Eine Leiche, noch vor dem Dessert! Was passiert, wenn ein plötzlicher Selbstmord die Dinnerparty aus dem Ruder laufen lässt? Genau darum geht es in der bissigen Komödie DREI GÄNGE UND EIN TODESFALL (2023), deren deutscher Titel nach einer x-beliebigen Whodunnit-Story aus der Feder Agatha Christies klingt, während der Originaltitel gezielt auf Alfred Hitchcocks THE TROUBLE WITH HARRY (1955) anspielt. Welches Lager die britische Produktion schlussendlich bedient, verraten wir euch in unserer Kritik, denn Pandastorm Pictures hat den turbulenten Abendschmaus just im Heimkino veröffentlicht.

Originaltitel: The Trouble with Jessica

Drehbuch: James Handel, Matt Winn

Regie: Matt Winn

Darsteller: Shirley Henderson, Rufus Sewell, Olivia Williams, Alan Tudyk, Indira Varma, Sylvester Groth…

Artikel von Christopher Feldmann

Handlung:

Das gutsituierte Londoner Ehepaar Sarah (Shirley Henderson) und Tom (Alan Tudyk) lädt ihre engsten Freunde Richard (Rufus Sewell) und Beth (Olivia Williams) zu einer Dinnerparty ein. Diese ahnen nicht, dass es sich um ein Abschiedsessen handelt, denn die stilvolle Villa muss eilig verkauft werden, um den Bankrott der Familie zu verhindern. Voller Vorfreude auf Toms Kochkünste bringen sie auch ihre alte, gemeinsame Freundin Jessica (Indira Varma) mit. Nach einem scheinbar trivialen Streit nimmt sich die berühmte Autorin völlig unerwartet das Leben. Ein Riesenschlamassel, denn mit einer Leiche im Garten droht der Verkauf der Villa an einen schwerreichen, deutschen Investor (Sylvester Groth) zu scheitern. Die einzige Lösung: Die Leiche muss weg! Was kann da schon schiefgehen?

Auf die Briten ist in der Regel Verlass, zumindest wenn es um bissige und schwarzhumorige Stoffe geht. In genau diese Kerbe schlägt DREI GÄNGE UND EIN TODESFALL (2023), steht hier doch ein auf den ersten Blick harmloses Abendessen im Mittelpunkt, das durch den plötzlichen Selbstmord der Bestseller-Autorin „Jessica“ ein jähes Ende findet. Allein die Prämisse macht Lust auf mehr und vor allem darauf, wie die Geschichte schlussendlich aufgelöst wird. Mit einer klassischen Krimikomödie hat das Ganze im Gegensatz zum deutschen Verleihtitel wenig zu tun, stattdessen handelt es sich um eine Art filmisches Boulevard-Theater, gezielt überzeichnet und durch das kammerspielartige Setting bestens für die Bühne geeignet.

Im Mittelpunkt stehen zwei Paare, allesamt befreundet und gut situiert, von denen jeder sein Päckchen zu tragen hat. Dass der einschneidende Vorfall natürlich in erster Linie dazu dient, die Figuren in die Bredouille zu bringen und langsam aber sicher Wahrheiten und Erkenntnisse ans Tageslicht zu befördern dürfte klar sein. Allerdings kann sich THE TROUBLE WITH JESSICA (so der Originaltitel) nie so wirklich entscheiden, ob er nun eine Komödie oder ein Drama sein will. Überzeugt die erste Hälfte vor allem durch pointierte Dialoge und etwas Situationskomik, widmet sich der Rest des Films vor allem den Schattenseiten der Charaktere, ihren Beziehungen und dem daraus resultierenden Konflikt. Szenen wie zu Beginn, etwa wenn plötzlich die Polizei im Haus ist oder die Leiche vor einem potenziellen Hauskäufer versteckt werden muss, machen sich auffällig rar. Der komödiantische Aspekt geht zuweilen verloren, was besonders schade ist, da dieser in der ersten Hälfte sorgsam aufgebaut wird. Hier beweist das Drehbuch ein gutes Gespür für Timing und seine Figuren, die sich konsequent die Bälle zuspielen und in ihrer Überzeichnung die Show am Laufen halten. So entpuppt sich „Sarah“ schnell als hinterlistig und skrupellos, „Beth“ als selbstgerechter Moralapostel, während „Tom“ den Ruhepol bildet. Besonders spaßig ist es aber dem hochnäsigen Anwalt „Richard“ dabei zuzusehen, wie er die Fassung verliert.

Das sorgt insbesondere für gute Laune, da man sich die perfekte Besetzung an Land gezogen hat. Sämtliche Schauspieler sind richtig gut und gehen in ihren Rollen voll auf, mit Abstand liefern Shirley Henderson und Rufus Sewell aber die denkwürdigsten Darstellungen. Etwas blass bleibt allerdings Indira Varma, die als Selbstmörderin ja irgendwie im Zentrum der Geschichte steht, vom Drehbuch aber wenige Facetten spendiert bekommt. Auch der Streit, der schlussendlich zu der Tat führt, wirkt ein wenig trivial.

Inhaltlich und auch inszenatorisch erinnert DREI GÄNGE UND EIN TODESFALL vor allem an IMMER ÄRGER MIT HARRY (1955) und dessen Quasi-Neuinterpretation IMMER ÄRGER MIT BERNIE (1989), allerdings bieten beide Filme wesentlich mehr komödiantisches Potenzial. Der Effekt im hier vorliegenden Film verpufft leider irgendwann und der Humor fährt deutlich zurück, stattdessen avanciert Matt Winns Film ab einem gewissen Punkt zum Beziehungsdrama, das aber immerhin dadurch aufgewertet wird, dass ein wenig Gesellschaftskritik mitschwingt. Es geht vor allem um den (falschen) moralischen Kompass der Menschen, die ab einem gewissen Punkt auf eigene Vorteile bedacht sind. Insofern ist es auch interessant, wenn zwei Rollen plötzlich umgekehrt werden. Für ein paar gute Momente sorgt allerdings der deutsche Schauspieler Sylvester Groth, der u.a. in Tarantinos INGLOURIOUS BASTERDS (2009) als Joseph Goebbels zu sehen war. Dieser tritt als deutscher Geschäftsmann auf und generiert mit seiner trockenen, völlig gelassenen Art diverse Schmunzler.

Pandastorm Pictures veröffentlichte DREI GÄNGE UND EIN TODESFALL im deutschsprachigen Raum. Leider erfolgte keine Auswertung als Blu-ray, neben der Digitalversion erschien lediglich eine DVD, ohne Extras.

Fazit:

DREI GÄNGE UND EIN TODESFALL (2023) ist eine kurzweilige Komödie, die gesellschaftliche Themen aufgreift und durch starke Schauspieler unterhält, in Sachen bissigem Witz allerdings ein wenig abfällt. Hier hätte es durchaus ein wenig fieser und skurriler werden dürfen, dennoch weiß der Film zu unterhalten.

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