Nachdem Sie, werter Actionfan, die erste Staffel von Gangs of London zelebrierten und sich an der einen oder anderen erinnerungswürdigen Actionsequenz labten, dürstet es Ihnen nun nach der zweiten Staffel. Wenn man den internationalen Kritiken trauen darf, soll die zweite Staffel ja noch härter sein, noch brutaler als die erste. Kaum vorstellbar, aber machbar. Doch ganz so kommt es dann doch nicht, wobei es auch hier blutig kracht. Leider nicht ohne Manko, denn das inhaltliche Problem der ersten Staffel setzt sich in der zweiten fort. POLYBAND brachte die Serie nun auf Blu-ray und DVD heraus.

Regie: Nima Nourizadeh, Corin Hardy, Marcela Said

Darsteller: Joe Cole, Sope Dirsu, Michelle Fairley, Lucian Msamati, Brian Vernel, Asif Raza Mir, Pippa Bennett-Warner, Orli Shuka, Colm Meaney

Artikel von Kai Kinnert

Nach dem Zusammenbruch des Wallace-Dumani-Imperiums fehlt es an Ordnung im britischen Banden-Business und neue Gangster versuchen Fuß zu fassen. Der eiskalte Koba wird von Asif beauftragt, in London aufzuräumen, denn ein neuer Waffenhändler scheint ihm Konkurrenz zu machen. Bald darauf rollt ein gnadenloses Killerkommando durch die Unterwelt und sorgt für eine neue Verteilung der Macht.

Eine aufwendige und cineastisch gekonnte Inszenierung ist immer ein guter Trick, vergessen zu lassen, dass ein Drehbuch auf drei Bierdeckel passt. Das klappte bei der ersten Staffel noch hervorragend, denn die Action war ausufernd hart und in der nachdenklich-dünnen Story geschickt platziert worden. Hinterher saß man da und dachte: Das war mal ein gutes Actionbrett, ich bin gespannt auf die zweite Staffel! Nach der zweiten Staffel saß ich da und dachte: Warum dauert das alles so lange? Wann wird es spannend? Was wurde hier noch nicht erzählt? Nun ja, bis eben an jeder Schraube des Verrats gedreht wurde, braucht es halt so seine Zeit, da kann man schon mal müde werden.

Im Grunde geht es „nur“ darum, dass Sean Wallace ein König werden will und unsichtbare Investoren getötet werden sollen. Und das Elliot zwischen die Fronten geraten ist. Aber das ist keine Überraschung, denn Elliot ist ab Folge Eins in der Klemme und die Serie ändert 16 lange Folgen nichts an seinem Zustand. Dennoch ist Elliot der einzige Nicht-Soziopath (neben ein paar kleineren Nebenfiguren) im Blut-Kosmos der Gangs of London. Elliot (Sope Dirsu) ist der wahre Held der Serie, der stagnierend leidet. Elliot ist der ruhige Typ, fast schon depressiv, und besitzt zu dem noch die Nehmerqualitäten eines John Wick. Man sieht Elliot gerne zu, er ist sympathisch und auf lauerndem Rachemodus geschaltet – aber dem Drehbuch fällt nichts weiter dazu ein, als ihn traurig gucken zu lassen und ihm einen Haufen Irrer als Antagonisten entgegenzustellen. Mögen sie auch in ganzen Sätzen reden und feine Anzüge tragen – es sind irre. Man weiß, dass sie sich alle töten und verraten werden, nur um an Heroin und Waffen zu kommen. Doch was ist daran spannend? Rein inhaltlich? Elliot, ja ok, er trägt als Figur eine (kleine) emotionale Spannung in sich, die etwas komplexer angelegt wurde als die Abziehbilder der restlichen Besetzung. Da ist auch noch dieser bärtige Gangster mit Frau und Kindern, der Typ ist auch noch gut und bekam schon in der ersten Staffel einen denkwürdigen Splatter-Auftritt mit Macheten geschenkt. Auch diese Figur wurde komplexer angelegt, der Kerl hat etwas mehr Tiefe und Emotion als der Rest seiner miesen Kollegen.

Es gibt sie, die guten Ansätze, definitiv. Aber mich erreichte im Laufe der Spielzeit nur die Leere der Handlung. Mich berühren die Figuren nicht. Die zweite Staffel hat zwar auch seine cineastischen Momente, stolpert aber durch ein geringeres Budget und deutlich erkennbarer Greenscreen-Effekte. Hier wurde weniger sorgfältiger gearbeitet als sonst. Für mich waren nur Folge Fünf und Sieben eine überzeugende und spannende Angelegenheit, den Rest hatte ich schon im Abspann wieder vergessen. Denkwürdig hart war die Szene, in der sich die Frau aus der Folter befreit und dem Widersacher bestialisch den Schädel mit Hammerschlägen spaltet. Der Splatter passt gut zur roten Farbgebung der Szene, es wird recht heftig und die Inszenierung rundet die Folge originell ab. Dieser Art filmischen Akzent wünschte ich mir in der zweiten Staffel häufiger.

Gangs of London – Staffel 2 reicht nicht an die Qualität seines Vorgängers heran. Mag die Story auch aufgeblasen sein, die Action hatte damals alles gerettet. Die Gewalt war in der ersten Staffel als kreativer Motor zu verstehen und konnte so die Serie als gut konzipiertes Filmwerk wirken lassen, was in der Fortsetzung nun nicht mehr gelang. Trotzdem geht es natürlich auch hier hart zur Sache, wobei man den Aufwand und die Länge der Action stark reduziertet. Doch wenn das CGI-Blut spritzt, dann auch richtig. Gereicht hatte es für mich nicht, es fehlte mir an Originalität, Timing und guten Figuren. Am Ende ermüdend und ohne großen Effekt. Schade.

Das Bild der vorliegenden Blu-ray ist sauber, satt und klar, der Ton ist gut.

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