Wer hat die Rap-Ikonen 2Pac und The Notorious B.I.G. ermordet? Diese Frage beschäftigt Fans und Medien seit den späten 1990er Jahren und bis heute wurden die beiden Mordfälle nicht aufgeklärt. Daran ändert auch Brad Furmans True-Crime-Drama CITY OF LIES (2018) nichts, auf das Filmfans ganze drei Jahre warten mussten, bevor es einem breiten Publikum zugänglich gemacht wurde. Koch Films veröffentlicht das von Turbulenzen hinter den Kulissen gebeutelte Projekt nun direkt im Heimkino und ob sich die lange Wartezeit gelohnt hat, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: City of Lies

Drehbuch: Christian Contreras; nach dem gleichnamigen Buch von Randall Sullivan

Regie: Brad Furman

Darsteller: Johnny Depp, Forest Whitaker, Toby Huss, Dayton Callie, Neil Brown Jr., Shea Whigham, Xander Berkeley…

Artikel von Christopher Feldmann

1996 war ein schwarzes Jahr für Hip-Hop-Fans. Am 07. September kam es in Las Vegas zu einem Drive-by-Attentat auf den prominenten und überaus erfolgreichen Rapper Tupac Shakur alias 2Pac, auf den, nachdem er mit seiner Entourage einen Boxkampf Mike Tysons im MGM Grand Hotel besucht hatte, an einer roten Ampel aus einem anderen Wagen geschossen wurde. Shakur erlag seinen schweren Verletzungen sechs Tage später. Als einer der Hauptverdächtigen stand Christopher Wallace im Fokus der Ermittlungen, der unter dem Künstlernamen The Notorious B.I.G. ebenfalls ein großer Name in der Hip-Hop-Szene war, da sich damals ein großer Konflikt zwischen Rappern der Ost- und Westküste ereignete. Die Ermittler vermuteten den Mörder Shakurs in Wallace‘ Umfeld und den beleibten Künstler als einen der Drahtzieher. Allerdings kam am 09. März 1997 ebenfalls zu einem Drive-by-Shooting, der für ihn ebenso tödlich endete. Wie im Falle Shakurs wurde Wallace aus einem anderen Auto heraus an einer Ampel in Los Angeles erschossen. Bis heute ranken sich Mythen um die Taten und die Verantwortlichen dahinter, die in der organisierten Kriminalität als auch in den Kreisen des L.A.P.D. (zumindest im Fall Wallace) vermutet werden. Beide Morde konnten nie aufgeklärt werden. 2002 veröffentlichte der Journalist Randall Sullivan einen Tatsachenroman, in dem er den Fällen nachgeht und dabei eine Kontroverse auslöste, da er unter anderem die bereits erwähnte Polizei von Los Angeles mit den Morden in Verbindung bringt. Ein spannender Stoff, der wie gemacht für einen packenden Film scheint und den Brad Furman mit CITY OF LIES (2018) adaptiert hat. Zwar ist das True-Crime-Drama weit davon entfernt ein wirklich runder Film zu sein, Fans eben jenes Genres kommen dennoch voll auf ihre Kosten.

Handlung:

Los Angeles in den 1990er Jahren: Der hoch angesehene LAPD-Detective Russell Poole (Johnny Depp) soll den Mord an der weltberühmten Rap-Größe Biggie Smalls, auch bekannt als The Notorious B.I.G., aufklären. Smalls wurde aus einem vorbeifahrenden Auto erschossen, nur wenige Monate, nachdem sein Erzrivale Tupac Shakur das gleiche Schicksal erlitten hatte. Doch auch Jahre später sind die Fälle nicht aufgeklärt. Da bekommt Poole unverhofft Hilfe durch den Investigativ-Journalisten Jack Jackson (Forest Whitaker). Die beiden rollen den Fall neu auf und kommen dabei einer Verschwörung auf die Spur …

CITY OF LIES hat schon ein paar Jährchen auf dem Buckel, immerhin wurde der Film bereits 2016 gedreht und sollte ursprünglich 2018 weltweit in den Kinos starten, es wurde sogar ein Trailer veröffentlicht, der mir damals bereits Appetit gemacht hatte, denn als Fan von Kriminalgeschichten sind solche Projekte bei mir besonders willkommen. Allerdings kam es nicht zur Veröffentlichung, der Streifen wurde ersatzlos gestrichen und verschwand in der Versenkung. Offiziell wurde als Grund ein Rechtsstreit zwischen Hauptdarsteller Johnny Depp und dem Location-Manager der Produktion genannt, demzufolge Depp ihm gegenüber handgreiflich geworden sei. Allerdings vermuten auch viele massiven Druck aus den Reihen des L.A.P.D., der dazu geführt haben soll, dass man den Film zurückzog, denn immerhin kommt die Polizeibehörde in der Geschichte eher weniger gut weg. Schlussendlich übernahmen Saban Films die Rechte und brachten CITY OF LIES nun mit fast dreijähriger Verspätung doch noch in ausgewählte US-Kinos, weltweit reichte es dann doch nur noch für den Heimkino-Markt.

Betrachtet man sich das fertige Produkt, erscheinen die verschwörerischen Mutmaßungen durchaus realistisch, greift die Handlung doch nahezu alle wichtigen Aspekte der Vorlage auf und zeichnet ein undurchsichtiges Geflecht aus zwielichtigen Ermittlungen, korrupten Polizisten und Gangkriminalität. In wenigen Punkten weicht man allerdings von den zu Grunde liegenden Ereignissen ab, besonders bei den Figuren. Während der Cop Russell Poole real ist, wurde der investigative Journalist Jack Jackson für die Handlung hinzugedichtet, vermutlich um etwas Schwung in den ansonsten eher nüchternen Kriminalfilm zu bringen. Dieser Umstand erweist sich als durchaus gelungen, verbindet Depp und Whitaker doch eine gute Chemie, die zum großen Plus des knapp zweistündigen Werks avanciert. Wer darauf steht, wenn akribisch Details untersucht und Tathergänge rekonstruiert werden, dürfte hier sein perfektes Abendprogramm gefunden haben und am ehesten lässt sich CITY OF LIES mit David Finchers Meisterwerk ZODIAC – DIE SPUR DES KILLERS (2007) vergleichen, geht es doch in beiden Filmen um nie aufgeklärte Mordfälle. Zwar kommt Furman nie an dessen Klasse heran, allerdings bewegen sich beide in demselben Terrain. Es macht durchaus Spaß, den Figuren dabei zuzusehen wie sie nach Antworten suchen, auch wenn es für viele manchmal etwas trocken werden könnte. Man muss eben eine Affinität für diese Sorte Film besitzen, um dies goutieren zu können. Natürlich bekommt man am Ende auch keine ultimative Antwort aber eben mehrere Theorien und Möglichkeiten, die Raum zur Interpretation geben. Manchmal ist dies aber auch spannender als eine klare Aussage.

Dass CITY OF LIES nicht vollends gelungen ist, liegt vor allem an dem stellenweise etwas zähen Handlungsfluss. Hier wäre eine Straffung definitiv etwas sinnvoll gewesen, hängt der Film doch besonders bei den sich immer wiederholenden Rückblenden durch. Dabei handelt es sich größtenteils um die schon zu Beginn gezeigten Mordszenen an Wallace. Natürlich versucht man somit sicherzugehen, dass der Zuschauer nicht den Faden verliert, als Ganzes gerät es aber dennoch immer wieder ins Stocken, vor allem weil man dafür immer wieder die Zeitlupe auspackt. Das ist fast so, als würde man in einem Batman-Film immer wieder die Ermordung der Waynes in Slow-Mo-Flashback-Snippets zeigen…ach, stimmt, das hatten wir ja auch schon.

Auch etwas ungelenk wirkt der Versuch, Depps Figur einen emotionalen Unterbau zu verpassen, indem man immer wieder seine Beziehung zu seinem Sohn als Nebenplot ins Zentrum des Geschehens rückt. Das ist nicht nur für die eigentliche Handlung irrelevant, sondern auch eher langweilig geraten. Über Whitaker als Journalist erfährt man indes nur das Allernötigste, was hervorragend funktioniert und der Tragweite der Figur keinen Dämpfer verpasst. Beide Schauspieler sind die größte Stärke des Gezeigten und können durch die Bank glänzen. Forest Whitaker transportiert den Ehrgeiz seiner Figur hervorragend und auch Johnny Depp schafft es seine Rolle sehr gut auszufüllen. Nach einer Reihe eher mauer Filme und den immer gleichen Performances, die vor allem von seiner Präsenz in den PIRATES-OF-THE-CARRIBEAN-Filmen zehren, ist es eine Wohltat ihn mal in einer anderen Rolle zu sehen. Auch Brad Furman macht einen guten Job und inszeniert den Film als kühles, fast schon dokumentarisches Drama und spielt besonders in den Rückblenden mit der Ästhetik der 1990er Jahre. Die eingesetzten Farbfilter sorgen für einen angenehmen Kontrast zu den Szenen, die 2015 angesiedelt sind. Das sorgt zudem für eine gute Übersicht.

Koch Films veröffentlicht den Film direkt als Blu-ray und DVD im Heimkino. Bild- und Tonqualität sind gewohnt sauber, als Extras befinden sich ein Audiokommentar des Regisseurs, Deleted Scenes, sowie Teaser und Trailer auf der Scheibe. Ein Wendecover ohne FSK-Flatschen rundet das Ganze ab.

Fazit:

Nach knapp drei Jahren können sich Interessierte nun endlich einmal mehr mit der Frage nach dem Mord an The Notorious B.I.G. auseinandersetzen aber Vorsicht, CITY OF LIES (2018) liefert keine konkreten Antworten aber immerhin genug Futter, um sich sein eigenes Bild zu machen. Nicht ganz rund und immer wieder stockend, trotzdem ist Brad Furmans True-Crime-Drama einen Blick wert, vor allem weil Johnny Depp endlich mal wieder mit einer guten Performance zu sehen ist.

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