Hier stecken eine Menge Herzblut, Schweiß und vermutlich auch die ein- oder andere Träne drinnen. PLAION PICTURES hat das Mammutprojekt, an dem Effekte-Profi Phil Tippett (u.a. Jurassic Park & Robocop) satte dreißig (!) Jahre lang gearbeitet hat, ins Programm genommen. Herausgekommen ist dabei ein dystopischer Stop-Motion-Animationsfilm für Freunde der extrem düsteren Unterhaltung. Ob sich die lange Zeit der Fertigstellung gelohnt hat, klären wir im Artikel.
Drehbuch und Regie: Phil Tippett
Darsteller: Alex Cox, Niketa Roman, Harper Taylor, Satish Ratakonda
Artikel von Christian Jürs
Schon als Kind haben mich die Stop Motion-Effekte eines Ray Harryhausen tief beeindruckt, wenn der Held in Sindbads siebente Reise gegen einen Zyklopen oder gegen ein zum Leben erwecktes Skelett kämpfte, leuchteten meine Augen vor Begeisterung. In meiner Jugend waren es dann Sam Raimis Armee der Finsternis und der ED-209 in Robocop, die den Charme der etwas ruckeligen, aber mit viel Liebe erstellten, Animationen weitertrugen. Letztgenannter Polizeiroboter ging übrigens auf die Kappe von Phil Tippett,
Dem war es aber nicht genug, großartige Spezialeffekte für Blockbuster wie Star Wars Episode VI – Die Rückkehr der Jedi-Ritter, Jurassic Park, Starship Troopers oder Indiana Jones und der Tempel des Todes zu kreieren, er wollte auch Geschichten erzählen. Doch sein erstes, abendfüllendes Regiewerk war gelinde gesagt scheiße. Es handelt sich dabei um das Direct-to-Video-Sequel Starship Troopers 2: Held der Föderation. Nebenbei drehte er noch eine handvoll Kurzfilme, die sein Talent als Geschichtenerzähler wieder geraderücken sollten, darunter auch Shorties aus dem Mad God-Universum. Diese stellen eine Art Preview dar zu dem, was uns jetzt geboten wird: der Mad God-Spielfilm.
Die Arbeit daran begann Tippett nachdem er die Effekte an Robocop 2 beendet hatte. Zwar wollte er sein Werk bereits drei Jahre später, aufgrund des Releases des Blockbusters Jurassic Park, einstampfen, da Tippett die Stop Motion-Technik nun für tot hielt. Er konnte sich dann aber doch aufraffen und sammelte per Kickstarter-Kampagne genügend Geld ein, um gemeinsam mit einigen Filmstudenten sein kreatives Lebenswerk zu vollenden. Mehr als dreißig Jahre sollten ins Land gehen, bis die Arbeit an Mad God abgeschlossen war.
Die Handlung ist denkbar simpel. Ein Attentäter begibt sich per Taucherglocke hinab in eine Welt, die einem Albtraum entsprungen zu sein scheint. Hier leben die schrecklichsten Monster und Fabelwesen und überall regieren Gewalt, Angst und Tod. Durch diese Unterwelt, gespickt mit tödlichen Fallen und dunklen, unheimlichen Gängen und Schächten, quält sich unsere Hauptfigur, um schließlich im Zentrum der Hauptstadt eine Bombe zu zünden, die den ganzen Moloch vernichten soll. Doch das Vorhaben entpuppt sich als Mission Impossible und droht zu scheitern.
Mad God ist kein Film für Zartbesaitete. Die Welt, in die der Attentäter abtaucht, ist extrem düster und morbide und auch vor blutiger Gewalt wird nicht zurückgeschreckt. Die Geschichte ist nicht die originellste, das muss sie aber auch gar nicht. Ebenso wie kürzlich in John Woos Silent Night – Stumme Rache wird hier nicht gesprochen, man verlässt sich auf die Bildsprache, was ganz wunderbar funktioniert. Erinnerungen an Alan Parkers Pink Floyd – The Wall, Hellraiser – Hellbound und Tetsuo: Body Hammer werden wach, wenn Phil Tippett uns seine wilden Kreaturen präsentiert. Wer sich auf die atmosphärische Welt von Mad God einlassen kann, wird einen wilden Ritt, der an einen Bad Trip erinnert, erleben. Einziger Minuspunkt sind in meinen Augen die gelegentlich eingestreuten Szenen mit realen Darstellern. Diese sind zwar auch von Effekten umgeben, doch wirken diese Aufnahmen ein wenig wie Fremdkörper zwischen den brillanten Animationen.
Bild- und Tonqualität der mir vorliegenden Pressescheiben sind sehr gut. Die Special Edition ist zudem vollgepackt mit Bonusmaterial. Audiokommentare, Kurzfilme, Interviews und Featurettes über den Entstehungsprozess lassen keine Wünsche offen. Außerdem sollen ein Booklet und ein Poster mit an Bord sein, die mir leider nicht vorliegen.
Mad God mag nicht jedem gefallen, Fans dystopischer Science Fiction-Storys und handgemachter Effektarbeit kommen an diesem Film aber nicht vorbei.
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