„Wir sind ein Forschungsteam und keine Sternenkrieger!“. Das geht mir als „Trekkie“ nicht nur runter wie Öl, es trifft auch perfekt den Grundton der fünften Episode der Gruselserie. Wäre doch der Forschungsdrang der „Xeron 4“ Besatzung nicht so groß gewesen, so hätten sie sich einen wahren Horror-Trip im All ersparen können. Gelingt die Kombination aus Sci-Fi und einer der bekanntesten Horror-Figuren? Star Trek meets Count Dracula… Energie!

Buch: André Minninger

Regie: Heikedine Körting

Musik: Jan Friedrich Conrad, Peter Morgenstern, Constantin Stahlberg, Betty George, Kristian Körting

Sprecher: Christian Brückner, Gertie Honeck, Merete Brettschneider, Romanus Fuhrmann, Peter G. Dirmeier, Anna Carlsson, Jürgen Uter, Udo Schenk

Klappentext: Die Besatzung des Raumschiffs Xeron 4 stößt bei der Erkundung eines unbewohnten Planeten auf ein seltsames Relikt aus vergangenen Zeiten: Ein verketteter Sarg, von Menschenhand geschaffen! Bei der Bergung des antiken Fundes entdeckt die Mannschaft ein blutiges Geheimnis!

Artikel von Victor Grytzka

Endlich wieder Dracula. Der Blutsauger entpuppt sich in Horror-Hörspielen immer wieder als Grusel-Garant! Interessant sind dabei Geschichten, die die klassische Figur des Untoten in neue Szenarien werfen. Denkt man dabei an die „Neon-Grusler“, so werden schöne Erinnerungen an „Draculas Insel“, „Gräfin Dracula“ oder „Dracula trifft Frankenstein“ wach. André Minninger verfrachtet den Spitz-Zahn in die ferne Zukunft, genauer gesagt auf ein Forschungsschiff der Föderation. Klingt gut? Wir werden sehen…

Die Crew der „Xeron 4“ hat ihre Mission im All erfüllt und befindet sich auf dem Weg zurück zur Erde. Als sie dann den Befehl erhalten einem Notsignal auf einem verlassenen Planeten nachzugehen, weckt Captain Alexandrowna (Gertie Honeck) ihre Crew aus dem Cryo-Schlaf, und schickt ihr Team auf die Oberfläche des Planeten. Neben dem Wrack einer russischen Rakete stoßen sie dabei auf einen Sarg, der mit Ketten umwickelt ist. Dieser wird für weitere Untersuchungen mit an Bord genommen. Doch niemand ahnt, dass sie damit den Fürsten der Dunkelheit, Graf Dracula (Udo Schenk), aus seinem ewigen Gefängnis befreit haben…

Gertie Honeck

Nach dem „Projekt X“ Totalausfall war meine Skepsis gegenüber einer weiteren Folge mit Sci-Fi Thema doch recht hoch. Aber „Dracula“, ich liebe Dracula! Und – ich betone es immer wieder – jedes Hörspiel bekommt von mir eine faire Chance. Warum ich übrigens „Star Trek“ in der Einleitung genannt habe? Ganz einfach. Herr Minninger scheint selbst „Trekkie“ zu sein, anders kann ich mir die Stimmung dieser Folge nicht erklären. Der Soundtrack, die Atmosphäre, die Crew – all dies hat den Beigeschmack einer klassischen „Trek“ Episode. Hervorragend besetzt ist dabei Captain Alexandrowna, gesprochen von Gertie Honeck, die bereits in „Star Trek – Voyager“ ihre Qualitäten als taffe Führungskraft als Synchronstimme von Captain Janeway (Kate Mulgrew) unter Beweis stellen durfte. Hier wirkt es fast so, als würde sie diese Rolle noch einmal aufleben lassen. Ein sehr nettes „Zuckerl“ für Anhänger des ST-Universums.

Ende des Ausfluges, zurück zur Geschichte des Hörspiels. Der Aufhänger ist wirklich interessant gestaltet, und hat schon fast etwas mystisches. Eine russisches Wrack auf einem lebensfeindlichen Planeten und der verkettete Sarg. Schon das lässt vermuten dass jemand sicher gehen wollte, dass dieses Objekt nie gefunden werden sollte. Die darauf folgende Vorstellung der Crew gibt ebenso ein rundes Gesamtbild ab und schafft eine lockere Stimmung die für den „Bruch“ in der Geschichte, der nach der Bergung folgt, einen hervorragenden Nährboden schafft. Ich muss hier aufpassen dass ich nicht zu sehr in den Spoilerbereich rutsche. Nur so viel. Graf Dracula nutzt seine dunklen Kräfte dazu einen Teil der Crew zu manipulieren, und so aus seinem Sarg entkommen zu können.

Udo Schenk

Nach diesen Ereignissen beginnt die eigentliche Horror-Story, die eine böse und finstere Atmosphäre versprüht. Angenehm düster. Udo Schenk gibt einen bedrohlichen Grafen ab, der zudem um einen flapsiger und schwarzhumorigen Spruch nicht verlegen ist. Natürlich müssen einige Crewmitglieder dran glauben, mal klassisch durch einen Biss in den Hals, aber auch mal etwas extremer. Es gibt einen doch recht gemeinen „Kill“ im Hörspiel, der zwar nicht besonders grafisch ist, den man sich aber mit etwas Phantasie doch recht unangenehm vorstellt.

Es passiert ständig etwas. Längen gibt es in dieser Geschichte keine. Die Charaktere sind glaubwürdig und überzeugend dargestellt. Die Logik im Ablauf des Hörspiels (im gesteckten Rahmen des Genres) funktioniert reibungslos. Minninger hat aus diesem Szenario eine tolle Geschichte herausgeholt, die für mich das derzeitige Highlight der Reihe darstellt. An diesem Niveau darf sehr gerne festgehalten werden.

Anna Carlsson

Die Produktion an sich besticht durch einen tollen Cast. Hier möchte ich Anna Carlsson hervorheben, die mich sehr überzeugen konnte und die Vielseitigkeit ihrer Rolle (ein Feuerwerk verschiedenster Gemütszustände) hervorragend darstellt. Auch Gertie Honeck ist über jeden Zweifel erhaben. Sie ist ein Captain aus dem Bilderbuch. Mal recht locker, doch wenn es darauf ankommt, beweist sie Führungsqualitäten. Dies alleine durch die Stimme zu transportieren schafft sie ohne große Mühen. Schenk passt zu Dracula wie die Faust aufs Auge, seine Interpretation des Charakters hebt die dunkle Seele des Untoten hervor. Beängstigend und Faszinierend. Sehr schön ist auch die Wahl von Christian Brückner als Erzähler, auch wenn er relativ wenig zu sagen hat, ein Profi durch und durch.

Musik und Effekte geben keinen Grund zur Klage. Die Atmosphäre eine Sci-Fi Story im Weltall ist sehr gut eingefangen, und das ohne sich dabei auf einen mit Effekten überladenen „Krieg der Sterne“ (Pun intended) zu verlassen. Manchmal liegt in der Ruhe die Kraft. So viel wie nötig, ohne dabei in „Style over Substance“ abzurutschen. Zum Soundtrack sei gesagt, dass die neuen Musikstücke das gebotene Schauspiel sehr schön untermalen und einen angenehmen Mix aus „Sci-Fi-Classic“ und Gruselgeschichte erklingen lassen. Der Clou für Freunde der Europa-Klassiker: ein paar Musikstücke der „Dracula – Jagd der Vampire“ / „Dracula – Die Geschichte des berühmten Vampirs“ Vertonung haben es in die Geschichte geschafft.

Christian Brückner

Abschließend sage ich – Bravo! Graf Dracula in solch ein Szenario zu werfen erfordert Mut und Kreativität. Operation gelungen! Das ist genau das, was ein gutes Hörspiel ausmacht. Dazu eine einwandfreie Produktion und das Ding läuft wie geschmiert. Weiter so! Die beste Folge der Reihe, eine interessante Fortführung der „Dracula“-Story. Ein wenig „Star Trek“, eine Prise „Alien“ – schön. Ein Lob spreche ich hier auch gerne an Wolfram Damerius aus, der mit seinem Cover-Artwork die Essenz dieser Folge auf den Punkt eingefangen hat.

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