Und noch ein begehrter Titel aus der Videothekenhölle der 1990er Jahre hat es nach 25 Jahren geschafft, dem deutschen Index zu entfliehen. SOLDIER BOYZ (1995) stellt dabei einen relativ flachen DAS-DRECKIGE-DUTZEND-Abklatsch dar, lässt es aber im vietnamesischen Dschungel ordentlich krachen. Mit dem „American Fighter“ himself, Michael Dudikoff, an vorderster Front, hat Koch Films den Actionstreifen nun ungeschnitten im Mediabook veröffentlicht. Ob es sich hier um eine vergessene Perle handelt oder um üblichen DTV-Schlonz, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: Soldier Boyz

Drehbuch: Darryl Quarles

Regie: Louis Morneau

Darsteller: Michael Dudikoff, Cary-Hiroyuki Tagawa, Tyrin Turner, Jacqueline Obradors, David Barry Gray, Channon Roe…

Artikel von Christopher Feldmann

Erinnert sich noch irgendjemand an Michael Dudikoff? Das ehemalige Model mit der Fönfrisur war in den 1980er Jahren mal kurzzeitig so etwas wie ein Actionstar, denn nach mehreren Nebenrollen gelang ihm mit der Hauptrolle im Cannon-Klopper AMERICAN FIGHTER (1985) ein veritabler Hit, der unter Genrefans auch heute noch einen gewissen Kultstatus genießt. Nach der wirklich spaßigen (und auch besseren) Fortsetzung AMERICAN FIGHTER 2 – DER AUFTRAG (1987) und dem sehenswerten Actioner NIGHT HUNTER (1986) verschwand der Schönling allerdings schnell wieder im Sumpf gering budgetierter Videotheken-Heuler. Dudikoffs Brötchengeber Cannon Films fokussierte sich in den späten 1980er Jahren zunehmend auf gewollte aber nicht gekonnte Großproduktionen, die das Studio schlussendlich in finanzielle Schieflage trieben, wobei B-Sternchen wie unser Aushilfs-Ninja das Nachsehen hatten. So folgten mit u.a. CHAIN OF COMMAND (1994) eine Reihe Billig-Vehikel und in Form von COBRA (1993-1994) eine TV-Serie, die nach bereits einer Staffel eingestellt wurde. Nach teils unterirdischen Produktionen in den späten 1990er und frühen 2000er Jahren nahm Dudikoff schließlich seinen Hut und konzentrierte sich auf sein neues Business, dem Kauf und Verkauf von Häusern, die er aufwendig renoviert und restauriert. Lediglich mit dem Men-on-a-Mission-Streifen SOLDIER BOYZ (1995) legte der Schauspieler in seinen Dämmerjahren nochmal ein Ausrufezeichen aufs Parkett, das von Actionfans geschätzt wird. Zwar reißt auch dieser DAS-DRECKIGE-DUTZEND-Abklatsch dramaturgisch keine Bäume aus, in Sachen Action lässt es der olle Dudelkopf aber nochmal amtlich krachen.

Handlung:

Ex-Marine Howard Toliver (Michael Dudikoff) ist ein Supersoldat im Ruhestand. Seine Zeit verbringt er damit, Jugendliche von der schiefen Bahn zu führen. Doch seine Vergangenheit beim Militär holt ihn ein. Als die Tochter (Nicole Hansen) eines wohlhabenden Geschäftsmannes in Vietnam entführt wird, soll Toliver das tun, was er am besten kann. Mit einem dreckigen halben Dutzend macht er sich in den Dschungel von Südostasien auf, um die junge Frau zu befreien. Ein Selbstmordkommando, das eine Schneise der Verwüstung hinterlässt

SOLDIER BOYZ bedient sich relativ unverhohlen bei Robert Aldrichs Klassiker DAS DRECKIGE DUTZEND (1967). Der Kriegsfilmklassiker mit Lee Marvin, Jim Brown, John Cassavetes, Charles Bronson und Telly Savalas war so etwas wie stilbildend in seiner Zeit und diente als Blaupause für zahlreiche weitere Filme, die man unter dem Begriff Men-on-a-Mission-Film einordnet, Filme, in denen eine meist bunt zusammengewürfelte Truppe im Zentrum steht, die sich gemeinsam auf eine Art Himmelfahrtskommando begibt, was selbstverständlich nicht für jede Figur glimpflich ausgeht. Da wir es bei dem hier vorliegenden Film mit einer B-Movie-Produktion zu tun haben, die ihre Premiere selbst in den USA nur im TV feiern durfte, sollte man seine Erwartungen in puncto Storytelling und Charakterentwicklung im Zaum halten.

Bei knapp 90 Minuten Laufzeit ist schlicht kaum Zeit, um mehr als drei Sätze für die jeweiligen Backgrounds der Figuren zu erübrigen. So kommt es, dass die Rekrutierung und das Training relativ schnell abgefrühstückt sind. Darauf folgen zahlreiche Actionszenen, die nur hier und da durch kurze Dialoge unterbrochen werden. Um einen Streifen wie SOLDIER BOYZ zu genießen, muss man aber sein Gehirn durchaus auf Durchzug schalten, denn viele Dialoge sind vollgestopft von klischeebeladenem Kitsch und idiotischen Aussagen, dass es fast zum Haare raufen ist. Warum ein reicher Geschäftsmann, für den Geld keine Rolle zu spielen scheint, überhaupt auf die Idee kommt, einen Gefängniswärter und ehemaligen Veteranen damit zu beauftragen, eine Reihe fast noch jugendliche Kriminelle zu rekrutieren, um eine Rettungsmission zu starten, ist schon zu Beginn vollkommener Blödsinn. Mit den zehn Millionen US-Dollar, die laut Alpha-Tier Toliver an eine wohltätige Organisation gespendet werden sollen, sobald die Mission erfolgreich abgeschlossen wurde, hätte Papi auch locker die fucking Expendables anheuern können, die zumindest größere Erfolgsaussichten gehabt hätten als eine Reihe Grünschnäbel mit großer Klappe.

Dies ist natürlich der pseudo-gesellschaftskritischen Haltung geschuldet, die der Film an den Tag zu legen versucht. Im Grunde genommen vollkommener Quatsch, denn SOLDIER BOYZ steht das blutige Ballerfest wesentlich besser. Das wusste vermutlich auch Regisseur Louis Morneau, der seine Stärken gekonnt ausspielt. Der B-Filmer hat in seiner Karriere durchaus bewiesen, dass er in der Lage ist, solide bis gute Genrefilme zu inszenieren. Wenn das Drumherum stimmt, kommen dabei sogar Highlights wie RETROACTIVE (1997) heraus. Hier lässt Morneau ähnlich die Korken oder viel mehr die Kugeln knallen. SOLDIER BOYZ sieht zwar schwer nach TV aus, bietet aber handwerklich absolut kompetente Actionszenen, wilde Shoot-Outs und dicke Explosionen. Gerade der gesamte Schusswechsel in der Kleinstadt kann sich mit guten Choreographien, geschickt gesetzten Zeitlupen und versiertem Schnitt richtig sehen lassen. Dudikoff macht seine Sache ordentlich, auch wenn er hier wesentlich weniger Charisma an den Tag legt, als noch zu seinen Glanzzeiten. Der Rest der Besetzung besteht aus eher unbekannten Darstellern, die allesamt solide aufspielen. Lediglich Cary-Hiroyuki Tagawa, seines Zeichens die Top-Adresse, wenn man in den 1990er Jahren einen fiesen Asiaten für einen Film benötigte, hat wenig zu tun, außer psychopathisch böse in die Kamera zu gucken und wahllos Menschen zu erschießen. Ein wenig schade, dass er so unzeremoniell verheizt wird. Allerdings war ich in Sachen Blutzoll überrascht. Der Film lässt ordentlich Blood-Packs platzen, wovon zumindest in der damaligen VHS-Version mit Freigabe ab 16 Jahren kaum etwas zu sehen war, fehlten immerhin ganze sieben Minuten. Auch die 18er-Fassung wurde um rund eineinhalb Minuten beschnitten.

Nun gibt es den Film vollständig ungekürzt in HD, Koch Film sei Dank. Die Blu-ray, die uns zur Sichtung vorlag, präsentiert den Film in sehr guter Bild- und Tonqualität. Neben Trailern, einer Bildergalerie und einem Booklet, enthält die Edition noch die Open-Matte-Version des Films und ein Interview mit Dudikoff, was etwas zu wünschen übrig lässt. Zwar wirkt der Mime durchaus sympathisch aber seine Interviewpartnerin scheint offensichtlich keinen einzigen seiner Filme gesehen zu haben, da sie ihm lediglich oberflächliche Fragen alá „Du hast Joe Armstrong in AMERICAN FIGHTER gespielt, wie war das ?“. Da hätte man sich ein etwas ergiebigeres Gespräch verwenden können.

Fazit:

Wer sich im Bereich anspruchsloser B-Actionkost zuhause fühlt, könnte an SOLDIER BOYZ (1995) durchaus Gefallen finden. Hier wird ordentlich durch die Faune geballert und das meist auch recht blutig. Die Actiondichte ist hoch, inhaltlich ist das Ganze natürlich eine reine Bankrotterklärung. Also genau der richtige Stoff für einen bierseligen Abend und immerhin so ziemlich der letzte Film von Möchtegern-Ninja Michael Dudelkopf, der wirklich etwas hergibt.

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Mediabook

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