Paul Verhoevens Thriller-Meisterwerk BASIC INSTINCT (1992) machte nicht nur Hauptdarstellerin Sharon Stone über Nacht zum Inbegriff der Femme Fatale, sondern sorgte auch dafür, dass weltweit Kritiker, Zuschauer, sowie feministische Protestorganisationen ins Schwitzen gerieten. Auch in der Zweitverwertung auf VHS dürfte der Film sämtliche Stopp-Tasten heimischer Videorekorder beansprucht haben. Studiocanal hat dem skandalträchtigen Stück Kinogeschichte nun eine neue Veröffentlichung spendiert, die mit frisch restauriertem 4K-Master aufwartet. Ob sich der Kauf lohnt, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Basic Instinct

Drehbuch: Joe Eszterhas

Regie: Paul Verhoeven

Darsteller: Michael Douglas, Sharon Stone, Jeanne Tripplehorn, George Dzundza, Denis Arndt, Leilani Sarelle, Dorothy Malone, Wayne Knight…

Artikel von Christopher Feldmann

Betrachtet man die Karriere von Sharon Stone, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Blondine, entgegen ihres Status als Filmstar in erstaunlich wenig kassenträchtigen Filmen zu sehen war. Bekleidete sie in den 1980er Jahren vornehmlich Nebenrollen, das von Cannon Films kostengünstig produzierte INDIANA-JONES-Rip-Off QUATERMAIN – AUF DER SUCHE NACH DEM SCHATZ DER KÖNIGE (1985) und dessen Fortsetzung mal abgesehen, gelang die 1958 geborene Schönheit erst in den frühen 1990er Jahren zu Weltruhm. BASIC INSTINCT (1992) war die dritte US-amerikanische Regiearbeit des Niederländers Paul Verhoeven und sorgte schon vor Veröffentlichung für einige Kontroversen. Wegen des stark sexualisierten Drehbuchs von Joe Eszterhas traten zahlreiche Vertreter der Queer-Community San Franciscos auf den Plan, die Verhoeven aufforderten, das Projekt drastisch zu entschärfen. Als sich der Regisseur weigerte, sowohl Plot als auch Charaktere grundlegend zu verändern, kam es zu mehreren Protesten bei den Dreharbeiten, die diverse einstweilige Verfügungen zur Folge hatten. Auch die Kinoauswertung wurde von entsprechenden Gruppierungen, unter anderem der National Organization for Women („NOW„), erschwert, indem diese Kinoeingänge blockierten und mit ganzseitigen Anzeigen dazu aufriefen, den Film zu boykottieren. Dem Erfolg tat dies keinen Abbruch, BASIC INSTINCT wurde trotz Kürzungen von rund einer Minute in den USA ein Hit und spielte über 100 Mio. US-Dollar ein. Auch in den restlichen Ländern der Welt war der Erotikthriller ein großer Erfolg. Dabei stellt sich aus heutiger Sicht die Frage, warum die zahlreichen Feministen überhaupt protestiert haben, ist das spannende, sowie erotische Katz- und Mausspiel zwischen einem Detective und einer berechnenden Schriftstellerin doch in seinen Grundzügen alles andere als frauenfeindlich. Mit der neuen Veröffentlichung aus dem Hause Studiocanal kann sich dies nun einmal mehr vor Augen führen, hat der fesselnde und elektrisierende Krimi doch auch nach knapp 30 Jahren nichts von seiner Faszination verloren!

Handlung:

Der ehemalige Rockstar Johnny Boz (Bill Cable) wird während dem Sex von einer ominösen Blondine mit einem Eispickel brutal ermordet. Da der Sänger und Nachtclubbetreiber engen Kontakt zum Bürgermeister San Franciscos pflegte, werden bei den polizeilichen Ermittlungen schnelle Ergebnisse gefordert. Detective Nick Curran (Michael Douglas) und sein Partner Gus (George Dzundza) nehmen sofort die Schriftstellerin Catherine Tramell (Sharon Stone) ins Visier, die eine sexuelle Beziehung zu dem Opfer pflegte und ihn nachweislich als Letzte lebend gesehen hat. Doch die schöne Blondine entzieht sich mit ihrem selbstsicheren Auftreten und Intellekt dem Verhör. Als die Ermittler in einem von Tramell geschriebenen Roman genau jenes Mordszenario entdecken, durch das Boz zu Tode gekommen ist, steht für sie fest, dass die berechnende und hochintelligente Schönheit, etwas mit der Sache zu tun haben muss, wenn nicht gar die Täterin ist. Curran, der selbst mit inneren Dämonen und der Dienstaufsicht zu kämpfen hat, verfällt der sexuell progressiven Femme Fatale immer mehr und lässt sich auf eine Affäre mit ihr ein, beginnt dabei aber langsam zu zweifeln, ob es sich bei ihr tatsächlich um eine eiskalte Mörderin handelt. Als sich in seinem Umfeld weitere Todesfälle ereignen, mit denen er unmittelbar in Verbindung steht, beginnt der hartgesottene Cop langsam an sich selbst zu zweifeln.

Paul Verhoeven ist seit jeher ein Mann der Provokation. Egal ob in seinen europäischen Frühwerken wie TÜRKISCHE FRÜCHTE (1973) und SPETTERS (1980) oder in seinen Hollywood-Arbeiten ROBOCOP (1987) und TOTAL RECALL (1990), der mittlerweile 82-jährige Regisseur war nie um die explizite Darstellung von Gewalt und Sexualität verlegen. Trotz der nicht zimperlichen Gewaltspitzen fokussiert sich Verhoeven in seiner Film-Noir-Pastiche vorwiegend auf den körperlichen Akt. Aber BASIC INSTINCT verwendet Sex nicht nur als Schauwert, sondern setzt ihn als zentrales Leitmotiv der Geschichte ein. Catherine Tramell ist eine progressive, freizügige Figur, die mit ihrer lasziven aber auch rüden Sprache und ihren körperlichen Reizen Männer wie auch Frauen manipuliert. Den gesamten Film über steht die kühle Blondine über den Dingen und lässt die Figuren wie Marionetten zappeln. Es bleibt dem Zuschauer gar nicht anderes übrig, dies als feministischen Ausdruck zu deuten, immerhin behauptet sie sich somit gegenüber ihren männlichen Antagonisten. Sie gibt ihnen genau das, was sie wollen, bringt sie dabei um den Verstand und macht sie zu abhängigen Lustsklaven und behält dabei stets die Oberhand. Catherine Tramell ist eine starke Frauenfigur, die genau weiß was sie will und Sex nicht nur für den eigenen Lustgewinn einsetzt, sondern vornehmlich als Waffe, um ihre Ziele zu erreichen.

Ein Motiv, das Verhoeven später noch im etwas zu Unrecht gescholtenen SHOWGIRLS (1995) aufgreifen sollte, wenn auch weniger ersichtlich und nicht ganz so wirkungsvoll. Allerdings muss man ihm zugestehen, dass BASIC INSTINCT trotz der zahlreichen wie auch freizügigen Sexszenen wenig spekulativ wirkt, sondern immer ästhetisch und berauschend. Verhoeven hat ein gutes Gespür für die richtige Inszenierung der erotischen Momente, die sich anregend auf den Zuschauer übertragen. Wer hier nicht Lust bekommt, dem ist auch nicht mehr zu helfen. Bezeichnend dafür ist nicht nur der ausgedehnte Geschlechtsverkehr zwischen Tramell und Curran, sondern auch die legendäre Verhör-Szene, in der Sharon Stone den wohl memorabelsten Beinüberschlag der Filmgeschichte vollführt. Aber auch abseits der Ansicht auf ihren entblößten Schritt, punktet die Szene vor allem in Bezug auf Dialoge und Atmosphäre. Wenn die Polizisten und Anwälte schwitzend und fast schon sabbernd dreinblicken, wenn Catherine Tramell sich auf dem Stuhl windet und kultige Sätze wie „Haben sie schon mal auf Koks gefickt, Nick?“ zum Besten gibt, wird der Zuschauer schnell als Voyeur entlarvt, lechzt er doch in der Regel genauso wie die männlichen Figuren in dem kühlen Verhörzimmer.

Trotz dieser sexuellen Progressivität, die fast schon ein Novum in der amerikanischen Filmindustrie darstellt, ist BASIC INSTINCT darüber hinaus immer noch ein erstklassiger Thriller. Das Drehbuch von Joe Eszterhas, der selbst nie wieder an diese Qualität anknüpfen sollte, besitzt einen perfekten Spannungsbogen und sorgt für reichlich Nervenkitzel in dem Geflecht aus Sex, Mord und Täuschung. Fügt sich das Puzzle mit all seinen Indizien relativ schnell zusammen, wirft das Skript diese Erkenntnisse ebenso rasch wieder über den Haufen und lenkt den Plot in eine neue Richtung, nur um die Auflösung wage und mit genug Raum für Spekulation zu präsentieren. BASIC INSTINCT ist einer dieser Filme, die man noch nach dem Abspann weiter mit sich trägt, über die man nachdenkt, um sich seinen eigenen Reim darauf zu machen. Eszterhas mischt Tropen des klassischen Film-Noir mit denen früher Hitchcock-Thriller und modernisiert diese ansprechend aber auch nicht verfälschend. So fühlt sich das Ganze wie eine Hommage aber auch angenehm frisch an.

Einen großen Mehrwert bieten aber vor allem die gut aufgelegten Darsteller. Die zweifellos elektrisierendste Performance liefert Sharon Stone ab. Auch wenn man der Schauspielerin in vielen Filmen hölzerne Darstellungen vorwerfen kann, sie scheint für diese Rolle ihr ganzes Talent aufgebracht zu haben, um Catherine Tramell das gewisse Etwas zu verleihen. Eine bildschöne Frau, einnehmend, bezirzend aber auch gefährlich. Sowohl die emotionalen als auch die Femme-Fatale-Momente sitzen hervorragend und machen sie zu einer der prägendsten Frauenrollen des 90er-Jahre-Kinos. An diese Leistung konnte Stone, mit Ausnahme ihrer Darstellung in Martin Scorseses Las-Vegas-Mafia-Epos CASINO (1995), nie anknüpfen. Oscar-Preisträger Michael Douglas steht dem in nichts nach und verkörpert den aufgewühlten, immer weiter abgleitenden Cop mit Bravour. Eine Rolle, die ihm auf den Leib geschrieben scheint. Auch der Rest der Besetzung, bestehend aus Jeanne Tripplehorn, George Dzundza und Leilani Sarelle weiß zu überzeugen. Den Feinschliff liefert Verhoeven mit seiner straffen Inszenierung, die mit edlem Set-Design und exzellenter Kamera zu begeistern weiß. Für Letzteres war übrigens Jan de Bont zuständig. Auch die träumerische, aufbrausende Musik von Jerry Goldsmith untermalt das Gesamtkunstwerk perfekt.

Wer jetzt ganz heiß auf dieses Meisterwerk ist, der sollte unbedingt zur neuen Veröffentlichung von Studiocanal greifen. Das Steelbook beinhaltet eine 4K-UHD-Scheibe, die BASIC INSTINCT frisch restauriert und in bester Bild- und Tonqualität präsentiert. Das ist übrigens keine Floskel, sondern Tatsache, denn der Film sah noch nie so gut aus. Uns lag die normale Blu-ray-Variante vor, die ebenfalls in dem Set enthalten ist und schon in dieser ist die Qualität erste Sahne. Auf einer weiteren Blu-ray gibt es zudem noch jede Menge Extras. Neben der TV-Doku BASIC INSTINCT: SEX, DEATH & STONE (2020), bekommt der Sammler noch ein Making-Of, ein Featurette über Cast & Crew und die Musik, sowie einen Storyboard-Vergleich und einen Audiokommentar von Camille Paglia, Jan de Bont und Paul Verhoeven. Screen Tests, Trailer und ein umfangreiches Booklet runden das Paket ab.

Fazit:

BASIC INSTINCT (1992) ist nicht nur ein absolutes Thriller-Meisterwerk, sondern auch der, zumindest in meinen Augen, beste Film, den Paul Verhoeven je gedreht hat. Aufreizend, berauschend, fesselnd und mörderisch spannend. Eine absolute Kaufempfehlung für jeden, der sich Filmfan schimpft!

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