Wenn ein neuer Klopper mit dem alten Haudegen Dolph Lundgren erscheint, klopft das Fanherz der Freunde des markigen Schweden schneller vor Freude. Doch Vorsicht ist geboten, denn auf jeden guten B-Kracher des Schweden erscheinen mittlerweile im Schnitt zwei Gurkenfilme, die die Welt nicht braucht. Zu welcher Kategorie diese Neuveröffentlichung aus dem Hause TIBERIUS FILM gehört, in der sich auch Danny Trejo, Chuck Liddell, Sean Patrick Flanery und Kampfamazone Natalie Burn die Ehre geben, erfahrt Ihr im Artikel.

Originaltitel: Acceleration

Regie: Michael Merino, Daniel Zirilli

Darsteller: Natalie Burn, Sean Patrick Flanery, Dolph Lundgren, Chuck Liddell, Danny Trejo

Artikel von Christian Jürs

Gleich zu Beginn heißt es aufatmen bei den Lundgren-Fans, denn nicht nur, dass er in Minute eins bereits auftritt, er wird hierzulande auch von Stammsprecher Manfred Lehmann eingesprochen, was keine Selbstverständlichkeit ist. Zusammen mit Natalie Burn steht er am Kofferraum eines Wagens, der prall gefüllt mit Knarren ist. Sie bewaffnen sich, betreten ein Haus und das Ramba-Zamba kann beginnen. Yeah! Volle Breitseite Action gleich beim Start, dass scheinen kurzweilige 85 Minuten zu werden. Oder?

Nun ja, was zunächst auffällt ist die eigenwillige Beleuchtung durch bunte, meist gut sichtbar im Bild platzierte Leuchtstofflampen, vorrangig in pink, blau und rot. Handelt es sich um eine Schießerei in einem Edelpuff? Nein, die Beleuchtung zieht sich, soviel sei hier verraten, durch den gesamten Film. Ein Stilmittel, welches einen künstlichen Look erzeugt, der die Erwartung aufkeimen lässt, dass jeden Moment Dick Tracy um die Ecke kommen könnte. Apropos künstlich, der kurze Eröffnungsshootout, bei dem wild mit dem vorhandenen Arsenal an Plastikwummen geschossen wird, besitzt das wohl mieseste CGI-Mündungsfeuer, dass mir seit langem vor die Linse kam. Egal, hauptsache, es knallt.

Ohne weitere Erklärung rast im Anschluss Frau Burn mit ihrer getunten Karre durch eine coole Neonlichtwelt, unterlegt mit flotter Musik und den ablaufenden Credits. Der Schnitt ist gut und der Name des Cutters im Vorspann eine echte Überraschung. Es handelt sich nämlich um Regisseur Mike Mendez (Big Ass Spider), der mit Lundgren in der Hauptrolle bereits den höchst unterhaltsamen The Demon Hunter inszeniert hat. Die Erwartungshaltung ist somit wieder gestiegen. Kommen wir also zur Haupthandlung.

In dieser begleiten wir allerdings nicht Lundgren, sondern Natalie Burns, die Acceleration – Gegen die Zeit auch produzierte. Die aus der Ukraine stammende, ehemalige Balletttänzerin mit Kampfsporterfahrung vergab die Hauptrolle an sich selbst, weil sie wohl bock auf Action hat. Sie spielt Rhona, die von Gangster Vladik (Lundgren!) eine Reihe von Aufträgen zugeteilt bekommen hat, die sie innerhalb einer Nacht erfüllen muss. Als Druckmittel behält Vladik ihren Sohn Mika (Dobromir Mashukov) in seiner Gewalt, den sie nur zurück bekommt, wenn alle Aufgaben erfüllt sind. Ein Wettlauf gegen die Zeit.

Naja, Wettläufe sehen freilich anders aus. Rhona lässt sich Zeit, kehrt auch mal zwischendurch in einem Diner ein, wo sie auf den größenwahnsinnigen Gangsterboss Kane (Sean Patrick Flanery) trifft. Dieser hat einen Hang zum Overacting und spielt auch gerne mal grundlos Russisch Roulette mit Leuten, die er gerne aus dem Weg räumen möchte. Ein echtes Herzchen mit Vorliebe zu klebrigem Kuchen aus besagtem Diner. Sein Part verbreitet den größten Spaß beim Zuschauer, gibt er sich doch ziemlich over the top.

Lundgren hingegen, der einst als Bösewicht in Universal Soldier brillierte, agiert auf Sparflamme. Den Großteil seiner, auf wenige Minuten beschränkten, Laufzeit sitzt er bei neonpinkem Licht vor einem Bildschirm in einem schmalen, hässlichen Raum, den sich wohl niemand so einrichten würde. Dabei wirkt er schläfrig und desinteressiert. Gleiches gilt für Danny Trejo, der kurz vorbei schaut. Einziger Unterschied seines Auftritts ist, dass bei ihm das Neonlicht rot leuchtet.

So ziehen die Filmminuten recht quälend vorüber. Hin und wieder erfüllt Rhona einen ihrer Aufträge, darf ein paar Leute recht blutarm totschießen und ein paar müde choreographierte Kämpfe zum Besten geben. Schade, denn fit scheint sie zu sein. Irokese Chuck Liddell darf als Handlanger des Bösen Kane grimmig dreinschauen und kann im Finale in einem kurzen Fight gegen Dolph Lundgren antreten, der leider den Tiefpunkt der 85 Minuten Laufzeit darstellt. Lundgren stützt sich die ganze Zeit an einem Baum ab, als habe er den Wodkavorrat beim Catering ausgesoffen.

Alles in allem haben wir mit Acceleration – Gegen die Zeit einen müden Neo-Noir-Actionthriller mit durchdachter Optik (oder gabs die Neonröhren lediglich im Ausverkauf?), gutem Schnitt (Mendez versteht sein Handwerk) und wenig Überraschungen (allein die Eingangssequenz verrät bereits zu viel). Lundgren und Trejo wirken gelangweilt. Flanery hingegen bereitet im Nicolas Cage Modus einigen Spaß. Frau Burn ist motiviert, kann dank 08/15-Drehbuch und mäßigem Schauspieltalent jedoch zu wenig aus ihrer Hauptrolle herausholen. Ihr Schicksal ist einem schlichtweg egal. Einen Zusatzpunkt gibt´s für Manni Lehmann, der mit 75 Lenzen immer noch perfekt auf Lundgren passt.

Beinharte Lundgren-Allesgucker kommen an Acceleration – Gegen die Zeit nicht vorbei und können den Film in der hinteren Ecke des Regals, gleich neben Shark Lake und Kindergarten Cop 2 versteckt halten. Wer einen wirklich guten Streifen von ihm aus der jüngeren Vergangenheit sichten möchte, sollte lieber zu Skin Trade oder Demon Hunter greifen.

Trailer:

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