Der chilenische Regisseur Pablo Larraín scheint ein Faible für prominente Staatsfrauen zu haben. Nachdem er bereits Natalie Portman in JACKIE (2016) als amerikanische First-Lady inszenierte, widmete er sich mit SPENCER (2021) nun dem Leiden einer waschechten Prinzessin, nämlich Diana Spencer, besser bekannt als „Lady Di“, die am 31. August 1997 bei einem schweren Autounfall ihr Leben ließ. Dieser tut im Film aber nichts zur Sache, denn Larraín beleuchtet viel mehr den familiären Käfig, in dem die von Kristen Stewart gespielte Medienikone gefangen war. DCM hat das Drama nun über Leonine im Heimkino veröffentlicht, die Kritik findet ihr nach dem Klick.

Originaltitel: Spencer

Drehbuch: Steven Knight

Regie: Pablo Larraín

Darsteller: Kristen Stewart, Sally Hawkins, Timothy Spall, Jack Nielen, Freddie Spry, Jack Farthing…

Artikel von Christopher Feldmann

Prinzessin Diana, hierzulande gerne „Lady Di“ genannt, war nicht nur eine einfache Prinzessin. Als erste Ehefrau von Groß-Britanniens Thronfolger Charles (zumindest wenn Elisabeth irgendwann mal ins Gras beißen sollte) entstand ein wahrer Kult um ihre Person. Schon während ihrer nicht allzu glücklichen Ehe mit dem Monarchen wurde Diana derart populär, dass sie zeitweise die meistfotografierte und somit berühmteste Frau der Welt war. Eine Popularität, die sich aber negativ auf ihre psychische Verfassung auswirkte und auch das Dasein als Teil der Königsfamilie war gewiss kein Zuckerschlecken. Das Verhältnis zwischen der Prinzessin und ihrem Ehemann bekam schnell Risse, Charles vergnügte sich mit seiner Langzeitgeliebten und jetzigen Angetrauten Camilla Parker-Bowles und in der ach so sauberen Verwandtschaft war die einst so verehrte „Lady Di“ lediglich nur geduldet, das Märchen, dass die Menschen auf der ganzen Welt präsentiert bekamen war also nichts weiter als eine Lüge, zumindest bis Diana die Reißleine zog. Dies portraitiert Pablo Larraín gemeinsam mit seiner wirklich guten Hauptdarstellerin Kristen Stewart in diesem kurzen Ausschnitt aus dem Leben der Prinzessin, der es zwar schafft, dem Zuschauer ein Gefühl für die, für die Öffentlichkeit nicht sichtbaren, Qualen zu vermitteln aber mit knapp zwei Stunden Laufzeit auch ziemlich sperrig daherkommt.

Handlung:

In der Ehe zwischen dem Prinzen (Jack Farthing) und der Prinzessin von Wales (Kristen Stewart) herrscht seit Langem Eiszeit. Trotz der wilden Gerüchte über Affären und eine Scheidung wird für die Weihnachtsfeierlichkeiten auf dem königlichen Landsitz Sandringham ein Frieden verhängt. Es wird gegessen und getrunken, geschossen und gejagt. Diana kennt das Spiel. Dieses Jahr wird es eine ganz andere Wendung nehmen.

Interessierten Zuschauern sollte man gleich vorab mit auf den Weg geben, dass es sich bei SPENCER mitnichten um ein klassisches Biopic handelt. Tatsächlich basiert der Film und somit auch das Drehbuch von Steven Knight nur lose auf wahren Ereignissen. Den Machern ist viel mehr daran gelegen, ein filmisches Abbild einer Person zu kreieren, der ihre „Familie“ konsequent die Luft abschnürt und die sich nichts sehnlicher als ein anderes Leben wünscht. Die realistische Wiedergabe von belegten Fakten ist nicht die Intention des Dramas, weshalb man sich hier nicht mit Abweichungen von wahren Begebenheiten aufhalten sollte.

Tatsächlich erstreckt sich die Handlung lediglich über das Weihnachtsfest im Jahr 1991, einer Zeit in der die Ehe zwischen Diana und Charles eigentlich nur noch für die Öffentlichkeit aufrecht erhalten wurde. Dass der Ofen schon lange aus ist und sich beide Parteien so gut wie nichts mehr zu sagen haben, zeigt schon die Tatsache, dass sich der Thronfolger kaum mit seiner Angetrauten beschäftigt und auch keinen Hehl daraus zu machen scheint, dass er sich mit einer anderen Dame vergnügt. Die gesamten Feierlichkeiten mit ihren überbordenden Buffets und der strengen Etikette werden als wahre Horrorvision dargestellt, steht die mittlerweile psychisch angeschlagene Prinzessin doch zu jeder Zeit unter Beobachtung, muss sich zum Dinner von den abweisenden Mitgliedern der Königsfamilie bemustern lassen und auch sonst wirkt sie wie ein einsames Wrack in einer kühlen Umgebung. Genau das will der Film eindrücklich vermitteln, auch wenn die wahren Ereignisse von Weihnachten ’91 kaum bekannt sind. Das hat zur Folge, dass diese Momentaufnahme auch viel mehr auf eine gewisse Stimmung aus ist und weniger einer klassischen Narrative folgt. Dass Diana am Ende aus diesen Zwängen flieht, begleitet vom 80er-Hit „All I Need Is A Miracle„, ist schlussendlich auch eine Art verklärendes Ende und dient lediglich dazu, den Zuschauer auf einer positiven Schlussnote zu entlassen.

Ja, SPENCER ist kein Film für Jedermann, sondern ein sehr langsames Portrait über eine labile Frau, dass es schafft, ein eigentlich positives Event als Alptraumszenario darzustellen. Das hatte auch bei mir den Effekt zur Folge, dass sich zwischenzeitlich Langeweile breit machte. Sämtliche Szenen sind so unterkühlt inszeniert, dass ich selbst wenig investiert in die Figur der „Diana“ war. Dadurch, dass das Drehbuch und auch die Regie kaum positive Momente zulassen, war für mich wenig Fallhöhe erkennbar, denn egal ob es der opulente Landsitz ist, das Personal, die Königsfamilie oder auch einfach die Farbdramaturgie, SPENCER ist von vorne bis hinten tristes Leidenskino, wenn auch mit viel handwerklichem Können umgesetzt, dass genauso uplifting ist wie ein Besuch beim Zahnarzt. Und bei einer Laufzeit von zwei Stunden hätte ich mir dann doch ein paar helle Momente oder positive Zwischentöne mehr gewünscht. Aber egal, ob man dieser Art von Film zugeneigt ist oder nicht, Pablo Larraín hat hier einen guten Job gemacht und wahrscheinlich seine kühle, bedrückende, mit Metaphern auf die königlichen Zwänge gespickte Vision perfekt umgesetzt.

Eine wirkliche Bank für den Film ist hingegen Kristen Stewart. Der ehemalige TWILIGHT-Star hat sich in den vergangenen Jahren vor allem im Indie-Kino bewiesen und auch schauspielerisch einen immensen Sprung gemacht. Und auch wenn man Stewarts leicht verträumt wirkenden und auch irgendwie leeren Blick nicht mag, zu ihrer Performance als Diana passt er perfekt. Die Schauspielerin hatte sich akribisch auf den Film vorbereitet und mit Hilfe von Bild-, Video- und Tonaufnahmen jene Person studiert. Diese scheint sie wahrlich verinnerlicht zu haben, denn ihr Spiel ist das große Plus des Films. Das sah auch die Academy, war Stewart doch bei der letzten Oscar-Verleihung als beste Hauptdarstellerin nominiert.

Bild- und Tonqualität der Blu-ray sind hervorragend, bis auf ein Wendecover und den Trailer gibt es leider kein Bonusmaterial.

Fazit:

SPENCER (2021) ist kein Film für Jedermann und auch kein klassisches Biopic, sondern eine kühl inszenierte Momentaufnahme aus dem Leben einer der berühmtesten Frauen des 20. Jahrhunderts. Das kann für den eher am Mainstream orientierten Zuschauer schwerfällig, zäh und sehr trist ausfallen und auch mich konnte das Ganze nicht mitreißen, die Art der Visualisierung von Dianas Verfassung und die tolle Leistung von Kristen Stewart sind allerdings wirklich einen Blick wert. Man sollte nur wissen, auf was man sich einlässt.

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