Es war einmal ein kuscheliger, honigliebender Bär, der gemeinsam mit seinem besten Freund Christopher Robin Abenteuer im Hundertmorgenwald erlebte. Soweit die Ausgangsgeschichte, die Kinderbuchautor A.A. Milne 1926 erstmals veröffentlichte und damit zu Weltruhm gelang, bevor der berüchtigte Mäusekonzern 1961 die Markenrechte erwarb und daraus ein beliebtes Franchise entwickelte. Nun, 62 Jahre später, schaffte „Pu, der Bär“ den Sprung ins Genrekino, denn Independentfilmer Rhys Frake-Waterfield stürzte sich rechtzeitig auf die mittlerweile in Public Domain übergegangenen Urheberrechte der Buchvorlage und machte aus dem knuffigen Bären einen monströsen Slasherkiller. WINNIE THE POOH: BLOOD AND HONEY (2023) eilte ein nicht unwesentlicher Hype voraus und konnte im Kino sogar ein vielfaches seines Mikrobudgets einspielen und das trotz desaströser Kritiken und Zuschauerreaktionen. Plaion Pictures veröffentlicht den Low-Budget-Horrorfilm in Kürze im Heimkino und wir verraten euch, ob diese zutreffen.

Originaltitel: Winnie the Pooh: Blood and Honey

Drehbuch: Rhys Frake-Waterfield; basierend auf den Charakteren von A.A. Milne

Regie: Rhys Frake-Waterfield

Darsteller: Maria Taylor, Natasha Rose Mills, Amber Doig-Thorne, Nikolai Leon…

Artikel von Christopher Feldmann

Mittlerweile ist es Gang und Gebe, dass künstlerische Werke nach einer gewissen Zeit in „Public Domain“ übergehen, was bedeutet, dass sie „frei von Urheberrecht“ sind und sich so ziemlich jeder bei ihnen bedienen kann. So geschah es, dass 2022 die Urheberrechte des Kinderbuchs PU, DER BÄR von A.A. Milne 96 Jahre nach Erstveröffentlichung ausliefen. Prompt kündigte ein britisches Produktionsunternehmen an, aus der beliebten und weltweit bekannten Geschichte einen Horrorfilm zu machen, was natürlich erstmal für etwas argwöhnische und auch ablehnende Reaktionen sorgte, immerhin war und ist WINNIE THE POOH, insbesondere durch die Disney-Interpretation, Bestandteil vieler Kindheiten auf der ganzen Welt. Bei ihrer Version mussten die britischen Low-Budget-Filmemacher allerdings darauf achten, nur Elemente aus dem Buch zu verwenden, liegen die Rechte für die bekannte Zeichentrickversion doch nach wie vor beim Mäusekonzern und mit diesem will wohl niemand einen Rechtsstreit vom Zaun brechen. So durfte „Pu, der Bär“ in diesem Film nicht sein charakteristisches rotes T-Shirt tragen und auch Figuren wie „Tigger“ waren nicht verfügbar. Das ist Alles aber auch gar nicht so wichtig, wird in naher Zukunft wahrscheinlich niemand mehr viele Worte über WINNIE THE POOH: BLOOD AND HONEY (2023) verlieren und diesen sichtbar kostengünstig hingeschluderten Streifen als filmisches Kuriosum in die DVD-Schütten dieser Welt verbannen, denn mehr als stumpfes, mies gespieltes und auch ziemlich langweiliges Slasher-Einmaleins hat diese „Neuinterpretation“ nicht zu bieten.

Handlung:

Es ist lange her, seit Christopher Robin (Nikolai Leon) Winnie Puuh und dessen Freunde aus dem Hundertmorgenwald kennenlernte und sie mit Essen und Freundschaft versorgte. Doch eines Tages ging Christopher aufs College und hatte keine Zeit mehr für seine kuscheligen Kompagnons, sodass der Bär und Ferkel völlig verwilderten – und irgendwann I-Aah und die anderen von ihnen gefressen wurden. Nun ist Christopher mit seiner Frau in den Wald zurückgekehrt, um sie seinen alten Freunden vorzustellen. Die aber befinden sich auf der Suche nach Menschenfleisch und jagen mit Vorliebe junge Frauen.

Schon beim ersten Trailer zu WINNIE THE POOH: BLOOD AND HONEY gab es Diskussionen im Eigenheim. Meine bessere Hälfte begann über Tatsache, dass irgendjemand aus der altgedienten Geschichte einen Horrorfilm geschustert hatte, wie ein Rohrspatz zu fluchen. „Muss das sein?“ und „So eine Scheiße kannst du alleine schauen“ waren da wirklich die gemäßigten Aussagen. Ich kann diese Antihaltung, mit der sie nachweislich nicht alleine dasteht, durchaus nachvollziehen, war „Winnie the Pooh“ doch auch in ihrer Kindheit ein elementarer Bestandteil. Ich persönlich fand die Idee irgendwie witzig und natürlich hochgradig albern, mir war allerdings auch klar, dass es sich hierbei um ein kleines Low-Budget-Filmchen handeln würde, das in kürzester Zeit abgedreht wurde und lediglich auf die niedersten Instinkte abzielt. Ein Film also, der sich lediglich über seine kuriose Idee profiliert.

Und genau DAS ist WINNIE THE POOH: BLOOD AND HONEY (2023) am Ende auch geworden oder viel schlimmer noch, denn der Streifen ist ehrlich gesagt ziemlicher Schrott. Die Ausgangslage ist dabei tatsächlich noch die beste Idee und bietet zumindest im Ansatz Potenzial für eine interessante Geschichte. In talentierteren Händen hätte der Film etwas über Vergänglichkeit und das Verlassen der eigenen Kindheit, das Erwachsenwerden und über kindliche Mythen erzählen können, doch das Drehbuch ist lediglich daran interessiert, einen stumpfen Slasher nach allseits bekannten Mustern zu kredenzen, der weder spannend ist, noch irgendwelche Überraschungen bietet. Nach dem zugegeben noch ansehbaren Prolog handelt das Ganze lediglich von einer Gruppe Girls, die der Reihe nach von „Pu“ und „Ferkel“ auseinandergenommen werden, that’s it!

BLOOD AND HONEY zelebriert die altbekannten Slasher-Tropes als hätten die 1980er Jahre nie stattgefunden. Das ist auf Dauer nicht nur wahnsinnig repetitiv, sondern auch hochgradig langweilig, zumal die Ausgangslage nicht weiter verfolgt wird und „Christopher Robin“ für weite Teile aus dem Film verschwindet. Ein paar Kills und belanglose Dialoge später ist die Nummer dann auch schon wieder vorbei und man fragt sich berechtigt, was das Ganze eigentlich sollte.

Sicher, ein Slasher muss nicht gehaltvoll sein, allerdings macht WINNIE THE POOH: BLOOD AND HONEY auch keinen Spaß. Die Chose nimmt sich bierernst und lässt keinen Raum für Selbstironie oder gar schwarzen Humor. Auch die Immersion funktioniert überhaupt nicht, da man keinerlei Anknüpfungspunkte an die literarischen Figuren hat. Im Grunde könnte es sich bei „Pu“ auch um „Jason Voorhees“ handeln, der statt einer Eishockey- eine Bärenmaske trägt, was natürlich auch für seinen Kompagnon „Ferkel“ gilt. Beide werden wie der bekannte, unzerstörbare Killer inszeniert und auch der Hundertmorgenwald könnte genauso gut irgendwo am „Crystal Lake“ verortet sein. So kommt die Idee kaum zum tragen und es ist schließlich scheißegal, ob der Killer nun „Puh“, „Donald Duck“ oder von mir aus auch „Goofy“ heißt.

Dazu kommt noch, dass der Streifen absolut billig aussieht. Die Silikonmasken der beiden Antagonisten wirken einfach nur grotesk und auch für die Gore-Effekte hatte man augenscheinlich nicht viel Geld übrig, weswegen diese mit CGI unterstützt wurden, das allerdings derart scheiße aussieht, dass jeglicher Impact flöten geht. Regisseur Rhys Frake-Waterfield findet nie interessante Bilder, der Schnitt ist eine Katastrophe und stellenweise erkennt man kaum, was in dem dunklen Digitalfilmmatsch überhaupt vor sich geht. Da man, wenn man Internetquellen glauben mag, umgerechnet weniger als 100.000 US-Dollar zur Verfügung hatte, sollte man allerdings auch nicht mehr als einen etwas besseren Amateurfilm erwarten. Entsprechend talentfrei agieren auch die Darsteller, gerade die Damen im Film sind ein einziges Desaster. Mir schlackern schon die Ohren, wenn ich nur daran denke, dass natürlich ein Sequel in Planung ist und man noch weitere Kinderbücher ins Horrorgenre transportieren möchte. Wenn, dann bitte nicht in dieser Qualität.

Plaion Pictures hat sich hierzulande die Vertriebsrechte gesichert und veröffentlicht den Film nicht nur als Blu-ray und DVD, sondern auch im 4K-Steelbook (warum auch immer?). Uns lag zur Sichtung der Blauling vor, Bild- und Tonqualität sind gut und holen das Beste aus diesem Machwerk heraus, im Bonus gibt es lediglich den Trailer.

Fazit:

WINNIE THE POOH: BLOOD AND HONEY (2023) profitiert lediglich von seiner kuriosen Idee. Der Film an sich ist schwach inszeniertes Slasher-Allerlei, inklusive schlechter Effekte und miesen Darstellern. In kompetenten Händen hätte das Ganze interessant oder zumindest einfach nur spaßiger Irrsinn werden können, die finale Version muss sich allerdings niemand ansehen, sind die knapp 90 Minuten doch reinste Zeitverschwendung.

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