Als hätten wir derzeit nicht schon genug mit Viren, Mutationen und ähnlichem zu tun, bringt Busch Media einen weiteren Film in die DVD-Regale, der zur aktuellen Lage passt. INFECTION (2019) ist das Spielfilm-Debüt des Regisseurs Flavio Pedota und hat eine turbulente Produktionsgeschichte hinter sich. Ob es sich bei dem Werk um einen weiteren handelsüblichen Zombie-Seuchen-Reißer der Güteklasse B handelt oder doch mehr dahinter steckt als man zunächst vermuten mag, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Infección

Drehbuch: Flavio Pedota, Yeimar Cabral

Regie: Flavio Pedota

Darsteller: Rubén Guevara, Leonidas Urbina, Magdiel Gonzáles, Genna Chanelle Hayes…

Artikel von Christopher Feldmann

Wir schreiben das Jahr 2021 und befinden uns immer noch inmitten der Corona-Krise, ausgelöst durch ein Virus, dass das kulturelle und vor allem soziale Leben entscheidend beeinträchtigt hat. Natürlich eine Steilvorlage für findige Produzenten, die aus jedem erdenkbaren Szenario ein wenig Kapital schlagen wollen und die Märkte dieser Welt mit entsprechenden Produktionen fluten, die inhaltlich mit realen Situation vergleichbar sind oder sich ihr zumindest geringfügig anbiedern. Nicht nur wurden fast vergessene Viren-Thriller wie CONTAGION (2011) oder OUTBREAK (1995) wieder ans Tageslicht befördert, auch die DVD-Regale und Video-on-Demand-Anbieter verhökern mehr oder weniger gelungene Streifen wie den koreanischen Schocker CONTAMINATION (2012) oder diverse Low-Budget-Heuler wie INFECTED – TÖDLICHER VIRUS (2018). Mit INFECTION (2019) gibt es jetzt neuen Stoff für ausgehungerte Genre-Fans, die in Filmen nur zu gern die Welt an tödlichen Pandemien zu Grunde gehen sehen. Der nachweislich erste Zombiefilm aus Venezuela trifft dabei ganz gut den Nerv der Zeit, hat auch politischen Subtext zu bieten, bleibt letztendlich aber auch nur ein weiterer Zombieschinken.

Handlung:

Der junge Arztes Adam (Rubén Guevara) wird von seinem Sohn getrennt, nachdem ein mutiertes Tollwut-Virus für Chaos sorgt. Auf der Suche nach seinem Kind muss sich der Vater seinen Weg durch zerstörte Städte, trostlose Landschaften und über leichengepflasterte Straßen bahnen. Plünderer und blutrünstige Infizierte werden zur stetigen Bedrohung. Während das Militär längst die Kontrolle verloren hat, besteht die einzige Hoffnung für das Überleben aller in einem Impfstoff, um die Seuche einzudämmen. Gemeinsam mit einem Schweizer Wissenschaftler, dem er auf seiner Odyssee begegnet, versucht Adam, dem Geheimnis des Virus auf die Spur zu kommen und damit auch das Leben seines Sohnes zu retten. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt

Als Low-Budget-Filmer hat man es nicht leicht, vor allem wenn man hochwertige Genre-Ware produzieren möchte. Regisseur Flavio Pedota kann davon sicher sein ganz eigenes Liedchen singen, erwies sich die Produktion seines Zombie-Seuchen-Horrorfilms INFECTION (2019) als äußerst schwere Geburt. Nicht nur, dass Pedota das gesamte Budget durch Crowdfunding zusammenkratzen musste, der Dreh musste sogar von der Polizei geschützt werden. Denn die anhaltenden Unruhen in Venezuela sorgten immer wieder für erschwerte Bedingungen. Dessen war sich der Regisseur und Co-Autor aber sehr wohl bewusst, ist der Film doch eine Abrechnung mit dem Maduro-Regime, das nicht unbedingt für seine Nächstenliebe oder gar für das Einhalten rechtstaatlicher Prozesse bekannt ist. Pedota übt versteckt schärfste Kritik an den Machtsinhabern seines Landes, was prompt dazu führte, dass INFECTION in Venezuela verboten ist. Nett oder?

Jedenfalls ist Pedota schon von vorneherein etwas mehr Anspruch und Credibility zuzuschreiben als den meisten anderen Horrorfilmern, denen es ja oft sowieso nur um den Effekt geht. Der vorliegende Film hat wirklich etwas zu sagen und behandelt Themen, die heute aktueller denn je sind, auch wenn das Corona-Virus bisher niemanden in in ein bluthungrigen Sicko verwandelt hat. Und trotzdem ist INFECTION kein sonderlich gelungener Film, bedient er doch so ziemlich jedes Klischee eines herkömmlichen Menschenfresser-Streifens. Die Geschichte um einen Arzt, der sich auf der Suche nach seinem Sohn mit allerlei Hindernissen auseinandersetzen muss, der von Infizierten aber auch von Plünderern oder ähnlichem Gesocks belästigt wird, haben wir schon oft gesehen und dieser venezolanische Film erzählt sie uns ein weiteres Mal. Natürlich wird der vorhersehbare Plot mit allerlei Nebencharakteren gewürzt, die nach dem 1×1 des Horrorfilms funktionieren. Dazwischen gibt es immer wieder Angriffe durch infizierte und den obligatorischen Dude, der nach einem Biss behauptet, es wäre nichts passiert.

Bei all dem politisch aufgeladenen Subtext wäre es lobenswert gewesen, hätte man sich die Mühe gemacht, die gewohnten Bausteine zu umschiffen, mal einen etwas anderen Weg zu gehen und mit den Konventionen zu spielen. Pedota macht davon erstaunlich wenig und lässt sich stattdessen schon etwas zu viel Zeit, bis es wirklich mal zur Sache geht. Das sorgt aufgrund der mittelprächtigen Schauspieler dafür, dass man schnell das Interesse verliert, auch wenn sich INFECTION Mühe gibt, dieses wieder zu wecken. Rubén Guevara ist ein solider Hauptdarsteller, dem aber schlussendlich das Charisma fehlt, um vollends zu überzeugen. Der Rest der Besetzung ist erstaunlich wenig memorabel, lediglich der Schweizer Wissenschaftler bringt noch etwas Schwung ins Spiel. Ob Adam am Ende seinen Sohn in den Armen hält, ist da schon fast Nebensache.

Eine Lanze muss man allerdings für den Regisseur brechen, denn dessen Arbeit kann sich trotz inhaltlicher Unzulänglichkeiten erstaunlich sehen lassen. Wenn man bedenkt, dass hier nur ein schmales Budget zur Verfügung stand, ist man umso mehr erstaunt, wie wertig der fertige Film aussieht. An über 60 Locations gedreht, beweist Pedota, dass man viel erreichen kann, wenn man nur genug Energie und Willen investiert. So gibt es einige actionreiche Aufnahmen und auch einige eindrucksvolle Set-Pieces zu bewundern. Wenn man sich bewusst macht, dass die Dreharbeiten selbst von einem Virus heimgesucht wurden, welches eine Epidemie in Südamerika ausgelöst hat, kann man mit Fug und Recht behaupten, dass der Regisseur etwas auf dem Kasten hat. Abstriche muss man hingegen beim Gekröse machen. Wirklich Splatter gibt es nicht zu bewundern, die Freigabe ab 16 Jahren ist vollkommen angemessen.

Nicht so lobenswert ist allerdings die deutsche Bearbeitung. Zwar sind Bild- und Tonqualität der Scheibe aus dem Hause Busch Media ausgezeichnet, die Synchronisation allerdings sehr unterdurchschnittlich und mit weniger guten Sprechern ausgestattet. Im Bonusmaterial findet sich lediglich eine Trailershow. Immerhin muss man nicht auf ein Wendecover ohne FSK-Flatschen verzichten.

Fazit:

Durchaus ambitionierter Seuchen-Zombie-Horror aus Venezuela, der sich besonders durch seinen politischen Subtext von der Masse abhebt und auch inszenatorisch durchaus mit Talent gesegnet ist. Am Ende des Tages ist INFECTION (2019) aber auch nur ein weiterer Film dieses Genres, der bereits zu genüge beackertes Land bespielt.

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