Bevor publik wurde, dass Altstar Bruce Willis bedingt durch seine Aphasie-Erkrankung, nun in der wohlverdienten Schauspiel-Rente verweilt, sorgte die Actionlegende noch für einige letzte Grüße aus der DTV-Hölle, die nun nach und nach den Weg in die Grabbelkisten dieser Welt finden. A DAY TO DIE (2022) ist einer dieser Streifen, in denen Willis in einer Handvoll Szenen orientierungslos seine Dialogzeilen herunternuschelt, während B-Recken wie Frank Grillo und Kevin Dillon den Löwenanteil übernehmen. Wahrscheinlich war das Bekanntwerden seines Gesundheitszustands auch der Grund, warum der Actionthriller hierzulande einen kleinen Kinostart bekam. Nun bringt SquareOne Entertainment den Film im Vertrieb von Leonine auch ins Heimkino und ob es sich hierbei vielleicht nochmal um einen zumindest im Ansatz sehenswerten Auftritt der STIRB-LANGSAM-Ikone handelt, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: A Day to Die

Drehbuch: Rab Berry, Scott Mallace

Regie: Wes Miller

Darsteller: Kevin Dillon, Frank Grillo, Gianni Capaldi, Leon, Bruce Willis, Brooke Butler, Johnny Messner…

Artikel von Christopher Feldmann

Wir haben ungläubig gestutzt, irgendwann gelacht und uns ab einem gewissen Punkt auch etwas fremdgeschämt. Die letzten Jahre in der Karriere von Bruce Willis waren ein Wechselbad der Gefühle und während wir uns zuerst gefragt haben, warum der einst so verehrte Leinwandheld einen Direct-to-DVD-Heuler nach dem anderen dreht, schlug diese dezente Ratlosigkeit irgendwann in Häme und Spott um. Ja, wir alle haben uns prächtig dabei amüsiert, uns gefühlt jede Woche neue Schmähkritiken aus den Fingern zu saugen, wenn eine neue Willis-Graupe auf dem Markt landete. Den Altstar für seine offensichtliche Lustlosigkeit, die er vermeintlich an den Tag legte, während er dicke Schecks einkassierte, zu verspotten wurde fast schon zu einer Art Sport im Internet. Als aber dessen Ehefrau Emma Hemming-Willis im Frühjahr ein Statement veröffentlichte, die Krankheit ihres Gatten publik machte und gleichzeitig auch dessen endgültigen Rückzug aus dem Filmgeschäft verkündete, wurden alle ganz stumm. War die vermeintlich deutliche Lustlosigkeit Willis‘ in Wirklichkeit krankheitsbedingtes Unvermögen zu schauspielern? Waren die immer zu erkennenden Ohrknöpfe in seinen Szenen ein Zeichen dafür, dass er keine Texte mehr lernen konnte? Tatsächlich fühlte ich mich ein wenig schlecht und auch auf Grund der Entwicklungen will ich in der nun folgenden Kritik keine schlechten Witze über den guten Bruce mehr zum besten geben. God bless you, Schweinebacke; aber über einen Heuler wie A DAY TO DIE (2022) kann auch ich nicht den Mantel des Schweigens hüllen.

Handlung:

Connor (Kevin Dillon) ist Teil einer militärischen Ghost-Unit, die bei einer blutigen Geiselbefreiung vom Hauptunterhändler Captain Alston (Bruce Willis) hintergangen wird. Viele Opfer lasten auf dem Gewissen der Einheit. Fünfzehn Monate später ist Connor Bewährungs-Offizier und Alston ein korrupter, skrupelloser Polizei-Chef. Als Connor einen Mann des lokalen Drogenbarons (Leon) in Notwehr erschießt, kidnappt dieser seine Frau (Brooke Butler) und verlangt von ihm innerhalb von zwölf Stunden zwei Millionen Dollar Lösegeld. Connor hat keine Wahl, er muss sein altes militärisches Team zu Hilfe holen. Doch es gibt noch eine weitere Bedrohung, mit der er nicht gerechnet hat.

Ich muss nicht mehr erwähnen, dass sich meine Erwartungen an einen neuen Low-Budget-Actionfilm, in dem Bruce Willis als eine Art Testimonial fungiert, in deutlich messbaren Grenzen halten. Allerdings muss sich zugeben, dass ich beim Trailer zu A DAY TO DIE kurzzeitig die Hoffnung auf ein zumindest guckbares B-Movie hatte, das immerhin etwas launiger um die Ecke kommt als das, was Gurken-König Randall Emmett dem alten Bruce in den vergangenen Jahren so alles aufgenötigt hat. Und tatsächlich muss man dem fünf Millionen US-Dollar teuren Actionthriller zugestehen, nicht stinklangweiliger Scheißdreck zu sein. Dafür lässt es Regisseur Wes Miller schon in der Eröffnungsszene ordentlich knallen. Explosionen, Shootouts und sogar ein Helikopter wird, wenn auch mäßig per CGI getrickst, vom Himmel geholt. Dass die Ganze Chose inhaltlich total bescheuert ist, ist da wieder eine andere Sache. Eine Elitetruppe, angeführt von Frank Grillo, soll eine Geiselnahme beenden und Menschenleben retten und ihr bester Plan ist es, mit Panzerfäusten (!)mehrmals auf das Gebäude zu schießen. Dass diese glorreiche und ausgeklügelte Taktik natürlich so einige Menschenleben kostet, ist in Gewissermaßen der Katalysator der folgenden Handlung.

Diese ist auch eines der großen Probleme von A DAY TO DIE, ein Film, der gerne so etwas wie HEAT (1995) von Michael Mann wäre aber inhaltlich so viel Blödsinn verzapft, dass man als Zuschauer immer wieder zwischen Ratlosigkeit und Gelächter hin und her wechselt. Das Drehbuch ist vollgestopft mit Klischees und wirklich dummen wie auch logikfernen Plot-Points. Dass ein Gangsterboss, der aber auch gleichzeitig ein Wohltäter in seiner Community ist, einen Ex-Spezial-Agenten oder whatever what dazu nötigt, zwei Millionen US-Dollar zu beschaffen und damit droht seine schwangere Frau zu töten, weil dieser in Notwehr irgendeinen Henchman aus der dritten Reihe erschossen hat, wirkt unnötig konfus und ein im letzten Drittel eingestreuter Twist macht das Ganze nur noch absurder. Die Dialoge sind selbstredend banal und auch die immer wieder angerissene Korruption des Polizeichefs, der mit dem organisierten Verbrechen sympathisiert sorgt stellenweise für Verwirrung. A DAY TO DIE wechselt zwischen Figuren hin und her, das Ergebnis ist ein unübersichtliches Kuddelmuddel aus irgendwelchen Menschen, die irgendetwas machen, was aber auch irgendwie nie so wirklich Sinn ergibt. Dass sich zum Finale hin dann zwei Parteien, die sich vorher wohlbemerkt beschossen haben, auch noch verbünden, ist dann auch das leicht säuerliche Sahnehäubchen auf dem nicht mehr allzu frischen Eisbecher. Immerhin und das muss man leider sagen, macht der Streifen in seiner unverhohlenen Macho-Attitüde fast schon wieder ein wenig Laune. Wenn sich unserer Spezialtruppe in bester Vin-Diesel-Family-Manier wieder zusammenfindet und mit kernigen Sprüchen so etwas wie die Hinterhof-Version der EXPENDABLES bildet, keimt auch in mir die Hoffnung auf, dass die Nummer vielleicht doch noch ganz passabel wird.

Diese kleinen Brücken reißt aber spätestens Wes Miller mit seiner völlig fehlgeleiteten Inszenierung ein, denn der Regisseur macht genau das, was alle Regisseure machen, wenn sie zu viele Ambitionen aber zu wenig Kohle haben, um einen rasanten Actionfilm abzuliefern, sie setzen auf eine flashy Ästhetik, um die produktionstechnischen Unzulänglichkeiten auszubügeln. So verpasste man auch A DAY TO DIE ein grelles Colour-Grading, hektische Schnitte, Wackelkamera, weiche Blenden in kurzer Abfolge, schnelle Close-Ups und sogar eine vollkommen willkürliche Einstellung in Schwarz-Weiß, also so ziemlich alle etablierten Taschenspielertricks erprobter DTV-Macher. Das sorgt natürlich stellenweise für Kopfschmerzen aber vor allem für eine gravierende Unübersichtlichkeit in den Actionmomenten. Die Kamera rauscht auf einen Darsteller, der gerade irgendwohin ballert, Schnitt auf eine beliebige Person, die zu Boden geht. Das wird dann manchmal mit handgemachten Bluteffekten geadelt aber auch oft durch billige CGI-Effekte weiter verschlechtert. A DAY TO DIE beinhaltet teilweise die schlechtesten Rückprojektionen, die ich seit langer Zeit gesehen habe und auch Rauch- und Feuereffekte sehen ziemlich grotte aus.

Schauspielerisch bemühen sich immerhin Kevin Dillon und Frank Grillo sichtlich darum, das Ganze zu retten. Gerade Grillo, der dringend seine Rollenauswahl überdenken sollte, ist ja sowieso eine coole Socke, gibt sich aber regelmäßig für Mist her, für den er eigentlich zu gut ist. Bruce Willis hingegen war für zwei halbe Drehtage am Set, entsprechend mager fällt seine Screentime aus. Der sichtlich orientierungslose Altstar leiert seine paar Szenen mit steinerner Mimik herunter, auch weil er diese vermutlich separat abdrehen konnte. Zwei Dialogszenen zwischen ihm und Grillo lassen deutlich erkennen, dass sich beide am Set vermutlich nie begegnet sind, eine Explosion, die seine Figur in Rage versetzen müsste, wird von Willis nur mit einem leichten Grinsen und gläsernem Blick zur Kenntnis genommen und wenn er gen Ende zum Maschinengewehr greift, hat man ständig die Befürchtung, dass er während seiner Salve gleich ins Koma fällt. Traurig.

SquareOne Entertainment veröffentlicht den Film am 09. September digital und am 16. September auch physisch als Blu-ray und DVD. Uns lag zur Sichtung der Blauling vor, Bild- und Tonqualität sind sehr gut, als Bonus gibt es nur den Trailer.

Fazit:

Auch A DAY TO DIE (2022) ist typische Stangenware für das DVD-Regal im Elektrofachmarkt. Ein stellenweise ziemlich absurder und mies geschriebener Actionthriller, der in seiner klischeebehafteten Art und Weise schon fast wieder Spaß zu machen droht. Allerdings ist die Inszenierung ein einziges Wirrwarr aus fehlgeleiteten Ambitionen. Auch wenn Bruce Willis hier einen seiner letzten Filmauftritte absolviert, empfehlenswert ist der Streifen aber leider nicht, obwohl vergangene Willis-Gurken da schon deutlich tiefer gestapelt haben.

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