Der französische Theaterregisseur Florian Zeller schrieb drei Stücke zum Thema Familie, die er in Paris auf die Bühne brachte und damit einigen Erfolg hatte. Kern der Reihe sind Krankheiten, die die Beziehungen innerhalb der Familie auf die Probe stellen und ein Verständnis für die Erkrankten einfordert. Zeller schrieb seine Stücke für ein internationales Kinopublikum um und holte sich prominente Namen für die Verfilmung vor die Kamera. Den Anfang machte The Father (2020) mit Anthony Hopkins und Olivia Colman in den Hauptrollen, gefolgt von The Son mit Hugh Jackman und Zen MacGrath. The Mother ist noch ausstehend. Beim Vater war es die Demenz, beim Sohn ist es die Depression. Florian Zeller schrieb The Son für seinen eigenen Sohn, der unter Depressionen litt und verarbeitete so einige private Erfahrungen zum Thema. Eine Nähe, die dem Film gut tut, denn The Son hat eine rutschige Schwäche. LEONINE STUDIOS brachten den Film mittlerweile im Heimkino heraus.

Regie: Florian Zeller

Darsteller: Vanessa Kirby, Hugh Jackman, Laura Dern, Zen McGrath, Shin-Fei Chen, William Hope, Anthony Hopkins

Artikel von Kai Kinnert

Es könnte nicht besser laufen für den New Yorker Anwalt Peter. Die Karriere lässt keine Wünsche offen und er ist glücklich mit seiner Partnerin Beth. Das ändert sich schlagartig, als eines Tages seine Ex-Frau Kate vor der Tür steht. Sie ist voller Sorge um ihren gemeinsamen Sohn Nicholas. Er schwänzt die Schule, ist verstört und wie ausgewechselt. Er will auch nicht mehr länger bei seiner Mutter leben. Peter nimmt seinen Sohn bei sich auf und kümmert sich hingebungsvoll um ihn. Kate und Peter sind entschlossen alles zu tun, um ihrem Sohn zu helfen. Doch wird das für einen Neuanfang reichen?

Die rutschige Schwäche des Films ist die Idee, das Thema Depression einem unbedarften, internationalen Publikum zugänglich zu machen. Florian Zeller wählte für die filmische Variante seines Theaterstücks einen niederschwelligen Zugang, der sich streckenweise der altbekannten Holzhammer-Dramaturgie des x-fach zitierten Vater-Sohn-Konflikts aus US-amerikanischen Filmen bedient. Der Vater ist kumpelhaft, laut und stark, im entscheidenden Augenblick aber voller Unverständnis, eben weil er einfach auch nach 70 Minuten Laufzeit noch immer nicht erkennen kann, dass sein Sohn depressiv ist und damit ganz anders empfindet. Der Rolle des Vaters hätte Zeller gerne eine tiefere Empathie und wachere Deutung der Signale ins Drehbuch schreiben können, um so das Drama um den Sohn emotionaler zu verdichten. Ein Stückchen mehr vom europäischen Kino hätte der Rolle von Hugh Jackman gutgetan, denn nicht jedem Angehörigen eines Depressiven ist die Krankheit völlig unbekannt. Die große Stärke des Films ist dann auch nicht seine Dramaturgie, sondern die Konsequenz der Depression. Es gibt Momente im Film, die von einer authentischen Erfahrung des Regisseurs zeugen. Der Sohn ist wirklich schwer depressiv und damit für jegliche Ansprache nicht mehr erreichbar. Für den Sohn ist alles sinnlos und zutiefst traurig, so tief, dass es einen stummen Kern im Inneren sprengte, der sich nun als gesplittertes Loch schweigend durch den Lebenswillen des Erkrankten frisst. Dennoch funktionieren diese Menschen so noch eine Zeitlang. Zeller macht die Momente mit einer feinen Empathie spürbar, er ist da ganz auf der Seite des Erkrankten und lässt dabei die Eltern in verzweifelter Ratlosigkeit auflaufen.

Der Film wird von Zen McGrath getragen, der mit glaubwürdigem Spiel die entscheidenden und stummen Momente der Krankheit gut transportieren kann. Die Eltern Hugh Jackman und Laura Dern hingegen haben, dank ihrer Figurenzeichnung, einen gewissen Narzissmus und damit wenig Chance die schauspielerischen Pfade des US-Kinos verlassen zu können. Im letzten Drittel bekommt aber Jackman doch noch seine gute Szene, die ihm endlich mehr Tiefe gibt und aufzeigt, welches Potential der Film ohne international kompatible Anpassungen gehabt hätte. Einen eiskalten Auftritt hat Anthony Hopkins, der sich nach The Father bereit erklärt hatte, in The Son den Vater von Hugh Jackman zu spielen. Hopkins beherrscht auch im hohen Alter noch seinen kalten, eisblauen Blick, umrahmt von feiner Herablassung und Gehässigkeit. Ein Alptraum und ein guter Einfall von Zeller.

The Son ist ein ehrlicher Film über Depressionen. Florian Zeller hält den Sohn konsequent im Schweigen gefangen und arbeitet mit Zen McGrath glaubwürdige Feinheiten heraus, die dem Film in seinen entscheidenden Momenten eine traurige Tiefe geben. Im letzten Drittel wird der Film anrührend.

Das Bild der gesichteten, uns vorliegenden DVD ist gut, sauber und klar, der Ton ist gut. Als Extras gibt es einen Trailer.

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