Da streif ich mir doch glatt die schwarzen Handschuhe vor Freude über! PLAION PICTURES hat zwei Gialli, also Thriller mit frauenmordenden Schwarzhandschuhträgern, von Großmeister Dario Argento mit aufwändigen Special Editions geehrt, bei denen die restaurierte Fassung in 4K gleich mit an Bord ist – und vieles, vieles mehr noch obendrauf. Beginnen möchte ich mit dem Streifen älteren Semesters, der zugleich den Abschluss seiner sogenannten ´Tiertrilogie´ darstellte. Vorhang auf für diesen Gruselkrimi, der musikalisch von Ennio Morricone unterlegt wurde und in dem Bud Spencer einen Freundschaftsdienst absolvierte – als Gott. Halleluja!

Originaltitel: 4 mosche di velluto grigio

Regie: Dario Argento

Darsteller: Michael Brandon, Mimsy Farmer, Jean-Pierre Marielle, Bud Spencer

Artikel von Christian Jürs

Nach Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe (The Bird with the Crystal Plumage) und Die neunschwänzige Katze wollte sich Dario Argento nach diesem Gruselkrimi dem Genre abwenden und neue Wege beschreiten. Glücklicherweise floppte seine mittelmäßige Abenteuerkomödie Die Halunken und so besann er sich seiner Tugenden. In den Folgejahren entstanden mit Profondo Rosso und Suspiria seine wohl stärksten Filme. Doch um diese soll es heute gar nicht gehen. Stattdessen reden wir über den zuvor entstandenen Vier Fliegen auf grauem Samt. Und das ist gar nicht selbstverständlich, denn nicht nur, dass der Film jahrelang unveröffentlicht auf Halde lag, auch die deutsche Kinosynchro galt bis vor ein paar Jahren als verschollen.

Der Schlagzeuger Roberto (Michael Brandon) fühlt sich seit einiger Zeit von einem ominösen Trenchcoat-Träger (Calisto Calisti) verfolgt. Am Abend nach einer Bandprobe, dreht er den Spieß um und verfolgt den Unbekannten bis in ein altes Theater, wo er den Verfolger zur Rede stellt. Der streitet zunächst ab, Roberto gefolgt zu sein, zückt dann jedoch ein Messer, welches beim Handgemenge im Bauch des Unbekannten landet. Der stürzt in einen Bühnenschacht und bleibt regungslos liegen. In diesem Moment erscheint in einer der Logen plötzlich eine maskierte Gestalt, die Fotos von Robertos Bluttat schießt und im Anschluss wieder spurlos verschwindet. Roberto entfernt sich ebenfalls vom Tatort und hofft, dass er unerkannt bleibt und Gras über die Sache wachsen wird.

In den kommenden Tagen plagt den Musiker das schlechte Gewissen, gepaart mit schrecklichen Albträumen. Als die ersten anonymen Drohbriefe samt Fotos seiner Missetat ins Haus flattern, offenbart Roberto sein dunkles Geheimnis Ehefrau Nina (Mimsy Farmer). Doch sie ist nicht die Einzige, die Wind von der Geschichte bekommt und plötzlich werden die heimlichen Mitwisser ermordet aufgefunden. In seiner Not holt sich Roberto Rat beim weisen ´God´frey (Bud Spencer), der ihm nahelegt, einen Privatdetektiv (Jean-Pierre Marielle) einzuschalten. Dessen Arbeit ist zwar von Erfolg gekrönt, doch der Killer lässt dies nicht auf sich sitzen. Das Morden geht weiter und die Luft für Roberto wird immer enger.

Vier Fliegen auf grauem Samt ist ein eher ungewöhnlicher Giallo aus der Hand von Meister Dario Argento. Nach einem starken Einstieg samt nerviger Fliege beim Schlagzeugspielen und einer darauffolgenden, gruseligen Ausgangssituation, tritt das Drehbuch des Öfteren gehörig auf die Bremse. Anstelle von Thrill serviert uns Argento dann die ein- oder andere Humoreinlage, die befremdlich wirkt. Dabei ist nicht mal unbedingt Bud Spencer gemeint, der zwar spielt und auch ausschaut, als käme er gerade vom Westernset gegenüber, doch der hält sich mit Witzchen dankenswerterweise zurück und gibt stattdessen den gelegentlich auftretenden Mann für gute Ratschläge. Viel mehr stört zum Beispiel ein etwas alberner Briefträger (Gildo Di Marco), dessen Szenen wie ein Fremdkörper in einer eigentlich todernsten Handlung wirken. Hinzu kommt, dass der Thriller hier und da ein wenig dahinplätschert, ehe die Story wieder in Schwung kommt. Zum Ausgleich bekommen wir ein paar tolle, wilde Kamerafahrten und optische Spielereien kredenzt, für die man die Argento-Horrorfilme der 70er und 80er einfach lieben muss. Auch in den Mordszenen stimmt dann wieder die Atmosphäre, insbesondere eine Jagd durch den nächtlichen Park, die mich an eine Szene aus dem etwa zeitgleich entstandenen, famosen Der Killer von Wien erinnert, lädt zum Nägelkauen ein. Die Auflösung ist zwar wie so oft im Giallo eher fadenscheinig (und die titelgebenden Fliegen werden auch noch notdürftig eingebaut), führt aber ebenfalls zu einem großartig gefilmten Finale.

Auch wenn dies nicht Dario Argentos bester Thriller ist (aber beileibe auch nicht sein Schlechtester), die Veröffentlichung dieses hitchcockartigen Klassikers ist ein Traum, für den man Plaion Pictures einfach mal ´Danke´ sagen muss. Verpackt in einer stabilen, kartonartigen Hülle, die an alte Computerspiele aus der Zeit des Commodore 64 oder Amiga 500 erinnert, liegen zunächst allerlei Goodies obenauf. So findet man ein 28-seitiges Booklet, verfasst von Paul Poet und reichhaltig bebildert, drei Filmposter und vier Artcards. Darunter befindet sich dann das Digipak mit insgesamt vier Discs (1 x 4K UHD, 2 Blu-rays und die Soundtrack CD mit dem genialen Score von Ennio Morricone – den Argento gar nicht so sehr mochte, weswegen die Beiden hinterher jahrelang nichtmehr zusammenarbeiteten). Bild- (2,35:1 / HDR10 + Dolby Vision / 2160p bzw. 1080p) und Tonqualität (Deutsch, Englisch und Italienisch in Linear PCM 2.0 Mono) sind vor allem auf 4K UHD perfekt. Auf der Bonus-Blu-ray befinden sich fünf exklusiv produzierte Featurettes mit einer variierenden Laufzeit von 7 bis 92 Minuten.

Vier Fliegen auf grauem Samt mag nicht der beste (aber auch nicht annähernd der schlechteste) Giallo aus der Hand von Dario Argento sein, die Special Edition ist aber ein Traum für jeden Sammler und gehört ins Regal.

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