Meine erste Begegnung mit den Fischwesen der dritten(?) Art war im Jahr 2001, als ASTRO die deutsche Erstveröffentlichung auf DVD heraushaute. Vorher hatte ich schon in einem Fanzine von der „unglaublichen Trash-Granate“ (oder so ähnlich) gelesen und Italo-Exploitation war zu dieser Zeit sowieso genau mein Ding (…ist es auch heute noch). Der Film sollte mich nicht enttäuschen. Da hat ASTRO wirklich einen dicken Fisch an Land gezogen. Seit dem 7. Dezember 2020 ist der Streifen hierzulande auch auf Blu-ray zu haben – zunächst nur in einem limitierten Mediabook von DIGIDREAMS. Seit dem 29. April 2021 gibt es ihn auch einzeln auf Blu-ray und DVD in der CLASSIC CULT COLLECTION. Ob der Film seinem Ruf gerecht wird und ob sich eine Neuanschaffung lohnt, erfahrt ihr in der folgenden Besprechung.

Originaltitel: Plankton

Regie: Alvaro Passeri

Darsteller: Clay Rogers, Sharon Twomey, Michael Bon, Laura di Palma, Ann Wolf, Deran Sarafian

Artikel von Holger Braasch

Fünf junge Leute machen mit einem kleinen Segler einen Törn übers Meer. Mike (Clay Rogers), Bobby (Michael Bon), Margareth (Sharon Twomey), Dorothy (Laura di Palma) und Julie (Ann Wolf) sind in Partylaune, doch das Wetter erweist sich als fieser Spielverderber – und so finden sich die fünf bald in einem höchst ungemütlichen Sturm wieder. Als auch noch der Motor des Bootes ausfällt, wird es brenzlig, denn es stellt sich heraus, dass man für die Reise ein größeres Boot gebraucht hätte. Zum Glück taucht plötzlich eine Luxusjacht auf, die den fünf jungen Leuten sicheren Schutz bietet. Doch die Besatzung scheint spurlos verschwunden zu sein und ein merkwürdiges Gen-Labor im Schiffsinneren lässt darauf schließen, dass hier keine Reisegesellschaft unterwegs war. Offensichtlich wurde hier mit prähistorischen Raubfischen herumexperimentiert, doch das ist noch nicht alles. Die Einrichtung erinnert nämlich an ein Luxusbordell und der Bordcomputer spricht mit einer aufreizenden Frauenstimme – Dark Star lässt grüßen. Als Bobby einen Beutel mit weißem Pulver findet, scheint der Abend gerettet – das muss ein ganz tolles Zeug sein, dass sich die Herren Wissenschaftler da reingezogen haben. Mike ist da eher skeptisch und rät (vernünftigerweise) vom Konsum ab. Da die Verpflegung aber noch ganz gut aussieht, stärkt man sich erst einmal, was für Dorothy noch böse Folgen haben wird – sie hatte nämlich Fisch.

Bald stellt sich heraus, dass doch nicht die gesamte Besatzung verschwunden ist. Man trifft auf einen verletzten Mann, der offensichtlich schwer unter Schock steht und wirres Zeug brabbelt. Es handelt sich um Professor Clark (Deran Sarafian), der Versuche mit radioaktivem Plankton durchführte, was wiederum zu Mutationen bei den Versuchstieren geführt hat. Eines davon ist bereits zu einem Monstrum herangewachsen und schleicht auf dem Schiff herum. Es handelt sich dabei um einen Mutanten, der sowohl im Wasser als auch an Land leben kann. Als Dorothy plötzlich Krämpfe bekommt und eklige Tierchen (u. A. einen hüpfenden Hirschkäfer) auskotzt, beginnt die Situation außer Kontrolle zu geraten. Nur Mike behält einen kühlen Kopf und versucht, mithilfe der Forschungsunterlagen, einen Ausweg aus der misslichen Lage zu finden. Bobby zieht sich derweil die vermeintliche Droge rein und geht erst einmal mit Julie pimpern. Doch die Droge entpuppt sich als genveränderndes Teufelszeug und sorgt für Horrorsex in der Kuschelkajüte. Nur Mike und Margareth sind anscheinend noch nicht infiziert. Und es kommt noch dicker – denn die Mutanten reagieren auf sexuelle Aktivitäten in ihrer Umgebung. Das nenne ich mal eine verfickt verzwickte Situation! Zusammen mit dem Professor, versuchen Mike und Margareth die Monster zur Strecke zu bringen, doch das ist leichter gesagt als getan. Letztlich bleibt nur noch die Flucht – denn schiffbrüchig auf dem Meer treiben ist immer noch besser, als von Mutanten vollgeschleimt zu werden.

Obwohl die Teenager mal wieder als überwiegend unsympathische Nervensägen dargestellt werden, machen die einfallsreiche Inszenierung und die charmant billige Machart den Streifen zu einem kurzweiligen Vergnügen. Außerdem können Mike und Margareth im letzten Drittel doch noch ein paar Sympathiepunkte für sich verbuchen. Alvaro Passeri kam mit seinem Flossenhorror eigentlich zu einem Zeitpunkt heraus, in dem solche Filme eher nicht so gefragt waren. Nachdem sich James Camerons (etwas unterschätzter) The Abyss (1989) doch nicht als der große Erfolg herausstellte, ebenso wie diverse (übrigens auch sehr empfehlenswerte) Filme, die im Fahrwasser von James Camerons Film entstanden, wie Deep Star Six (1989), Leviathan (1989) oder auch Sirene I (1990), dauerte es erst einmal ein paar Jahre, bis sich Hollywood wieder an Sci-Fi- und Horrorstoffe, die auf hoher See spielen, herantraute. Doch bereits ab Ende der 90er-Jahre kamen wieder Filme, wie Octalus – Der Tod aus der Tiefe (1998), Virus – Schiff ohne Wiederkehr (1999) und natürlich The Deep Blue Sea (2001) in die Kinos. Unbedingt erwähnenswert ist noch die britische Produktion Proteus – Das Experiment (1995), der hierzulande leider nur auf VHS erhältlich ist. Thematisch ist er Creatures from the Abyss sehr ähnlich, jedoch ist er lange nicht so trashig, sondern sogar richtig fesselnd und durchaus gruselig. Ein Geheimtipp!

Alvaro Passeri (auch: Al Passeri) begann als Produktionsdesigner und Assistent für Spezialeffekte. 1977 war er Assistant Art Director bei Angriff aus der Tiefe (was dem Film allerdings nicht viel brachte). Für Enzo G. Castellaris Dschungel-Django (1979) machte Alvaro Passeri die Spezialeffekte und 1983 arbeitete er bei Ruggero Deodatos Atlantis Inferno an den Miniaturen. Alvaro Passeri produzierte auch zwei seiner Filme selbst: Die Mumie schlägt zurück (2000), bei dem er auch das Drehbuch schrieb, und Creatures from the Abyss (1994). Letzterer wurde kurioserweise einem gewissen Joe D’Amato (bürgerlich: Aristide Massaccesi) zugeschrieben, was aber nicht stimmt. Das zeigt aber auch, wie unbekannt Alvaro Passeri, trotz seiner doch recht langen Laufbahn im Filmgeschäft, geblieben ist. Das sollte sich nach der Veröffentlichung von Creatures from the Abyss schlagartig ändern, denn der Billigstreifen wurde schnell zu einem gesuchten Trash-Kultfilm. Damals war der Film noch bekannter unter seinem Originaltitel Plankton. Bei Creatures from the Abyss konzentrierte sich Alvaro Passeri auf die Regiearbeit und überließ die Effektarbeiten anderen. Diese können sich durchaus sehen lassen und sind schön grotesk ausgefallen, was den Spaßfaktor noch erhöht.

Lediglich ein paar visuelle Effekte sehen etwas seltsam aus. Vor allem bei der Szene, wo eines der Mädels mutiert und plötzlich etwas undefinierbares aus ihrem Mund schießt – direkt auf die Kamera zu. Was das darstellen sollte, kann ich nicht sagen. Sieht aus, wie ein missglückter 3D-Effekt. Soweit ich weiß, war aber nicht geplant, den Film in 3D zu veröffentlichen. Ziemlich skurril ist bei dieser Szene auch, dass der Fischmutant plötzlich sprechen kann. Also nicht das Mädel spricht, sondern der Mutant mit seiner eigenen Stimme – und die klingt wie der mutierte Dr. Jenning in Howard – Ein tierischer Held. Schon alleine wegen dieser Szene muss man Creatures from the Abyss meiner Meinung nach gesehen haben – einfach herrlich dieser monstermäßige Unfug! Durch das bizarre Setting hebt sich der Film schon erfrischend von ähnlich gelagerten Filmen ab. Die Inneneinrichtung des Forschungsschiffes sieht aus, wie ein High-Tech-Bordell auf hoher See – und gleich daneben gibt es ein Mad Scientist-Labor des Grauens, wo Fischmutanten ausgebrütet werden, die auf sexuelle Aktivitäten reagieren. Wer zum Henker denkt sich so etwas aus? Das Drehbuch stammt von einem gewissen Richard Baumann und blieb offenbar auch seine einzige Arbeit. Jedenfalls konnte nichts weiter über diesen Herrn recherchieren.

Deran Sarafian ist der Sohn von Regisseur Richard C. Sarafian, der 1971 den Kultfilm Fluchtpunkt San Francisco gedreht hat. Deran Sarafian gab sein Regiedebüt 1986 mit dem B-Schocker Alien Predators. Ein Film, der überwiegend verrissen wurde, was ich sehr schade finde, denn Alien Predators ist ein atmosphärisch dichter Epidemie-Schocker mit gut aufgelegter Besetzung und hervorragend platzierten Schreckmomenten. Auch die Figurenzeichnung hebt sich erfrischend von vergleichbaren Filmen aus dieser Zeit ab. Ich habe jedenfalls mit den Charakteren mitgefiebert. Alien Predators ist meiner Meinung nach eine kleine B-Film-Perle, die ich mir immer wieder mal ansehen kann. Neben vielen Regiearbeiten für TV-Serien, lieferte Deran Sarafian auch den Actionthriller Tödliche Geschwindigkeit (1994) ab, mit Charlie Sheen, Nastassja Kinski und James Gandolfini vor der Kamera. Als Schauspieler trat Deran Sarafian nur selten in Erscheinung, z. B. in Ein Mann wie Dynamit (1983), Zombie III (1988) und Gunmen – Hetzjagd durch den Dschungel (1993). In Creatures from the Abyss spielt Deran Sarafian den unter Schock stehenden Professor Clark und wird nicht einmal in den Credits genannt.

Seinem Ruf als Trashgranate wird Creatures from the Abyss jedenfalls gerecht – und in dieser Kategorie habe ich schon einiges gesehen. Alvaro Passeris Film macht mir immer noch einen Heidenspaß. An dieser Stelle möchte ich auch seinen nachfolgenden Film Die Mumie schlägt zurück wärmstens empfehlen, der wohl als Parodie gedacht war, aber sicher bin ich mir da nicht. Und wenn ich mir das kurze Interview mit Alvaro Passeri im Bonusmaterial ansehe, frage ich mich, warum man das Interview damals schon mit Sicherheitsabstand gedreht hat. War sich Alvaro Passeri vielleicht bewusst, dass er den absoluten Trash gedreht hat und fürchtete sich vor fliegenden (Killer-)Tomaten? Irgendwie wirkt das Interview, als hätte man es zwischen Tür und Angel geführt – und im Hintergrund regnet es offenbar.

Die deutsche DVD von ASTRO präsentiert den Film im unmaskierten Bildformat 1,33:1 (4:3), hat deutschen, englischen und japanischen Ton an Bord und zusätzlich noch 3 Extra-Tonspuren: Eine für die Soundeffekte, eine für die Musik und eine, wo beides zusammen gemixt ist. Der Sinn dahinter war ursprünglich, dass sich Fans ihre eigene Synchro zusammenbasteln können. Die gelungenste Synchro sollte dann auf einer Special Edition veröffentlicht werden, was aber leider nicht geschah. Im Bonusmaterial finden sich der Verkaufsteaser, der Originaltrailer, der japanische Trailer, ein kurzes Interview mit Regisseur Alvaro Passeri, eine Slideshow, ein paar Screenshots der japanischen DVD sowie eine Infoseite zum Film. Die später erschienene DVD von MARKETING entspricht der DVD von ASTRO. Übrigens brachte MARKETING auch Alvaro Passeris Die Mumie schlägt zurück heraus. Vielleicht beschert uns DIGIDREAMS demnächst auch von diesem Streifen eine Blu-ray.

Die früheren Auflagen aus der Welt des Alvaro Passeri

Das Mediabook von DIGIDREAMS präsentiert den Film nun erstmalig als HD-Veröffentlichung, was aber keine allzu großen Erfahrungen schüren sollte. Zur Qualität der HD-Veröffentlichung heißt es: „ACHTUNG: Für diesen Film gibt es weltweit leider kein 35mm-Material. Darum wurde dieser Film von einem original PAL-DigiBeta-Mastervideoband Bild für Bild auf das Full-HD-Format angepasst!“ (Zitat des Labels). Das Mediabook ist auf 500 Stück limitiert und enthält ein 8-seitiges Booklet mit einem Text von Nando Rohner. Die Extras wurden von den älteren DVDs übernommen, wobei jedoch die 3 Extra-Tonspuren wegfallen. Außerdem hat man bei den Texttafeln das Material nicht fachgerecht konvertiert, wodurch der Text nun nicht mehr so gut lesbar ist, wie noch auf den älteren DVDs. So hat man im Endeffekt nur eine etwas bessere Bildqualität beim Hauptfilm, den man zum Glück im unmaskierten Bildformat 1,33:1 belassen hat. Das Bild ist deutlich sauberer, als bei den älteren DVDs und sieht erstaunlich gut aus, wenn man bedenkt, dass das Material eigentlich kein richtiges HD hergab. Seit dem 29. April sind Blu-ray und DVD auch als Einzelveröffentlichung erhältlich.

Trailer:

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