Da flatterte mir ein wirklich obskures Machwerk ins Haus, welches DIGIDREAMS STUDIOS kürzlich im Rahmen der Classic Cult Collection, zunächst als limitiertes Mediabook- und jetzt auch in der Amarayversion, veröffentlichte. Ein US-Psychothriller mit zarten Gialloanleihen und recht namhafter Besetzung, zumindest in den Nebenrollen, der offenkundig einige Jahre auf Halde lag, ehe er 2001 erstmals das Licht der Welt erblickte. Ein „Directors Cut„, der scheinbar damit zu kämpfen hat, dass allerlei Material in den Jahren des Schnittvorgangs verlorengegangen zu sein scheint. Immerhin, Mind Rage – The Directors Cut kommt gegen Ende mit einer interessanten und unerwarteten Auflösung daher. Mehr zum Film (natürlich Spoilerfrei), erfahrt Ihr im Artikel.

Alter dt. Titel: Mind Lies – Mörderische Wahrheit

Regie: Mark Allen Michaels

Darsteller: Michael Rogue, Charles Hallahan, Tippi Hedren, Max Gail, Andrea Leithe, Dennis Christopher

Artikel von Christian Jürs

Psychothriller mit einem Hauch Erotik waren der letzte Schrei in den Neunzigern, nachdem Basic Instinct die Kinokassen klingeln ließ. Das hat auch Regisseur Mark Allen Michaels erkannt, dessen Filmographie mit eben diesem Film startete. Fünfzehn Jahre nach Veröffentlichung von Mind Rage – The Directors Cut, folgte dann der Horrorfilm The Fiancé und zwei Jahre später ein weiterer Genrefilm namens Valentine DayZ. Diese beiden Filme scheinen, glaubt man der IMDb-Bewertung, unschaubar sein, liegen diese doch derweil bei Wertungen von 2,3 bzw. 2,2 von 10 möglichen Punkten. Drei weitere Streifen sollen mittlerweile abgedreht sein, haben aber bislang (Gott sei dank?) noch nicht das Licht der Welt erblickt. Es scheint, als habe Michaels mit seinem Erstling auch sein persönliches Meisterwerk abgeliefert, auch wenn hier qualitativ noch deutlich Luft nach oben gewesen wäre.

In Los Angeles geht das Grauen um. Ein Serienmörder, der es auf hübsche Blondinen, oft aus dem horizontalen Gewerbe, abgesehen hat, treibt sein blutiges Unwesen. Mit dem Messerchen geht Schmidtchen Schleicher um und hinterlässt am Tatort Grußbotschaften aus rotem Lebenssaft, die den ermittelnden Polizisten Jack Stillman (Charles Hallahan) aufhorchen lassen. Die Sätze, die der Cop am Tatort vorfindet, richten sich an dessen Halbbruder Michael Reid (Michael Rogue), einem Kindergärtner mit angeknackster Psyche. Der hat nämlich als Kleinkind ausversehen seine Mutter mit drei (!) Kugeln erschossen. Nicht die besten Vorraussetzungen für eine Umschulung zum Polizeidienst, die Michael allen Ernstes anstrebt, wesewegen er regelmäßig bei der Psychologin Dr. Wilma Randolph (Tippi Hedren) vorstellig werden muss. Dort erzählt er von immer wiederkehrenden Albträumen, in denen er als Erwachsener seine masturbierende (!) Mami abknallt.

Ebenfalls ins Visier von Stillman, der mit außerordentlicher Härte seiner Arbeit nachgeht, gerät sein verhasster Cousin Steve (Dennis Christopher), einem Junkie und Kleinkriminellen. Doch nachdem der knallharte Cop diesen verhaftet hat, geht die Mordserie munter weiter. Ist eventuell doch Michael der Täter? Die Opfer zumindest ähneln erstaunlich seiner verstorbenen Mutter. Und auch seine neueste Liebe, die attraktive, blonde Innenarchitektin Jessica (Andrea Leithe), passt in das Raster des Killers (blond, pralle Titten, sexgeil).

Mind Rage – The Directors Cut punktet mit einer interessanten Geschichte und relativ bekannten Gesichtern in den Nebenrollen. Max Gail zum Beispiel, der Stillmans Partner Lou gibt, war in diversen Serien (u.a. General Hospital) beheimatet. Ebenso Dennis Christopher, den Horrorfans u.a. aus der TV-Verfilmung zu Stephen Kings Es kennen dürften oder aber aus der Horrorkomödie Fade to Black – Die schönen Morde des Eric Binford in der Titelrolle. Hauptattraktion ist aber zweifelsohne Tippi Hedren, Mutter von Melanie Griffith, die einst als Alfred Hitchcocks Muse in dessen Werken Marnie und Die Vögel diente, woran sie allerdings aus Gründen ungerne erinnert wird.

Tja, und dann wäre da noch Charles Hallahan, dessen Gesicht Filmfans aus John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt wohl niemals vergessen werden (besonders, sobald die Effektschmiede zuschlägt) und der Pierce Brosnan in Dantes Peak ausbremste („Der Vulkan wird nicht ausbrechen!“ und „Die Strände werden am 4. Juli offen sein!“ – oder so ähnlich). Sein Schauspiel ist wirklich gut. Allerdings ist seine Anwesenheit auch ein eindeutiges Indiz dafür, dass Mind Rage – The Directors Cut, bereits geraume Zeit vor seiner Veröffentlichung im Jahr 2001 aufgezeichnet wurde. Der Mime verstarb leider bereits im November 1997 im Alter von nur 54 Jahren an einem Herzinfarkt – das nenn´ ich mal Postproduktion.

Doch es soll nicht das einzige Indiz bleiben, welches Probleme hinter den Kulissen signalisiert. So ist der Film, der immerhin solide, aber ohne erkennbare Handschrift von Regiemaestro Mark Allen Michaels inszeniert wurde, seltsam sprunghaft in seinen Szenenabläufen. Ja, manchmal hat man sogar das Gefühl, die Brocken von zwei unterschiedlichen Filmen zu sichten, die einfach irgendwie aneinandergeklatscht wurden. So ist es zwar durchaus unterhaltsam, den brutalen Methoden des recht unsympathischen Cops beizuwohnen, doch führen diese eigentlich zu nichts. Weit mehr Raum bekommt sein unter Mordverdacht stehender Bruder Michael eingeräumt, der sich selbstredend in ein potentielles Opfer verguckt, dem aber die Sympathien des Publikums zugeschoben werden. Der ist so nett, der kann doch gar kein blutrünstiger Killer sein – oder etwa doch?

Recht seltsam kommt auch die ein- oder andere Mordszene daher, die manchesmal keine 60 Sekunden lang andauert. Dies wäre nicht weiter schlimm, wenn nicht auch das Opfer innerhalb dieser Filmminute erst eingeführt werden würde. Das sieht dann etwa so aus, dass eine bildhübsche Blondine in die Kamera lächelt, sich durch irgendetwas erschrickt (z.B. durch eine ins Bild huschende Katze), sich dann wieder beruhigt, nur damit der Killer wenige Sekunden später dann doch noch zuschlagen kann – ein ganz alter Hut, nebenbei. Es fällt auch auf, dass immer wieder die Mordszenen durch abrupte Abblenden ins Off weggeblendet werden, noch ehe das Messer sein Opfer erreicht. Ist hier Material verloren gegangen? Oder wurden Effektszenen aus Kostengründen gar nicht erst gedreht? Diese Fragen und viele andere werden vermutlich auf Ewig unbeantwortet bleiben. Außer, Großmeister Mark Allen Michaels bricht eines Tages sein Schweigen.

Man könnte vielleicht meinen, der Film wäre fürs US-TV inszeniert worden, was die fehlende Härte erklären würde. Doch dagegen sprechen die immer wieder ins Bild gerückten, weiblichen Rundungen, die in den 90ern wohl keinesfalls in einem TV-Film aus Hollywood zu sehen gewesen wären. Nein, hier wird es andere Gründe gegeben haben. Eine Theorie meinerseits ist, wie erwähnt, dass wirklich Material über den Jordan ging, eine andere, dass Regisseur Mark Allen Michaels schlichtweg so talentfrei ist, wie die Bewertungen seiner Folgefilme vermuten lassen. Trotzdem, interessant ist Mind Rage – The Directors Cut allemal, zumal die Auflösung so unerwartet, aber auch so abstrus wirkt, dass man es gesehen haben muss. Auch, weil eine der Hauptfiguren, der/die bis dahin ganz marnierlich spielte, in den letzten Sekunden ein Overacting an den Tag legt, dass man so selten zu Gesicht bekommt. Irgendwie doof, aber auch ganz nett – so, wie der gesamte Film.

Die Bildqualität der mir vorliegenden Blu-ray reißt keine Bäume aus, was aber dem Ausgangsmaterial geschuldet ist. Der Ton ist okay, die Synchronisation brauchbar. Das Bonusmaterial besteht aus Trailern, Bildergalerien und alternativen Creditsequenzen, sowie einem Wendecover ohne FSK-Logo.

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