Nun kommen wir zum „Quereinsteiger“ der Gruselserie aus dem Hause Europa. Denn „Nessie – Das Ungeheuer von Loch Ness“ schaffte es erst im zweiten Anlauf – im Jahre 2000 – in die kultige Reihe. Über das Warum und Wieso könnte man jetzt wieder mal stundenlang philosophieren, aber die Geschichte dazu sollte nun weitläufig bekannt sein. Im Artikel werde ich trotzdem noch einmal kurz darauf eingehen. Vorhang auf zum ersten Fawley-Abenteuer, das innerhalb der Reihe allerdings das letzte Fawley-Abenteuer war, und dennoch – „Aber die sind doch toooot!“ – Klappe, Jim!

Cover der 2000er Auflage (CD)

Cover der 1977er Erstauflage (MC / LP)

Regie: Heikedine Körting

Buch: H.G. Francis

Sprecher: Horst Frank, Brigitte Kollecker, Hans Daniel, Volker Brandt, Heinz Trixner, Richard Lauffen, Nicolas Körting, Rolf Mamero

Klappentext:

Seit über hundert Jahren erregt das Ungeheuer von Loch Ness die Gemüter der Zeitungsreporter und der Wissenschaftler in aller Welt. Gibt es dieses Ungeheuer eigentlich? Ein einziges Foto von Nessie, dem Ungeheuer von Loch Ness, existiert. Aber – ist es eine Fälschung? Dr. Morgan, ein bekannter amerikanischer Wissenschaftler, will das Geheimnis um Loch Ness endlich klären. Eireen Fox, eine Journalistin, und ihr Kollege Tom Fawley wollen sich die zu erwartende Sensation nicht entgehen lassen…

Artikel von Victor Grytzka

Als ich nach einer – der Pubertät geschuldeten – Hörspielpause die Gruselserie wieder für mich entdeckte, griff ich auf die CDs („Rückkehr der Klassiker“) zurück, und bestellte mir im Europa Onlineshop sogleich das komplette Paket mit 18 CDs. Doch nanu!? Watt’n datt’n? Wo sind denn die „Horror Pop Sounds“ geblieben, und wo kommt „Nessie“ plötzlich her? Und damit starten wir schon den kleinen Exkurs in Sachen „Bohn / Brac“, der zum Wegfall und Ersatz der Nummer 15 führte.

Okay, okay – nicht dass es nachher heißt, wir hätten die Pop Sounds ignoriert. Denn ursprünglich erschien in der Erstauflage der Gruselserie eine LP / MC mit den gesammelten musikalischen Werken, die in den Schauergeschichten zu hören waren, und die mit für die tolle Atmosphäre der Hörspiele verantwortlich waren / sind. In den Europa Studios wurde die Musik von einem gewissen „Bert Brac“ komponiert. Allerdings war dies ein Pseudonym für mehrere Komponisten, zu denen auch der Musiker Carsten Bohn gehörte. Sein Stil war es, der uns zu Gräfin Dracula, Kapitän Hummunk und Co. in andächtiger Furcht schunkeln ließ. Bei der erneuten Veröffentlichung gab es dann allerdings einen unschönen Zwist, bei dem es in erster Linie um das liebe Geld ging. Dies werde ich nicht vertiefen, da mir dieses Thema mittlerweile zu den Ohren (wie passend) heraushängt, um man sowieso nie wirklich weiß, wer denn jetzt wo was wie gesagt hat und wer so wirklich im Recht ist. Ende vom Lied – Musik weg, keine Horror Pop Sounds, dafür aber Nessie, eine neu aufgelegte Folge aus den 1970ern. Und da diese Folge (Pop Sounds) sowieso keine Handlung aufweist, so schön die Musik auch ist, werden wir sie hier auch nicht im Detail besprechen.

Horst Frank

Dafür habe ich mich damals dann doch sehr gefreut, denn „Nessie“ war nicht nur eine Folge die ich noch nicht kannte, es kamen auch meine Lieblinge – die Fawleys – darin vor. Leider ergibt das im Rahmen der Reihe ein Logikbruch, da nach Folge 6 (Das Duell mit dem Vampir) ja eigentlich Zapfenstreich bei den Fawleys, die hier noch als Duo Fox / Fawley unterwegs sind, angesagt war. Nun ja, da dieses Hörspiel hier aber früher erschienen ist, kann man das nicht ändern. Und wirklich schlimm ist es auch nicht.

Direkt zu Beginn der Folge bekommen wir die maximale Humor-Offensive von Tom und Eireen um die Ohren gehauen, als den Beiden mitten in der Schottischen Pampa am Loch Ness ein Autoreifen flöten geht. Alleine der Reifenwechsel, oder besser gesagt der Versuch eines Solchen, wird schon zu einem Sketch, den man sich gerne bildlich vorstellt während Frank und Kollecker ihre verbalen Attacken aufeinander los lassen.

„Hurra…HURRAAA, wir haben einen Platten! Und keine Tankstelle in der Nähe, sicherlich nicht. Und wie ich den verdammten Laden hier kenne, haben wir auch keinen Wagenheber und auch keinen Reservereifen. Und wenn wir einen Reservereifen haben, dann hat der Reservereifen ein Loch! Und wie schön dass es donnert, und wie schön dass es blitzt!“

(Tom Fawley)

Brigitte Kollecker

Und so beginnt das wilde Abenteuer, welches sich am Ende als etwas ungewöhnlich entpuppt, denn im Grunde merkt man schnell dass „Nessie“ nicht so recht in die Gruselreihe passen möchte. Vielmehr haben wir es hier mit einer Mystery-Geschichte zu tun, die zuweilen mehr an Hörspiele wie „Fünf Freunde“ oder „Die drei ???“ erinnert, als an Horror. Zunächst geht man mit einem Trupp, darunter auch der knorrige Lord Cattenburry und der kleine Billy, auf Ungeheuer-Jagd im Loch Ness. Tom nimmt die Sache locker, während Eireen ein ungutes Gefühl hat. Nach dem Fund einer Leiche – oder dem, was davon übrig ist – geht Billy über Bord. Ab diesem Punkt tauchen die Fox-Fawleys immer weiter in die Geschehnisse ein, erforschen dabei Gewässer und Gemäuer, und stoßen so schließlich auf das Geheimnis. Ohne spoilern zu wollen – erfrischend anders, aber deshalb nicht schlechter als andere Folgen der Reihe, ein würdiger Ersatz.

Dabei punkten tolle Sprecher und eine makellose Inszenierung. Neben den Fawleys hat mir hier insbesondere Richard Lauffen (ein Gladbacher Jung‘ – meine Wahlheimat) als „etepete“ Lord gefallen, der genau den perfekten Ton für diese Rolle trifft. Aber ein Charakter, der ging so gar nicht. Der vorlaute und klugscheißerische Billy, der so alles an Kindern hervorhebt, was einem richtig auf die Nerven gehen kann. Naseweis, Plappermaul, „Herr Lehrer, ich weiß was…“. Ihr wisst was ich meine. Die Effekte (rauhe See, Sturm, Wind, Wetter, Gewitter) schaffen eine mysteriös-bedrohliche Atmosphäre, die die – an sich – etwas zurückhaltend gestaltete Story ein wenig in Richtung „Grusel“ schubst.

Richard Lauffen

Leider konnte ich dieses mal nicht zu weit ausholen, denn wenn man bei „Nessie“ gewisse Details erzählt, so nimmt man zu viel von der Story vorweg. Dies liegt einfach am Genre, welches das Hörspiel bedient. Es werden immer wieder dezente Hinweise eingestreut, die am Ende eine schlüssige Auflösung bieten. Für mich eine richtig gute Folge, die alleine schon wegen den Fawleys zum Pflichtprogramm gehört! Ein würdiger „Lückenbüßer“ der Gruselserie.

„Wuuuuaaaaaahhhahahahahah, Wuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuhaaaaa!“

(Tom Fawley)

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