Russland entwickelt sich, neben den Kollegen aus dem asiatischen Raum, immer mehr zum Top-Lieferant für interessante Genrefilme. Neben Fantasy, stehen vor allem Horror- und Science-Fiction hoch im Kurs. Mit SUPERDEEP (2020) veröffentlichen Koch Films nun nach mehrmonatiger Verschiebung einen weiteren sehenswerten Streifen im Heimkino, der in der Tradition von Klassikern wie THE THING (1982) steht. Ob die russische Produktion diese Klasse auch nur ansatzweise erreichen kann, erfahrt ihr in unserer Kritik!

Originaltitel: Kolskaya sverhglubokaya/The Superdeep

Drehbuch: Arseny Syuhin, Samuel Stewart Hunter (englische Version)

Regie: Arseny Syuhin

Darsteller: Milena Radulovic, Sergey Ivanyuk, Nikolay Kovbas, Vadim Demchog, Kirill Kovbas….

Artikel von Christopher Feldmann

Momentan liegt Russland in Sachen Genrekino weit vorne und immer häufiger geraten die entsprechenden Filme in den deutschen Verleih. In den letzten Jahren erreichte daher so manche Perle ein breites Publikum. Sei es das schwer unterhaltsame und verdammt blutige Kammerspiel WHY DON’T YOU JUST DIE (2019) oder der packende Science-Fiction-Horror SPUTNIK (2020), das russische Kino bietet immer mehr interessante und sehenswerte Beiträge, die sich vor westlichen Produktionen kaum verstecken müssen und auch SUPERDEEP (2020) ist der Beweis dafür, dass man mit den Russen rechnen muss. Zwar lassen sich auch hier ein paar erzählerische Holprigkeiten und unterschriebene Charaktere nicht leugnen, Fans deftiger Kost bekommen aber dennoch einen erstaunlich kompetent inszenierten und atmosphärisch gestalteten Schocker geboten.

Handlung:

Mehr als zwölf Kilometer tief reicht das geheime Bohrloch von Kola – so weit sind Menschen noch nie in unsere Erde vorgedrungen. Entsetzen macht sich breit, als aus den Tiefen Schreie und verzweifelte Stimmen zu hören sind. Umgehend lassen die Behörden das Loch wieder schließen. Die Wissenschaftlerin Anna (Milena Radulovic) und ein kleines Team von Forschern wagt sich noch ein letztes Mal so tief unter die Erde und will dem Ursprung der Vorkommnisse auf den Grund gehen. Was ist verborgen im Inneren unseres Planeten? Die Antwort übertrifft ihre schlimmsten Befürchtungen: Mit einem Mal liegt das Schicksal der Menschheit in ihren Händen…

Man mag es kaum glauben aber SUPERDEEP basiert tatsächlich auf wahren Gegebenheiten, naja zumindest in loser Form. Die Kola-Bohrung gab es tatsächlich und gilt bis heute mit über 12.000 Metern als die tiefste Bohrung der Welt. Dadurch entstand so etwas wie eine urbane Legende, die besagt, man hätte so tief gebohrt, dass man auf die Hölle gestoßen wäre. Es wurde Geschichten über Schreie erzählt, die man tief unter der Oberfläche gehört zu haben glaubte. So entstand ein Mythos, der eigentlich wie geschaffen für einen packenden Horrorfilm ist und nun auch seine Umsetzung fand.

Kundige Genrefans werden hier nicht sonderlich viel Neues entdecken, bedienen sich die Macher doch kräftig bei bereits etablierten Versatzstücken. Egal ob ALIEN (1979) John Carpenters THE THING (1982), LEVIATHAN (1989), DEEP STAR SIX (1989) oder zuletzt auch UNDERWATER (2020), der russische Science-Fiction-Horror zitiert sich kräftig durch die Filmgeschichte, immer mit leichten Variationen aber doch mit derselben DNA. So gibt es auch hier klaustrophobische Überlebenskämpfe, eine Protagonistin, die sich behaupten muss und auch die bösen Regierungsdiener, die bei all den Abscheulichkeiten immer noch darauf aus sind, eine biologische Waffe zu entwickeln. Wer einmal ALIENS (1986) gesehen hat, dürfte schon wissen, dass dies niemals funktioniert. Im Grunde genommen funktioniert SUPERDEEP nach Schema F, ist in seiner Vorhersehbarkeit aber erstaunlich kompetent gemacht und liefert genau DEN leckeren Snack, den man zu später Stunde gerne mal verknuspert. Da ist es fast schon schade, dass das Drehbuch seinen politischen Subtext so sehr vernachlässigt, spielt die Vormachtstellung der Sowjetunion und deren Streben nach militärischer Größe eine große Rolle im Film. Leider bleiben die Motive eher wage und austauschbar, obwohl viel Nährboden für System-Kritik gegeben ist.

Auch die Erzählstruktur wirkt ab einem gewissen Punkt etwas holprig, was vermutlich daran liegt, dass ich mir die kürzere Exportfassung angesehen habe. Es existiert allerdings noch eine längere Originalversion, die rund zehn Minuten mehr auf der Uhr hat und in ihrer Erzählung etwas runder, dafür aber schleppender im Tempo ist, weswegen ich gleich zur knackigeren Variante gegriffen habe. Vielleicht sollte ich Langfassung noch einmal nachholen, da in dieser auch die Figuren noch etwas mehr Fleisch bekommen. So ordentlich wie das Ganze auch ist, die Darsteller bleiben eher blass.

Dafür punktet der Streifen aber mit seinen inszenatorischen und vor allem optischen Effekten. Die Atmosphäre ist durchweg beklemmend und spannend, der supertiefe Schacht hinunter in die Tiefe sorgt von Beginn an für eine gewisse Bedrohlichkeit. Auch ist es schön zu sehen, wie lange man sich gewisse Enthüllungen aufhebt und das ganze Ausmaß der Bedrohung erst gen Ende deutlich wird. Die Kamera fängt die dunklen Gänge hervorragend ein und ab und zu fühlte ich mich doch leicht an die optischen Qualitäten eines Ridley Scott in ALIEN erinnert. Natürlich reicht SUPERDEEP nicht an diesen Klassiker heran, doch wer auf kreative Creature-Designs steht, kommt hier ebenso auf seine Kosten. Die Effekte sind allesamt ziemlich gut und vor allem praktisch umgesetzt, was dem Ganzen die nötige Haptik verleiht und teilweise wunderbar eklig ist.

Koch Films hat sich nicht lumpen lassen und diesem sehenswerten Film eine angemessene Mediabook-VÖ spendiert. Diese beinhaltet beide Fassungen auf Blu-ray, die längere Originalversion sogar als 4K-UHD-Version. Die schmaleren Amaray-Varianten haben lediglich die kürzere Fassung an Bord. Neben einem umfangreichen Booklet, ist als Extra lediglich der Trailer auf der Scheibe zu finden. Bild- und Tonqualität der HD-Version ist ausgezeichnet.

Fazit:

Neuer Horror aus Russland. SUPERDEEP (2020) ist sicher keine Genre-Revolution aber ein wohlschmeckender Cocktail aus erprobten Zutaten, die in sicherer Hand eigentlich immer funktionieren. So überzeugt auch dieses Werk vor allem durch seine gute, stimmungsvolle Inszenierung, kompetent gemachte, praktische Effekte und einen ordentlichen Spannungsboden. Da verzeiht man auch gerne mal ein paar Holprigkeiten im Drehbuch. Für Fans des Genres sicher eine Empfehlung.

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