Nachdem die Indizierung im Oktober 2017 aufgehoben wurde, dürfen die Sperlinge jetzt endlich wieder in Freiheit fliegen. Denn nachdem der George A. Romero Klassiker nach einer Buchvorlage Stephen Kings bislang nur als limitiertes Mediabook erhältlich war, ist er ab sofort rehabilitiert als Einzeldisc verfügbar  – ab 16 und ungekürzt.

Originaltitel: The Dark Half

Drehbuch und Regie: George A. Romero

Nach einem Buch von Stephen King

Darsteller: Timothy Hutton, Amy Madigan, Michael Rooker. Julie Harris, Robert Joy

Artikel von Christian Jürs

King und Romero – als „Stark“, wie er in Deutschland aufgrund seines hiesigen Buchtitels benannt wurde, in die Kinos kam, wurden Erinnerungen an den guten, alten „Creepshow“ wach, der uns elf Jahre zuvor in Angst und Schrecken versetzte. Ich weiß noch sehr genau, wie ich Ende der Achtziger als junger Teenager an die Kurzgeschichtensammlung geriet und bereits bei Opas „Ich will meinen Kuuuuucheeeen“ in Angst und Schrecken versetzt wurde. Als „The Dark Half“ dann ins Kino kam, war ich gerade volljährig und konnte somit den ab 18 Jahren freigegebenen Film im Kino begutachten (zumal ich damals Karten für die Vorpremiere gewann).

Das Timing hätte für einen Horrorfan nicht besser sein können, denn 1993 war das Horrorgenre quasi tot. Nur sehr wenige Filme fanden ihren Weg in die Lichtspielhäuser, wie etwa „Candyman´s Fluch“, „Schlafwandler“, „Francis Ford Coppolas Dracula“ oder der unsägliche „Friedhof der Kuscheltiere 2“. Immerhin taucht der Name King in dieser Aufzählung zwei Mal auf. Es sollte noch ganze drei Jahre dauern, bis Wes Craven mit „Scream“ einen Befreiungsschlag für das geschasste Genre lostreten sollte und Horror endlich wieder massentauglich wurde.

„Stark – The Dark Half“ entstand eigentlich bereits im Jahre 1991, konnte damals aber, aufgrund des Konkurses der Produktionsfirma „Orion“ nicht veröffentlicht werden. Ebenso wie der furchtbare „Robocop 3“ verschwand er einige Zeit im Giftschrank und wurde dann 1993 endlich in die Kinos gebracht.

Die Geschichte um Autor Thad Beaumont (Timothy Hutton) entpuppt sich hierbei als Großteils Autobiographisch. Ebenso wie King selbst, schreibt dieser nämlich Schundromane unter Pseudonym. Während er sich dabei George Stark nennt, nannte King sich einst Richard Bachman („Running Man“ entstammte einer dieser Buchvorlagen). Doch irgendwann, als der König aufflog, ließ er sein Alter Ego per Zeitungsannonce an Krebs sterben.

Auch Thad Beaumont lässt seine andere Persönlichkeit, die er als Entschuldigung für massiven Alkoholkonsum nutzte, plötzlich sterben. King selbst war damals Alkohol- und Kokainabhängig. „The Dark Half“ war sein letzter Roman vor der Entzugsklinik, die er seiner Frau zuliebe aufsuchte. Somit war die Romanvorlage quasi ein Befreiungsschlag von seinem alten ich.

Doch unsere Hauptfigur macht den Abschied nicht ganz freiwillig, denn eines Tages steht ein Fan namens Fred Clawson (Robert „Land of the Dead“ Joy) vor ihm und will für die Geheimhaltung seines Wissens über Stark Geld kassieren. Nach Absprache mit Thads Verlegern wird der Tod von George Stark dann als große Medienzeremonie vollzogen, samt Abschiedsbild auf dem Friedhof. Somit war die Erpressung hinfällig.

Doch während King ein Happy End fand, fangen für unseren Helden jetzt die Probleme erst an. Die Geschichte beginnt zunächst in seiner Kindheit, als der junge Thad (Patrick Brannan), der bereits damals erste Kurzgeschichten verfasste (die sichtbare Geschichte „Here there be Tygers“ war übrigens tatsächlich Kings erste Short Story), mit Kopfschmerzen auf dem Schulweg zusammenbricht. Gelegenheit für eine erste Splatterszene, denn bei der OP wird ein nicht entwickelter Zwilling in Thads Kopf entdeckt (ein zwinkerndes Auge), welches eine Krankenschwester zu einem etwas albernen „Iiiihhh“ Aufschrei verleitet.

Doch zurück in die Gegenwart der Geschichte. George Stark (auch Timothy Hutton) lässt sich nicht einfach für Tod erklären und kehrt, höchst real, ins wahre Leben zurück um Rache zu nehmen an all denen, die seinen Fake-Tod zu verantworten haben. Seine Blutspur deutet hierbei von den Indizien her auf Thad als Täter. Doch der ermittelnde Sheriff Alan Pangoborn (Michael Rooker) zweifelt an der Schuld seines Kumpels. Und was hat es mit den Sperlingsschwärmen auf sich, die George scheinbar mit sich bringt?

Der Film war damals in Horrorkreisen gern gesehen, doch wie eingangs erwähnt, stürzte man sich zu der Zeit auch auf jeden Brotkrumen. Hauptdarsteller Timothy Hutton überzeugt als unschuldiger, smarter Autor. Leider wirkt sein alter Ego dabei ein wenig albern von den Maskenbildnern hergerichtet. Hinter den Kulissen soll die Arbeit mit Hutton übrigens sehr schwierig gewesen sein, erzählte Romero hinterher. Methodactor Hutton soll zwischenzeitlich, mitten in der Produktion, die Arbeit für mehrere Tage hingeworfen haben.

Eine besondere Freude war es für mich, Michael Rooker im Cast zu entdecken. Für die jüngeren dank „The Walking Dead“ und „Guardians of the Galaxy“ ein Begriff, bleibt er für mich immer als Henry oder an der Seite von Stallone in den Bergen in Erinnerung. Seine Figur des Sheriff Pangborn taucht übrigens in „Needful Things“, der ebenfalls 1993 erschien, gespielt von Ed Harris auf.

Eigentlich ist „Stark“ ein ordentlicher Film, wobei der letzte, große Spezialeffekt des Werkes mit den reinkopierten Sperlingen so richtig in die Grütze ging und furchtbar billig ausschaut. Romero selbst war mit der Szene nicht zufrieden, doch es fehlte das Geld für einen Neudreh.

Abgesehen davon muss man leider auch feststellen, dass Romero zu dieser Zeit langsam die Luft ausging. Seine großen Klassiker waren bereits alle im Kasten. Jeder Film, auch „Land of the Dead“, war gvegen Night, Dawn, Day oder auch „Crazies“ reinste Routinearbeit. Und so lässt Romero hier keinen eigenen Stil erkennen. Gut, der Friedhof auf dem George Stark ruht sieht zwar aus als würde Barbara dort gleich geholt werden, dass kann man jedoch nicht als Stil werten.

Die BluRay von OFDb Filmworks hat einen sauberen Ton und ein scharfes, ein wenig grisseliges (altersbedingt) Bild und ein paar Tolle Extras zu bieten. So gibt es zwei Audiokommentare. Einer eigens erstellt von den Filmexperten Kai Naumann und Marcus Stiglegger, der andere vom Meister Romero himself. Außerdem gibt es noch eine Featurette, TV-Spots und den Trailer. Das ist zwar insgesamt weniger als im Mediabook, trotzdem eine ganze Menge.

King und Romero Fans werden jauchzen. Endlich ist „Stark – The Dark Half“ ungekürzt ab 16 erhältlich (die alte Kaufkassettenfassung mit dieser Freigabe war ein fröhliches Schnittwerk). Doch allzu Innovativ ist der Film nicht geraten und gruselig wird er eigentlich auch nie. Trotzdem regiert der Kurzweil, denn langweilig wird der zwei Stunden lange, gut besetzte Film tatsächlich nicht.

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