Früher war er bekannt als grandioser Charaktermime, heute versorgt uns Liam Neeson in regelmäßigen Abständen mit packender Actionkost, seit ihm 2008 mit Taken – 96 Hours ein überraschender Megahit gelang. Doch auch wenn man dem Krawall-Opi den harten Hund, den er mittlerweile mit Leichtigkeit aus dem Handgelenk schüttelt, immer noch abnimmt, ist eine qualitative Abwärtskurve erkennbar. Ob Drehbuchautor und Regisseur Jonathan Hensleigh, der u.a. das Skript zu Stirb langsam – Jetzt erst recht verfasste, diesem Trend entgegen wirken kann? CAPELIGHT PICTURES veröffentlicht den eiskalten Actionthriller nun nach kurzem Kinoeinsatz im Heimkino. Wir verraten Euch, was der Film taugt.

Drehbuch & Regie: Jonathan Hensleigh

Darsteller: Liam Neeson, Laurence Fishburne, Marcus Thomas, Amber Midthunder, Benjamin Walker, Matt McCoy

Artikel von Christian Jürs

Der Trucker Mike McCann (Liam Neeson) hat es nicht leicht mit seinem Bruder Gurty (Marcus Thomas). Dieser leidet, seit er im Kriegseinsatz verwundet wurde, an einer posttraumatischen Belastungsstörung und befindet sich seither in der Obhut seines älteren Bruders. Beide arbeiten gemeinsam in einer Transportfirma in North Dakota. Zwar macht der geistig behinderte Mechaniker seine Arbeit gut, doch die Kollegen machen sich regelmäßig über den Sonderling, der seine Lieblingsratte immer mit sich herumträgt, lustig. Als einer der Trucker zum wiederholten Male Gurty einen Spinner nennt, platzt Mike der Kragen und er schlägt den Mobber zu Boden. Dies führt für ihn zwar zu Genugtuung, kostet die ungleichen Brüder allerdings auch ihre Festanstellung.

Doch der nächste Job wartet schon auf die beiden. Der Truckunternehmer Goldenrod (Laurence Fishburne) sucht einen Trupp Fahrer für eine „Mission Impossible„. Ziel ist eine Diamantenmine, in der, nach einer schweren Explosion, diverse Arbeiter im Minenschacht eingeschlossen sind. Nun muss die tonnenschwere Rettungsausrüstung schnellstens an den Ort der schrecklichen Katastrophe, da die Luft für die Eingeschlossenen langsam schwindet. Problem: Der einzige Weg dorthin ist die titelgegende Ice Road. Doch die gilt zu dieser Jahreszeit, es ist bereits April, als unbefahrbar. Ein Himmelfahrtskommando, welches zwar gut bezahlt wird, bei dem jedoch nicht jeder Fahrer das Ziel lebend erreichen wird…

Nach dem spannenden Survivalthriller The Grey und dem brauchbaren Rachefilmremake Hard Powder zieht es Liam Neeson nun zum dritten Mal aufs ewige Eis. Seine Rolle gleicht dabei denen aus den beiden Vorgängerfilmen wie ein Ei dem anderen. Er gibt einmal mehr den knarzigen Nettmenschen, der in brenzligen Situationen einen kühlen Kopf bewahrt. Das macht er auch ordentlich wie immer, den logischerweise beherrscht er diesen Rollentypus mittlerweile aus dem Effeff. Immerhin: Er gehört zu den Wenigen der alten Garde, die trotz des hohen Alters (Neeson wird nächstes Jahr 70) noch immer in den Actionrollen überzeugen und auch noch immer abliefern. Bruce Willis könnte sich hier mal eine Scheibe von abschneiden. Neeson wäre der bessere Expendable.

Die Darsteller an seiner Seite machen ebenfalls einen guten Job, auch wenn Laurence Fishburne als einziger weiterer Star nur sehr kurze Zeit am Set verbracht zu haben scheint, ehe sein Charakter den gleichen Weg geht wie einst Steven Seagal in Einsame Entscheidung – einem Thriller, dem The Ice Road allerdings nicht ansatzweise das Wasser reichen kann.

Dafür ist das Drehbuch von Jonathan Hensleigh leider viel zu simpel gestrickt. Zwar geraten die Fahrer recht schnell in immer neue Schwierigkeiten, was Kurzweil verbreitet und damit den Film unterhaltungstechnisch oberhalb von Neesons letztem, viel zu trägen Actionthriller The Marksman ansiedelt. Knaller wie Taken oder Run All Night lassen diese Mischung aus Convoy und Das Wunder von Lengede aber weit hinter sich. Die eingeschlossenen Minenarbeiter sind einem als Zuschauer leider auch eher wumpe, da sie und ihre bedrohliche Situation viel zu spärlich über den Film verteilt hineingeschnitten wurden. Das größte Manko sind aber die wirklich miesen CGI-Effekte, die immer wieder den Anschein erwecken, man würde hier einen Trashfilm à la Sharknado sichten. Ernsthaft, so miese Computereffekte sieht man heutzutage in einem Kinofilm selten (und nein, das CGI-Debakel Sky Sharks werte ich mal nicht als „echten“ Kinofilm). Wie mögen die Computereffekte hier bloß auf der großen Leinwand gewirkt haben? In den USA tat man gut daran, den Film direkt über Netflix auszuwerten, doch auch auf kleinen Bildschirmen erkennt man die schwachen Effekte deutlich. Dass Hensleigh die eigentlich spannende Situation des Fahrens auf dem brüchigen Eis nicht vollends ausnutzt und stattdessen auf Standardplottwists wie den obligatorischen Verräter aus den eigenen Reihen zurückgreift, zeugt zusätzlich nicht gerade von der Raffinesse des Drehbuchs. Doch das ist heutzutage meckern auf hohem Niveau, denn wir können ja froh sein, dass Neeson sich, wie Nicolas Cage, auch in den mittelmäßigen Filmen noch sichtlich bemüht, während Actionopa Bruce Willis in seinen Filmen gelangweilt durch die Gegend glotzt wie ein Faultier kurz vor dem Mittagsschlaf.

Die Bild- (2,39:1 / 1080p) und Tonqualität der mir vorliegenden Blu-ray ist phantastisch. Die Synchronisation wie immer gelungen (Helmut Gauß leiht wie immer, seit dem Ableben von Bernd Rumpf, Neeson wieder sein Stimmorgan wie einst in Schindlers Liste). Im Bonusbereich gibt es den Kinotrailer und ein Wendecover ohne FSK-Flatschen.

Solide Arbeit also von Capelight Pictures in einem gerade noch so als solide einzustufenden Actionfilm mit Liam Neeson. In Zukunft darf´s aber gerne wieder etwas origineller zugehen in den Filmen des alten Haudegens. Demnächst erscheint sein nächster Actionthriller mit dem Titel Blacklight. Mal schauen, was der zu bieten hat.

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