Vor 35 Jahren, im Oktober des Jahres 1985, saß der kleine Chrischi an einem Samstagnachmittag im Kino, um sich einen Film mit dem Titel DIE EINSTEIGER anzuschauen. Es handelte sich dabei um den vierten Auftritt der SUPERNASEN Thomas Gottschalk und Mike Krüger, die diesmal mittels VIDEO-INTEGRATOR in bekannte Hollywoodblockbuster eintauchen konnten. Für mich, als zehnjähriger Bub, war das damals ganz großes Kino und natürlich hätte ich selbst gerne so ein Gerät gehabt. Hach, wo hätte ich alles eintauchen können, z.B. in die Filmographie von Gina Wild oder gar in Gina Wild selbst. Naja, vielleicht nicht im Alter von zehn Jahren, aber definitiv später wäre das ein Traum gewesen. Jetzt, wo ich den Film erfolgreich aus meinem Gedächtnis verdrängt hatte, kommt aus dem Hause WOLFY OFFICE plötzlich ein Sequel in Hörspielform daher. Dieses verzichtet auf den Kalauerhumor von Thommy und Mike und bietet sogar ein klein wenig Horror obendrauf. Would you like to know more?

Regie: Kim Jens Witzenleiter

Drehbuch: Thomas Plum

Sprecher: Kevin Kasper, Felix Strüven, Toni Michael Sattler, Marvin Kopp

Artikel von Christian Jürs

Max (Kevin Kasper) erhält überraschend ein Erbe von seinem Onkel Mike (Michael Birkenfeld). Überraschend, weil er seinen Onkel gar nicht kannte. Noch überraschender aber soll das Erbe selbst sein. Es handelt sich um den eingangs erwähnten und zudem noch titelgebenden Video-Integrator. Wer damals (oder heute oder wann auch immer) Die Einsteiger mit den schauspielerisch nicht allzu begabten Thomas Gottschalk und Mike Krüger gesehen hat, weiß, wovon ich hier schreibe (sofern man sich daran erinnern mag. Für alle anderen: Es handelt sich um ein Gerät, mit dem man in Filme, die auf VHS vorliegen (für die Jüngeren unter Euch: VHS ist eine Art analoges Netflix), „einsteigen“ kann. Sprich, man findet sich plötzlich in der Handlung des Spielfilms wieder. Damals betraten die beiden Supernasen Werke wie Tanz der Vampire, was sicherlich nicht die beste Idee war. Wichtig war aber lediglich, dass die Fernbedienung zum Ausstieg in greifbarer Nähe war, wenns brenzlig wurde.

Kevin Kasper

Begeistert erzählt Max seinen Kumpels Mark (Felix Strüven), Paul (Toni Michael Sattler) und Dominik (Marvin Kopp) von seiner neuesten Errungenschaft. Um sie zu überzeugen, betreten die Freunde einen alten Western, wo diese erstaunt herausfinden, dass man die Welt im Video-Integrator nicht nur sehen, sondern auch schmecken und vor allem fühlen kann. Nein, keine Sorge, sie fangen sich keine Kugel ein, aber ein Besuch bei einer Prostituierten bringt die Erleuchtung. Warum nicht als Reiseveranstalter für Ausflüge, insbesondere in das Reich sogenannter „dänischer Western„, ordentlich Kohle verdienen? Schließlich würden die Männer aus ihrem Bekanntenkreis einen Haufen Kohle dafür hinlegen.

Felix Strüven

So machen sich die Jungs an die Arbeit, um dem Gerät ein Update zu verpassen, damit auch Blu-rays und Streamingdienste für die Filmreisen genutzt werden können. Nach vollbrachter Arbeit sieht es so aus, als könnten die Jungs die schnelle Kohle mit dem Gerät machen, denn die Nachricht von der Reise ins Land der Filmfantasie spricht sich wie ein Leuchtfeuer herum. Natürlich kommt es zu schwerwiegenden Komplikationen, überraschenderweise sogar mit Todesfolge. Doch damit nicht genug, denn außerdem ist da noch dieser Slasher-Streifen, aus dem der Killer in die reale Welt entwischen kann…

Toni Michael Sattler

Ich gebe es offen zu: Als ich erfuhr, dass es sich bei dem von Thomas Plum geschriebenen Drehbuch um ein Sequel der bekannten, deutschen Kalauerkomödie handelte, sträubten sich mir vorab die Nackenhaare. Doch diese Furcht war total unbegründet, denn Video-Integrator geht, Gott sei´s gedankt, komplett andere Wege und übernimmt nur das Grundgerüst der Handlung. Der Witz kommt wesentlich feinsinniger daher und die Figuren handeln nachvollziehbar im Rahmen des schwarzen Humors. Natürlich würden die meisten Männer nur Pornos besuchen und keine Vampir- oder Abenteuerfilme, wo sie sich in Gefahr begeben. Wozu auch, wenn man stattdessen Spaß haben kann? Dem Hörspiel gelingt dabei, trotz einer erstaunlichen Laufzeit von 80 Minuten, kontinuierlich Spannung aufzubauen, was unter anderem am guten Skript des Autoren liegt.

Marvin Kopp

Doch nicht nur das Drehbuch überzeugt, auch die Inszenierung von Kim Jens Witzenleiter inklusive der gut eingesetzten Sound- und Musikeffekte und vor allem die Sprecher überzeugen durch die Bank weg. Nur nebenbei bemerkt, gibt es von denen beim Video-Integrator um die dreißig Akteure, die dem Hörspiel leben eingehaucht haben. Darunter tauchen Namen wie Stephanie Preis, Henrike Tönnes oder Kim Jens Witzenleiter und Thomas Plum höchst selbst auf. Respekt für so viel Aufwand. Großes Lob an Alle und dazu noch die erstaunliche Erkenntnis, dass Felix Strüven wie der junge Jens Wawrczeck klingt.

Szene aus Die Einsteiger

Für mich die Hörspielüberraschung 2020 (zumindest bislang), welche ich ohne Einschränkung empfehlen möchte. Doch ich muss vorab nochmal den Papa raushängen lassen und anmerken, dass die Freigabe ab 12 Jahren eher unangemessen ist. Warum? Nun, zum Einen geht es in der ersten Hälfte primär ums ficken (verzeiht, ich zitiere nur) und ums ficken und ums ficken und…ehe die Story sich im letzten Drittel um 180 Grad dreht und zum spannenden Horrorthriller mutiert, in dem (wenn auch herrlich selbstironisch), Nebenfiguren zu saftigen Schmaddersoundeffekten gemeuchelt werden. Hier sollten Eltern vielleicht erstmal Probe hören. Letztlich egal, ich bin 45 Jahre alt und hatte eine Menge Spaß mit dem Video-Integrator. Onkel Mike, wenn Du mich hörst, ich will auch einen haben.

Trailer:

Zurück zur Startseite