Nachschub aus Südkorea für den deutschen Filmmarkt. Normalerweise sind die Streifen meist eine sichere Bank. Selbst wenn nicht alle Plots in Gänze überzeugen können, gelingt es dem koreanischen Kino tatsächlich immer wieder, trudelnde Filmwerke mit irgendeinem Trick auf einer technisch-dramaturgischen Ebene zusammenzuhalten. Manchmal muss man als Zuschauer nur Geduld haben, denn die Drehbücher der koreanischen Filmindustrie sind meist auf den Mittelpunkt hin angelegt und verpassen dort, zuverlässig, ihrem Anliegen einen frischen Schub nach vorne. Ab Mitte der Laufzeit verändert so mancher Film also plötzlich seine Richtung und liefert ab. Mit The Negotiation erscheint nun ein weiterer Thriller aus Korea, herausgebracht von BUSCH MEDIA GROUP. 

Originaltitel: Hyeob-sang

Regie: Lee Jong-seok

Darsteller: Hyun Bin, Son Yejin, Kim Sang-ho, Jang Gwang, Choi Byung-mo, Yoo Yeon-soo

Artikel von Kai Kinnert

Ein internationaler Terrorist hat hochrangige Beamte und eine Familie in seine Gewalt gebracht. Die beste Verhandlungsführerin der Polizei soll eine Lösung der Krise herbeiführen, doch ihr bleiben nur wenige Stunden Zeit. Denn eine Eliteeinheit ist bereits auf dem Weg, um die Geiselnahme notfalls mit Gewalt zu beenden. Die Verhandlungen erweisen sich als nervenaufreibender Drahtseilakt. Der Kidnapper geht brutal und skrupellos vor, aber seine konkreten Motive und Absichten will er nicht preisgeben. Als die Unterhändlerin allerdings herausfindet, dass der Geiselgangster eine Verbindung zu einem Korruptionsskandal in höchsten militärischen und politischen Kreisen hat, spitzt sich die Situation dramatisch zu.

Es beginnt nicht gut. Der Film startet mit einem vollem Pfund an Vorhersehbarkeit, klischeehaften Figuren und einer optisch aalglatten, etwas trägen Inszenierung. Die Unterhändlerin der Polizei stöckelt im kurzem Rock und leichter Bluse während einer Geiselnahme in den Polizeieinsatz, zieht sich um und übernimmt die Verhandlungsführung, was schlichtweg eine alberne Nummer ist und den Tod der Geisel zur Folge hat. Wen wundert es.

Daraufhin kündigt die Verhandlungsexpertin ihren Dienst bei der Polizei, nur um alsbald von ihrem ulkigen Vorgesetzten wieder zurück in den Dienst gerufen zu werden. Ein internationaler Waffenhändler, ein fescher Modell-Typ im maßgeschneidertem Hemd, hat seine Streaming Cam irgendwo in einem Keller in Thailand aufgebaut und droht zwei koreanische Geiseln zu erschießen. Und Kinder außerdem, zur Demonstration werden später einige Familienangehörige vor die Kamera gezerrt. Ein heulendes Kind muss sogar ein Lied singen. Die Lage ist also ernst. Warum also nicht die scheinbar unprofessionellste Verhandlungsführerin der Welt zum Einsatz rufen?

Klar, wenn ein Modell im HD-Stream in einem poppig ausgeleuchteten Keller Ärger macht, ruft man eben sie, das Verhandlungsweibchen… und schon sollen Leben gerettet werden. Viel Dialog also, in einem Setting aus Kellerraum und 24-CTU Headquarter mit vielen Monitoren und wenigen Außenaufnahmen. Spannend, wie Gras beim Wachsen zuzusehen, denn hier wurde tatsächlich alles seiner Aufgabe entsprechend im Klischee besetzt und ausgestattet. Keep it simple. Man weiß sofort, wie der Hase läuft. Alles plätschert so vor sich hin, als Zuschauer fühlt man sich etwas unterfordert und beginnt die Filme im Regal zu zählen.

Der Schwachpunkt des Films ist seine etwas albern angelegte und unglaubwürdige Figurenzeichnung und die träge Inszenierung. Auch wenn der Produzent im Making Of damit angibt, das in diesem Streifen zum ersten Mal reale Vorgehensweisen der koreanischen Polizei bei Geiselnahmen gezeigt werden würden, kann man es kaum glauben. In der Realität hätte wahrscheinlich niemand diese Nummer überlebt, denn mit echter Verhandlungsführung und Fahndung hat The Negotiation schon allein aufgrund seiner Figuren und ihr Handeln nichts zu tun.

Das Teil droht also abzustürzen, langweilt mit seinen Klischees und der Lächerlichkeit gewisser Handhabungen. Doch irgendwie ändert sich das so ab Mitte des Films. Das Drehbuch wird besser, die Story findet eine Klammer. Es kommen neue Wendungen hinzu und die Nebenfiguren werden stärker, die Nummer wird spannender. Das liegt zum Teil an der Filmmusik, die sich ganz passabel entwickelt, und dem Verschwörungsplot in der Regierung, der durch die Nebendarsteller gut getragen wird. Das Trust Nobody Prinzip ist wahrlich selten im koreanischen Kino und findet hier, zumindest auf dem deutschem Markt, seine erstmalige Anwendung. Der Streifen wird besser als man es zu Anfang ahnen konnte, was vielleicht auch daran liegt, dass man eingelullt und weichgekocht nach jeder Überraschung lechzte… unbestritten ist jedoch, das mit Einführung des Geheimdienstes, eben Männer in schwarzen Anzügen, die Dramaturgie endlich verzahnter an Fahrt aufnimmt. Plötzlich gibt es etwas Action und die Spannung zieht an. Nun gehen alle Figuren in Ordnung, das Klischee stört nicht mehr und man ist als Zuschauer dabei. Besser spät als nie.

The Negotiation ist ein Mainstream-Thriller, der Anfangs extrem unter seiner Vorhersehbarkeit und dem unglaubwürdigen Gebaren seiner Hauptfiguren leidet. Doch ab Mitte des Films wird es besser, es kommt mehr Action hinzu, einige Figuren greifen mehr und retten so den Film in ein gesundes Mittelmaß. Nichts für die Ewigkeit, Fans aber dürfen einen Blick wagen.

Das Bild der vorliegenden Blu-ray ist gut, satt und klar, der Ton ebenso. Als Extras gibt es Behind the Scenes: Das Rezept für einen perfekten Thriller und Behind the Scenes: Son Ye-jin und Hyun Bin über ihre Rollen.

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