein krasser Dude war und die Hauptfigur unter seine Fittiche nimmt, die unsympathischen Konkurrenten, die ihm das Leben schwer machen, der emotionale Breakdown am Ende des zweiten Drittels und eine halbgare Romanze konnten sich die Autoren auch nicht verkneifen. Tatsächlich könnte man meinen, dass das Skript von einer KI geschrieben wurde, so maximal generisch fühlt sich der Plot an. Das wäre kein allzu großes Problem, wenn GRAN TURISMO dem Zuschauer irgendeinen Mehrwert anbieten würde. Tatsächlich bewegt sich das Ganze allerdings, wie „Jack Salter“ sagen würde, immer schön auf der Ideallinie, ohne Abweichungen oder Ausbrüche.

Dass der Film nicht völlig im Schema F versinkt, liegt in erster Linie an den Hauptfiguren, die zugegeben ganz gut funktionieren. Newcomer Archie Madekwe, der erstmals in MIDSOMMAR (2019) auf sich Aufmerksam machte, füllt seine Protagonisten mit genug Leben und Charisma, um den Zuschauer bei der Stange zu halten. Zwar durchlebt seine Figur jede zu erwartende Plot-Entwicklung, Madekwe schafft es jedoch, dass dies irgendwann nicht zu sehr auffällt. Herzstück des Films ist aber zweifellos STRANGER-THINGS-Star David Harbour als altgedienter Rennsportprofi, der zwar mit viel Härte zu Werke geht, das Herz aber am rechten Fleck hat. Natürlich eine absolut klischeebeladene Rolle aber Harbour ist einfach ein sympathischer Typ, dem man nur zu gerne zusieht. Das sieht bei Orlando Bloom schon anders aus, der hier beweist, warum er seit Jahren keine großen Rollen mehr bekommt, overacted er sich doch einen ab und wirkt zu jeder Zeit wie eine Cartoon-Figur, die überhaupt nicht in die Geschichte passt. Djimon Hounsou hat derweil als wenig verständnisvoller Vater nicht viel zu tun und auch Ex-Spice-Girl Geri Halliwell hat man schnell vergessen. Auch ein kleiner Auftritt von Thomas Kretschmann ist leicht zu übersehen.

Für die Regie zeichnet sich Neill Blomkamp verantwortlich, der nach seinem Spielfilmdebüt DISTRICT 9 (2009) als neuer Hoffnungsträger des Science-Fiction-Kinos gehandelt wurde, seitdem aber wenig gerissen hat. Seine Inszenierung wirkt daher wie eine gut bezahlte Auftragsarbeit, die Rennszenen haben zwar Dampf und hin und wieder gibt es ein paar spektakuläre Shots, insgesamt bleibt GRAN TURISMO aber hinter seinen Möglichkeiten zurück, denn kaum hat ein Rennen mal angefangen, ist es auch schon wieder vorbei. Blomkamp schafft es nicht, durch geschickte Perspektiven und einen passenden Schnitt Spannung zu erzeugen. James Mangolds LE MANS 66 – GEGEN JEDE CHANCE (2019) hat dies wesentlich besser hinbekommen und gezeigt wie man Duelle auf der Rennstrecke packend in Szene setzt. GRAN TURISMO bleibt in dieser Hinsicht anderen Genrevertretern maßlos unterlegen.

Sony Pictures Home Entertainment veröffentlicht den Film im Vertrieb von Plaion Pictures in sämtlichen Ausführungen, zusätzlich gibt es auch zwei 4K-Steelbooks, wobei eines exklusiv bei Amazon erscheint. Uns lag die Blu-ray zur Sichtung vor, die in Sachen Bild- und Tonqualität keine Wünsche offen lässt. Das Bild ist gestochen scharf und der Sound ist wuchtig, was darauf schließen lässt, wie gut die 4K-Scheibe ist. Bonusmaterial gibt es indes leider nicht viel, lediglich ein paar Deleted Scenes und den Trailer.

Fazit:

GRAN TURISMO (2023) erfindet das Rad nicht neu, sondern bewegt sich ausschließlich auf der Ideallinie. Zwar basiert der Film auf wahren Begebenheiten, bedient sich aber so ziemlich jedem Trope klassischer Underdog/Sport-Geschichten. Wem das genügt, bekommt einen soliden Sportfilm mit zwei gut aufgelegten Hauptdarstellern, den man allerdings aufgrund seines generischen Drehbuchs auch schnell wieder vergessen hat.

Amazon-Links:

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