Kurz bevor Oliver Stone mit seinem Vietnamkriegsdrama Platoon und dem Wirtschaftskrimi Wall Street in den Hollywoodolymp aufstieg, drehte er diesen, auf wahren Begebenheiten beruhenden Film über den damals in El Salvador herrschenden Bürgerkrieg. Ein für die US-Regierung unangenehmes Werk, welches nicht von den Hollywoodstudios finanziert wurde und bei der Oscarverleihung leer ausging. Trotzdem – oder gerade deswegen – ein absolut sehenswertes Kriegsdrama, welches von PIDAX in Zusammenarbeit mit STUDIO HAMBURG ENTERPRISES kürzlich in einer remastered Version veröffentlicht wurde.

Regie: Oliver Stone

Darsteller: James Woods, James Belushi (als Jim Belushi), John Savage, Michael Murphy, Tony Plana

Artikel von Christian Jürs

„Um die Wahrheit zu finden, musst du nah rangehen. Gehst du zu nah ran, gehst du drauf!“

Der amerikanische Fotojournalist Richard „Rick“ Boyle verfasste, gemeinsam mit Filmemacher Oliver Stone, sein erstes und einziges Drehbuch, in dem er die Erlebnisse, die er um 1980 herum in El Salvador erleben durfte, verarbeitet. Dort herrschte zwischen 1980 und 1991 ein blutiger Bürgerkrieg, als sich das Volk gegen das Militärregime auflehnte. Die USA sahen das Land als eine Art Testfeld für ihren Kalten Krieg gegen die Sowjetunion und nahmen daher billigend in Kauf, dass die dortige Regierung mit Hilfe einer sogenannten Todesschwadron und dem Militär, Terror im Land verbreitete, um das Volk unter Kontrolle zu halten. Ein brisantes Thema, bei dem Oliver Stone bewusst Stellung bezog und sich damit nicht viel Freunde in Hollywood, bei der US-Regierung und auch dem CIA machte. Ein mutiges Unterfangen, welches Ihr Euch mit dieser Veröffentlichung nun wieder ins Gedächtnis zurückrufen könnt und solltet.

Dargestellt wird Richard Boyle von James Woods, der eigentlich für den Nebenpart des Journalistenfreundes Doctor Rock vorgesehen war. Doch Woods konnte Stone überzeugen, ihm den Part, der eigentlich Martin Sheen zugedacht war, zu überlassen, nachdem dieser Unbehagen gegenüber der Rolle äußerte. Eine gute Wahl, die immerhin mit einer Oscarnominierung geadelt wurde. Gewonnen hat den Goldjungen aber Paul Newman für seine Darstellung in Die Farbe des Geldes. Den Part des Doctor Rock übernahm James Belushi, der seinen großen Durchbruch nach der Zeit bei Saturday Night Live noch vor sich hatte.

Zu Beginn lernen wir einen Richard Boyle kennen, der völlig am Ende ist. Einst ein gefeierter Journalist aus Kriegsgebieten, ist der frisch gebackene Vater nun chronisch pleite und gibt sich dem Suff hin. Als ihm die Wohnung gekündigt wird, verlässt ihn seine Frau (María Rubell) mitsamt dem Baby und zieht kurzerhand zu ihren Eltern. Boyle, der überall Schulden hat, wird bei einer Verkehrskontrolle aufgrund zahlreicher, unbezahlter Strafmandate, verhaftet. Als ihn sein alter Kumpel Dr. Rock gegen Kaution herausholt, überzeugt er diesen, mit ihm nach Guatemala zu fahren, um dort ordentlich Party zu machen.

Doch dieses Angebot war natürlich gelogen und so fährt Boyle mit seinem Bekannten direkt ins Bürgerkriegsgebiet von El Salvador, mit dem Vorwand, dass Drogen, Alkohol und Nutten vor Ort unschlagbar günstig wären. In Wirklichkeit versucht Boyle, zwischen den Rebellen und dem Regieme pendelnd, an Fotos zu gelangen, die ihn wieder in der Oberliga mitspielen lassen. Doch so gewieft wie sein draufgängerischer und erfolgreicher Kollege John Cassady (John Savage) ist er nicht und außerdem locken immer wieder Weib und Alkohol. Tief in Boyles Herzen ist er aber ein guter Mensch und als er Zeuge wird, wie der um Frieden kämpfende Erzbischoff Romero (José Carlos Ruiz) von einer Todesschwadron hingerichtet wird und außerdem noch eine Gruppe von vier Nonnen, darunter eine alte Bekannte von Boyle, auf offener Straße vergewaltigt und erschossen wurden, geht er offensiv mit seinen journalistischen Fragen gegen die Regierung vor. Das bringt ihn ebenfalls auf die Todesliste und so versucht er, zusammen mit der jungen, verzweifelten Mutter Maria (Elpidia Carrillo), mit Hilfe von gefälschten Papieren das Land zu verlassen…

Die besten und spannendsten Geschichten schreibt das Leben selbst, auch wenn man sich während der gesamten Laufzeit wünscht, dass die uns gezeigten Greueltaten reine Fiktion wären. Dass die ganze Geschichte trotzdem kurzweilig konsumierbar bleibt, ist vor allem James Woods zu verdanken, der den Windhund mit dem Herzen am rechten Fleck grandios verkörpert. Insbesondere sein Spiel mit James Belushi ist grandios. Die beiden Schauspieler sollen am Set übrigens mehrfach aneinander geraten sein, was aber von Oliver Stone so gewollt und vor allem auch angestachelt wurde. Dem Ergebnis war dieser Zwist allerdings dienlich. Doch auch die übrigen Schauspieler überzeugen. Insbesondere seien hier Michael Murphy als fiktiver Botschafter Kelly genannt, der vergeblich versucht, die Situation zu deeskalieren und die wundervolle Cynthia Gibb, die eine besonders toughe Frauenrolle bekleidet. Besonders ihre letzte Szene ist beeindruckend gespielt und geht zu Herzen.

Mir lag zur Sichtung die DVD-Version vor, die über eine sehr gute Bildqualität verfügt. Auch der Ton ist gut, wobei die deutsche Tonspur altersbedingt ein wenig dünn klingt. Im Bonusbereich gibt es einen Audiokommentar von Oliver Stone, die Dokumentation „Into the Valley„, entfallene Szenen und den Trailer in der deutschen- und der Originalversion. Im Inneren befindet sich noch ein kleines Booklet mit dem damaligen Filmprogramm. Außerdem gibt es ein Wendecover ohne FSK-Flatschen.

Salvador steht zu Unrecht im Schatten des Folgefilms Platoon. Der in Vergessenheit geratene Streifen gehört jetzt, dank Neuauflage, in jedes gutsortierte Sammlerregal.

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