Eltern, hört öfters auf Eure Kinder! Da konsumiere ich seit über vierzig Jahren Hörspiele, oftmals aus dem Bereich Horror, doch an die Gruselkabinett-Reihe aus dem Hause TITANIA MEDIEN wagte ich mich bis vor Kurzem nicht heran. Grund hierfür ist, dass ich mich mehr der trivialen Groschenromankunst rund um Geisterjäger oder PSA-Agenten hingab, quasi anspruchslose Kost für den Feierabend. Das Gruselkabinett hingegen, welches meine Tochter leidenschaftlich gerne hört und mir konsequent immer wieder ans Herz legte, widmet sich vorrangig der Neuinterpretation literarischer Kost, oftmals klassischer Natur. So auch die aktuelle Episode, rund um das titelgebende, leichenfressende Monster. Eine Geschichte von E.T.A. Hoffmann, der von 1776-1822 lebte und sich damals bereits mit der dunklen Seite des Menschen befasste.

Regie: Stephan Bosenius und Marc Gruppe

Buch: Marc Gruppe nach einer Erzählung von E.T.A. Hoffmann

Sprecher: Thomas Balou Martin, Jesse Grimm, Uschi Hugo, Jürgen Thormann, Arianne Borbach

Artikel von Christian Jürs

Carmilla, Frankenstein, das Phantom der Oper, Dr. Jekyll und Mr. Hyde, das Gespenst von Canterville, der Unsichtbare, … obwohl wir mit „Der Ghoul“ bereits bei Folge 186 der Reihe Gruselkabinett angekommen sind, geht dem Label Titania Medien einfach nicht der Stoff aus, so weitreichend ist die Bandbreite meist klassischer Horrorgeschichten. Ich selbst habe, aus Gründen, die ich weiter oben bereits erläutert habe, bislang nur einen Bruchteil dieser Hörspiele zu Ohren bekommen, wurde bislang aber nicht enttäuscht. Mit viel Herzblut werden die Geschichten neuinterpretiert, die trotz ihres teilweise historischen Alters noch immer bestens unterhalten und mit Respekt behandelt wurden. So auch diesmal.

Jesse Grimm

Die Geschichte handelt vom jungen Grafen Hyppolit (Jesse Grimm), der nach dem Tod seines Vaters in das Familienschloss zurückkehrt und dieses renovieren lässt. Eines Tages taucht eine alternde Baroness (Arianne Borbach) dort auf und bittet um Einlass. Zwar schildert der Oheim (Jürgen Thormann) seinem Grafen, dass dessen Vater die Dame verabscheute, doch trotzdem gewährt er der Frau den Zutritt. Eine gute Entscheidung, denn die aufdringliche Dame hat ihre liebreizende und schüchterne Tochter Aurelie (Uschi Hugo) im Gepäck, in die sich Hyppolit vom Fleck weg verliebt (da hatten Wir sind Helden damals Unrecht, als sie sangen „Aurelie, so klappt das nie“).

Da die junge Dame seine Gefühle erwidert, ziehen sie und ihre Frau Mama zu dem Grafen in das frisch renovierte Anwesen. Alles scheint perfekt zu sein und schnell verloben sich die Liebenden. Doch als eines Tages die Baroness tot auf dem nahegelegenen Friedhof gefunden wird, verändert sich Aurelie auffallend. Ihre Gesundheit scheint stark angeschlagen zu sein und auch ihr Appetit lässt zu wünschen übrig. Sie selbst warnt Hyppolit, dass etwas Schreckliches, ein Fluch, durch den Tod ihrer Mutter ausgelöst werden würde, doch ihr Verlobter glaubt fest an die gemeinsame Liebe und auch der Medicus (Lutz Reichert) vor Ort gibt Entwarnung, vermutet er doch in Aurelie keimenden Nachwuchs, der ihr seltsames, oft abweisendes Verhalten erklären würde. Doch damit liegt der Mediziner leider falsch und das Grauen nimmt seinen Lauf.

Uschi Hugo

Gruselkabinett Folge 186 beginnt ruhig und baut seine unheilvolle Atmosphäre langsam, aber stetig, auf, ganz so, wie es die Vorlage aus E.T.A. Hoffmanns (E.T.A. steht übrigens für Ernst Theodor Amadeus) Feder vorgab. Der Originaltitel der Geschichte aus der vierbändigen Reihe „Die Serapionsbrüder“ lautet übrigens „Der Vampyr“ – da ein solcher jedoch niemals auftaucht, nahmen sich die Hörspielmacher die Freiheit, ihn in „Der Ghoul“ umzubenennen. Kein allzu dezenter Name, denn somit ahnt man schnell, wohin die Reise geht. Trotzdem ändert dies nichts an der Qualität des Dargebotenen. Mit hervorragenden Sprechern besetzt und akustisch sowohl von der Geräuschkulisse wie auch der Musik von den Regisseuren Stephan Bosenius und Marc Gruppe sehr schön inszeniert, wird die ruhig erzählte Schauermär nach heutigen Maßstäben zwar niemals wirklich unheimlich, aber auch niemals langweilig. Einziger Kritikpunkt meinerseits wäre höchstens der allzu spärlich eingesetzte, aber großartige Arbeit verrichtende Erzähler Thomas Balou Martin, der bei häufigerem Auftreten die Atmosphäre eventuell noch weiter hätte vorantreiben können – aber das ist Jammern auf hohem Niveau, auf dem sich diese Hörspielproduktion eh schon bewegt.

Wer seine Hörspiele nicht allzu actionreich oder effekthascherisch braucht, der sollte unbedingt einmal zur Gruselkabinett-Reihe greifen. Von mir gibt es eine wärmste Empfehlung.

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