Mitte der 1990er Jahre befand sich Actionstar Jean-Claude van Damme auf dem Höhepunkt seiner Karriere, hatte sich der Belgier doch mit einigen Kino-Hits in die Herzen der Zuschauer gekickt. Beflügelt vom Erfolg und mit einem Vertrag bei Universal Pictures in der Hand, machte sich der Kampfsportler auf, um mit ca. 30 Millionen US-Dollar sein Herzensprojekt auf die große Leinwand zu bringen, das er nicht nur als Hauptdarsteller, sondern auch als Regisseur zu stemmen wagte. THE QUEST – DIE HERAUSFORDERUNG (1996), eine Mischung aus Abenteuerepos und Turnierfilm, erwies sich allerdings als produktionstechnische Katastrophe, sondern läutete auch langsam das Ende von van Dammes Kinokarriere ein. Retro Gold 63 brachte das Spektakel erst kürzlich in drei verschiedenen Mediabooks auf den Markt. Was die Sammlereditionen zu bieten haben und warum van-Damme-Fans, die nicht gleich zugeschlagen haben, in die Röhre gucken dürften, erfahrt ihr in unserer Kritik.

Originaltitel: The Quest

Drehbuch: Steven Klein, Paul Mones,

Regie: Jean-Claude van Damme

Darsteller: Jean-Claude van Damme, Roger Moore, Jack McGee, Janet Gunn, James Remar, Abdel Qissi, Aki Aleong…

Artikel von Christopher Feldmann

Spätestens mit dem Martial-Arts-Klassiker BLOODSPORT (1988) avancierte Jean-Claude van Damme in den auslaufenden 1980er Jahren zum Actionstar. Der Cannon-Streifen spielte ein mehrfaches seiner geringen Produktionskosten wieder ein und gilt heute als Genre-Klassiker, der mitverantwortlich dafür war, dass Kampfsport in Actionfilmen fast unverzichtbar wurde. Mit weiteren erfolgreichen Filmen wie KICKBOXER (1989) und CYBORG (1989) zementierte der Belgier seinen Ruf als das neue Aushängeschild des Genres und steuerte auf eine erfolgreiche Laufbahn als veritabler Kinostar zu. Filme wie LEON (1990) und DOUBLE IMPACT (1991) folgten und mit Hits wie UNIVERSAL SOLDIER (1992), HARTE ZIELE (1993), STREET FIGHTER (1994) und dem 100-Millionen-US-Dollar-Erfolg TIMECOP (1994) erklomm van Damme den Gipfel seiner Karriere. Auch wenn das darauffolgende DIE-HARD-Rip-Off SUDDEND DEATH (1995) einen Abwärtstrend erkennen ließ, bewilligte Universal Pictures dem nach Ruhm und Erfolg strebenden Actionstar ein üppiges Budget um sein Passion-Project umzusetzen, das Martial-Arts-Abenteuer-Epos THE QUEST (1996), für das van Damme auf eine Story zurückgriff, die er gemeinsam mit Kampfsportler Frank Dux (dem Protagonisten aus BLOODSPORT) in den frühen 1990er Jahren zu Papier brachte. Dass sich daraus ein Rechtsstreit entwickelte, bei dem Dux zumindest einen Story-Credit an dem hier vorliegenden Film zugesprochen bekam, ist nur eine der zahlreichen Anekdoten, die die Produktion umgeben. Trotz großer Ambitionen verhob sich der Hauptdarsteller und Regisseur gewaltig und lieferte einen unausgegorenen, relativ zahmen und auch inhaltlich flachen Film ab, der gewissermaßen der Anfang vom Ende von van Dammes Starruhm darstellt.

Handlung:

Die Zeiten sind verdammt hart im New York des Jahres 1923 – besonders für Chris DuBois (Jean-Claude van Damme), einen jungen Straßenartisten. Chris wird gejagt. Er hat mit seinen Schützlingen, pfiffigen und verwaisten Straßenkindern, einen Alkoholschmuggler um eine beträchtliche Summe erleichtert.
Auf seiner halsbrecherischen Flucht landet Chris im Laderaum eines Hochseefrachters und verliert das Bewusstsein. Damit beginnt eine abenteuerliche Fahrt ins südchinesische Meer, gesteuert vom windigen, aber charmanten Piraten „Lord“ Dobbs (Roger Moore). Der „verkauft“ Chris an eine Kickbox-Schule auf der Insel Muay Thai. Dort erfährt er von einem geheimen, jahrtausendealten Kampfsport-Turnier, das von tibetanischen Mönchen ausgerichtet wird. Der Preis für den Sieger: eine Drachenstatue aus purem Gold – für Chris vielleicht das Ticket in die Heimat. Aber auch der Halunke Dobbs ist an der Statue interessiert. Gemeinsam reisen sie nach Tibet. Chris steht vor der größten Herausforderung seines Lebens. Er muss gegen die besten und härtesten Kämpfer der Welt antreten.

Die Dreharbeiten zu THE QUEST litten vor allem unter einer schlechten Organisation und der Doppelbelastung van Dammes, der sich neben seiner Darstellung der Hauptfigur „Chris DuBois“ auch auf seinen Posten als Regisseur konzentrieren musste. Diesem schien der Belgier weit weniger gewachsen, was vor allem Co-Star und Ex-Bond Roger Moore dazu brachte, im Nachhinein kein gutes Wort an seine Kollegen, sowie an das gesamte Projekt zu verlieren. Nicht nur betitelte er van Damme als unfähigen Regisseur, sondern beschrieb die gesamte Arbeit am Film als einziges Chaos. Zwischenzeitlich soll sogar das Budget aufgebraucht gewesen sein und erst als die Crew mit einem Streik drohte, nachdem der Produzent diese um unbezahlte Dienste bat, flossen wieder die Dollars. Laut Moore ist es lediglich Second-Unit-Regisseur Peter MacDonald, der u.a. auch RAMBO III (1988) inszenierte, zu verdanken, dass der fertige Film zumindest guckbar ist.

Ganz so viele der produktionstechnischen Querelen merkt man THE QUEST allerdings nicht an. Das Problem der liegt eher im Drehbuch, dass sich anschickt, die Formel von BLOODSPORT mit einem historischen Abenteuer vor exotischen Kulissen zu kreuzen. Vom Beginn im New York des Jahres 1923, mit dem sich van Damme vor Werken wie ES WAE EINMAL IN AMERIKA (1984) und dem Charles-Dickens-Klassiker OLIVER TWIST verneigt, geht es schnurstracks in südchinesische Gefilde, von wo aus die Geschichte um das heiß erwartete Kampfsportturnier in Tibet beginnt. Der Film versucht nicht nur ein klassischer Actionfilm, sondern auch eine mit Humor und Sentimentalität gespickte Abenteuergeschichte zu erzählen, die sich aber bei einer knackigen Laufzeit von rund 95 Minuten kaum entfalten kann. So huscht der Film durch seine Settings und handlungsrelevanten Stationen, damit genug Zeit für das Verkaufsargument, die finalen Martial-Arts-Kämpfe übrig bleibt. THE QUEST will zu viel in zu kurzer Zeit und man hat fortlaufend das Gefühl, dass man den einen eigentlich viel längeren Film zusammengekürzt hat, um dem Ganzen mehr Tempo zu geben. Das geht natürlich auf Kosten der Figuren und der einzelnen Handlungsstränge, die irgendwo im Nichts versanden.

Weder das Leben DuBois in New York, noch seine Zeit auf der thailändischen Insel werden wirklich auserzählt und der Zuschauer muss sich damit begnügen, dass der Protagonist nach ein paar Minuten plötzlich der absolute Martial-Arts-Champion ist. Auch die Figur der Journalistin „Carrie Newton“ ist schlicht Beiwerk und hat nicht sonderlich viel zu tun, die Figur des Kämpfers „Max Devine“ wird auch zügig zum Stichwortgeber degradiert. Keiner der einzelnen Charaktere bekommt wirklich Fleisch auf die Rippen, lediglich „Dobbs“ und „Harry“ dürfen als schrulliges Gaunergespann für die leichtfüßigen Momente sorgen.

Das Alles wäre eigentlich gar kein richtiges Problem, immerhin passt die Geschichte von BLOODPSORT (1988) auch auf einen Bierdeckel. Der hatte aber nie solche Ambitionen und legte sein Augenmerk vollumfänglich auf die knackigen Fights, während THE QUEST mit der Handkanten-Action lange auf sich warten lässt. Wenn dann im letzten Drittel Kämpfer aus aller Welt aufeinandertreffen, werden deren Auseinandersetzungen zudem mit angezogener Handbremse inszeniert. Nicht nur, dass hier so ziemlich jedem Klischee gefrönt wird (der deutsche Kämpfer reist stilecht mit Zeppelin und Pickelhaube auf dem Kopf), auch in Sachen Intensität bleibt THE QUEST relativ schwach. Man spürt deutlich, dass man den Film so verträglich wie möglich gestalten wollte, damit im besten Fall ganze Familien ein Tickets fürs Kino lösen können. Das sorgt dafür, dass die Action eine ziemliche Light-Version von dem darstellt, was BLOODSPORT oder auch KICKBOXER (1989) im vorherigen Jahrzehnt zu bieten hatten. Nichts desto trotz muss man immerhin den guten Look des Films hervorheben, denn das üppige Budget von 30 Millionen US-Dollar (heutzutage dreht van Damme Filme für einen geringen Bruchteil dieser Summe) ist definitiv zu sehen und viele Kulissen machen ordentlich was her. Trotz aller Kritik handelt es sich bei THE QUEST um keinen Totalausfall, sondern eher um ein zu ambitioniertes Projekt, mit dem sich die Beteiligten etwas überschätzten. Der finale Kampf zwischen van Damme und Abdel Qissi punktet dann nochmal mit schönen Choreografien und einer guten Dynamik, den Rest halten Roger Moore und Jack McGee am Laufen, die mit ihrer Leichtfüßigkeit zumindest dafür sorgen, dass der Streifen irgendwo unterhaltsam bleibt. An dieser Stelle muss man auch mal einen Darsteller Moore, der natürlich seine Rolle als „James Bond“ referenzieren darf, loben, denn trotz größtmöglicher Abneigung gegen wahrscheinlich so ziemlich jeden, der am Set etwas zu melden hatte, zieht der Brite seinen Job durch und ist klar das Highlight des Films. Auch van Damme macht seinen Job solide und liefert die Performance ab, die man von ihm bereits gewohnt war.

Retro Gold 63 brachte den Film erst kürzlich in drei verschiedenen, wattierten Mediabooks auf den Markt. Während Cover A noch auf 333 Stück limitiert wurde, erschienen Cover B und Cover C in einer Auflage von nur 100 bzw. 63 Stück. Bei den Blu-rays handelt es sich um ein Repack der bereits 2014 erschienen HD-Version von DigiDreams Studios. Bild- und Tonqualität sind entsprechend gut, das eigentliche Kaufargument sind die Extras. Neben einem großen Poster des gezeichneten Artworks beinhaltet die Edition ein sehr persönliches Booklet von Labelchef Alex, sowie ausgiebige Interviews mit Regisseur und van-Damme-Kollaborateur Sheldon Lettich, Filmbösewicht Abdel Qissi und Jean-Claudes Filius Kris van Damme, die alle auf der DVD zu finden sind. Der Blauling beinhaltet das bereits bekannte Bonusmateria, u.a. Making-Ofs, Trailer und Interviews mit van Damme persönlich, sowie Altstar Roger Moore. Eine runde Sache, die Fans zu schätzen wussten, waren alle drei Versionen schon vor Release ausverkauft. Ob es nochmal eine Neuauflage im Keep-Case geben wird, verrät Alex in unserem Podcast B-FILM-BUDDYS (den Link findet ihr unter dem Trailer).

Fazit:

THE QUEST – DIE HERAUSFORDERUNG (1996) sollte Jean-Claude van Dammes Opus werden, blieb an den Kinokassen aber weit hinter den Erwartungen zurück und läutete langsam aber sicher das Ende von van Dammes Kinokarriere ein. Nichts desto trotz ist das Kampfsport-Abenteuer kein Totalausfall, sondern immerhin ein kurzweiliger, gut ausgestatteter Trip durch exotische Kulissen, den man sich mit der ganzen Familie Sonntagnachmittags auf der heimischen Couch gönnen kann. In Sachen Action kann der Streifen zwar nicht mit van Dammes großen Hits mithalten, doch von späteren Gurken aus seiner Direct-to-Video-Phase ist das Ganze noch weit entfernt.

Amazon-Links:

Blu-ray

DVD

B-Film-Buddys-Podcast zu THE QUEST + Interview mit Labelchef Alex

Christophers Filmtagebuch bei Letterboxd – Your Life in Film

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