Welchen Einfluss hat Gewalt auf Medien und inwiefern fördern Medien selbst Gewalt? Diese Frage ist im Horrorgenre, insbesondere dem des Slashers, alles andere als neu aber immer noch spannend genug, um interessante Blickwinkel herauszuarbeiten. Schauspieler, Autor und Regisseur Jay Baruchel geht dieser in SLASHERMAN – RANDOM ACTS OF VIOLENCE (2019) erneut nach und versucht sich an spannenden Ansätzen, versucht aber auch gleichzeitig die Genrefans ausreichend zu bedienen. Ob ihm dieser Balance-Akt gelungen ist, erfahrt ihr in unserer Kritik, denn Tiberius Film veröffentlicht den Streifen nach seiner digitalen Auswertung auch auf Scheibe.

Originaltitel: Random Acts of Violence

Drehbuch: Jay Baruchel, Jesse Chabot; basierend auf der gleichnamigen Graphic-Novel von Justin Gray und Jimmy Palmiotti

Regie: Jay Baruchel

Darsteller: Jesse Williams, Jordana Brewster, Jay Baruchel, Simon Northwood, Niamh Wilson…

Artikel von Christopher Feldmann

Bereits 1996 ging Wes Craven mit seinem Meta-Slasher SCREAM der einen Frage auf den Grund: Inwiefern beeinflussen Medien reale Gewalttaten? Damals waren es die klassischen Horrorfilme, die zum Gegenstand der Debatte wurden, ob Fiktion Menschen zu solchen Handlungen anstiften kann. Auch die Kehrseite der Medaille wurde beleuchtet, wenn Courtney Cox als Klatschreporterin Gail Weathers das Leid anderer Menschen für ihre Berichterstattung ausschlachtet. Gewalt und Medien sind häufig ein Wechselspiel, denn irgendwo profitieren beide Seiten von einander. War dies zu jener Zeit noch ein kleines Element in einem Film, der selbstreferenziell ein Genre dekonstruiert, geht Jay Baruchel mit SLASHERMAN – RANDOM ACTS OF VIOLENCE (2019) noch einen Schritt weiter. Nicht nur, dass es heute die Graphic Novels sind, die zum Gegenstand der Debatte werden, die Seiten des Täters und des Künstlers werden nun ganz klar miteinander verknüpft. Spannende Ansätze, die der Film allerdings nicht genügend ergründet und die ganz schnell verpuffen, zu Gunsten eines generischen und wenig aufregenden Slasherfilms.

Handlung:

Ein Serienkiller ist wieder da! Todd (Jesse Williams) ist Autor der erfolgreichen Comicreihe „Slasherman“, die auf den Taten eines echten Serienmörders basiert. Mit seiner Frau (Jordana Brewster) und Kollegen (Jay Baruchel & Niamh Wilson) befindet er sich auf Promo-Tour. Unterwegs geschehen brutale Morde, die den Taten in seinen Comics sehr ähnlich sind. Ein Verrückter scheint „Slasherman“ zu imitieren und kommt immer näher. Hat Todd ein Monster aufgeweckt?

Mit rund 80 Minuten Laufzeit ist SLASHERMAN dankbar kurz geraten, vermutlich auch, weil die Autoren Jay Baruchel und Jesse Chabot nicht so wahnsinnig viel zu erzählen oder auch ihrem eigenen Ansatz nichts substanzielles hinzuzufügen hatten. Dabei wäre hier wirklich Potenzial vorhanden gewesen, hätte man sich etwas konsequenter mit Thema auseinandergesetzt. Ein Comic-Autor, der sich für seine Werke von realen Verbrechen eines grausamen Serienkillers inspirieren hat lassen, diesen aber mit seinen Ausführungen wieder zu neuen Taten ungewollt anstiftet, ist eigentlich eine clevere Idee, die nach wie vor aktuell erscheint und reichlich Zündstoff bietet. Tatsächlich baut das Skript, welches ebenfalls auf einer Graphic-Novel basiert, den Konflikt ordentlich auf. Wir haben den Autoren, der versucht, ein passendes Ende für seine Reihe zu finden, sich auf seiner Promo-Tour aber mit Kritik auseinandersetzen muss, da er das Leid der Opfer ausbeutet und dessen Frau, die die Sensationsgier nach dem immer noch unbekannten Täter satt hat und sich mit einem eigenen Projekt daran versucht, den Opfern die verdiente Aufmerksamkeit zu geben. Auf dieser Ebene präsentiert der Film einige gute Ansätze, die die Wechselwirkung der gegenseitigen Abhängigkeit beider Parteien nachzeichnet. Ohne die grausamen Taten des „Slasherman“ hätte Todd kein Material, um sich künstlerisch auszutoben aber sind genau diese Ergüsse und die Sensationslust des Publikums, die den Killer wieder zu den Waffen greifen lässt.

Leider bleiben die Autoren und schlussendlich auch der Film dem Zuschauer einen wirklichen Pay-Off schuldig, mausert sich SLASHERMAN doch erstaunlich schnell zu einem handelsüblichen Slasherfilm, wie man ihn schon unzählige Male gesehen hat. Spätestens nach der Hälfte interessiert er sich selbst nicht mehr für seinen Kommentar, sondern frönt ganz unverhohlen dem, was der blutgierige Zuschauer sehen will, nämlich reihenweise brutale Morde und etwas Gekröse. Dabei arbeitet er sich an Kanonenfutter-Opfern ab und diskreditiert sich dabei erstaunlicherweise selbst. Wo zu Beginn noch darüber geredet wird, dass man sich auch mit den Leidtragenden auseinandersetzen und die Folgen solcher Gräueltaten beleuchten muss, setzt man später selbst nur noch auf exploitative Kills, inklusive abgetrennter Köpfe und aus dem Körper quillenden Innereien. Da werden irgendwelche Teenager bei nächtlichem Regenwetter dahingemetzelt, ohne dass diese irgendeine andere Funktion hätten. SLASHERMAN verrät sich selbst, nur um genauso belanglos zu sein wie zahlreiche andere Genre-Vertreter der unteren Preisklasse, die aber immerhin den Schneid besitzen, ihr Ding ganz durchzuziehen.

So verpufft jede Form von Kritik ziemlich schnell und genau ab diesem Punkt wird es recht öde, vor allem weil man eine wenig spannende Richtung einschlägt, Denn die Tatsache, dass es Todd selbst ist, der in das Fadenkreuz der Ermittler gerät, wird so gar nicht ausgenutzt, stattdessen bekommen wir ein wenig Katz- und Mausspiel mit einem Killer, dessen Motivationen auch eher schleierhaft bleiben. Dazu kommt noch, dass auch die Protagonisten eher farblos bleiben. Jesse Williams und Jordana Brewster bekommen als Pärchen mit unterschiedlichen Schwerpunkten in Bezug auf die Aufarbeitung der Morde noch den größten Charakter-Arc, der aber auch stiefmütterlich behandelt wird. Jay Baruchel und Niamh Wilson bleiben sogar noch uninteressanter und dienen nur als vorhandenes Kanonenfutter, damit noch ein wenig mehr explizite Gewaltdarstellung integriert werden kann. Ich mag ja das Slashergenre und kann mich an den simplen Mechaniken erfreuen, sofern sie kompetent umgesetzt werden. Hier will allerdings auch diese Ebene nicht funktionieren, denn als Slasher fehlt es dem Film an Spannung und guten Schockmomenten, als Kommentar mit Meta-Ansatz bleibt er wiederum eine dünne Nummer. Das mag auch dem Regisseur geschuldet sein, der sonst eher im humoristischen Sektor zuhause ist und dem das Fingerspitzengefühl für Horror nicht so liegt.

Bild- und Tonqualität der Veröffentlichung von Tiberius Film sind gut, als Extra gibt es leider nur den Trailer.

Fazit:

SLASHERMAN – RANDOM ACTS OF VIOLENCE (2019) bietet ein paar spannende Ansätze, die aber nicht genügend ausgearbeitet wurden, stattdessen bekommt der Zuschauer irgendwann auch nur noch das standardisierte Gemetzel geboten, dass zwar hier und da in Sachen Gore punkten kann aber ansonsten eher kalt lässt. Wäre man sich dem von Beginn an bewusst, wäre ich gnädiger aber dass man der eigentlich guten Idee so schnell den Rücken kehrt, um dann genau DAS zu sein, was man eigentlich kritisch kommentieren möchte, ist leider enttäuschend.

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