Gläubige Katholiken sollten jetzt besser wegsehen! Studio Hamburg Enterprises präsentiert den irischen Found-Footage-Grusler „The Devil’s Doorway“. Ein Genre, das in den letzten Jahren so stark ausgelutscht wurde, wie die Weißwürste auf der Wiesn. Schafft es diese kleine Produktion, die mit gerade einmal einer halben Million an Budget realisiert wurde, etwas frischen Wind in die angestaubten Handkamera-Filme zu bringen? Ein Tipp für das Kürbisfest? Wir werden sehen…

Originaltitel: The Devil’s Doorway

Regie: Aislinn Clarke

Darsteller: Lalor Roddy, Ciaran Flynn, Helena Bereen, Lauren Coe

Bildmaterial (c) Studio Hamburg Enterprises

Artikel von Victor Grytzka

Found-Footage hatte bei mir schon immer einen schweren Stand. Damals vom Genre-Klassiker „The Blair Witch Project“ begeistert, hoffe ich auf immer mehr Nachschub atmosphärischer Schocker in diesem Bereich. Doch es kam, wie es nun einmal kommen musste. Der Markt wurde überflutet, und die Filme liefen nach dem immer selben Schema ab. Gruppe von unsympathischen Idioten geht dahin, wo sich nicht das Geringste verloren haben, Hui-Buh und seine Rasselbande geistern durch ein verlassenes Gebäude. Wickel-Wackel-Buh – man erkennt nichts – alle sind tot – Ende. Spannende Stories? Fehlanzeige. Doch dann fiel mir „The Devil’s Doorway“ in die Hände. Ein Film, der viele Dinge richtig macht und dabei eine Sache beherzigt, die ich mir in dem Genre häufiger gewünscht hätte – in der Kürze liegt die Würze. Die Netto-Spielzeit des Films beläuft sich nämlich gerade einmal auf schlanke 71 Minuten.

Father John und Father (Ciaran Flynn) und Father Thomas (Lalor Roddy) werden in ein Kloster gerufen, in dem es eine weinende Marienstatue geben soll. Im Auftrag der katholischen Kirche sollen die beiden Geistlichen die Vorfälle untersuchen. Wunder oder Augenwischerei? Neben den Nonnen, denen der Besuch gar nicht recht zu sein scheint, leben in den weitläufigen Räumlichkeiten zudem Frauen, die als „ausgestoßene der Gesellschaft“ angesehen werden. Geisteskranke, Prostituierte, Schwangere ohne Ehemann… Schnell wird klar dass in den Gemäuern nicht nur ein strenges und menschenverachtendes Regiment herrscht, seltsame Geräusche, unheimliche Kinderstimmen und Schreie aus dem Keller lassen auf Vorgänge schließen, die weit über das menschliche Verständnis hinausgehen…

Zunächst einmal muss ich die gesamte Machart der Produktion loben. Im Jahr 1960 angesiedelt, wird hier durch ein tolles Setting eine Atmosphäre geschaffen, die durchaus überzeugen kann. Dies unterstreicht auch der visuelle Stil des Filmmaterials. Durch gekonnten Einsatz von Bildformat, blassen Farben, Bildrauschen und Dropouts wird hier tatsächlich gut suggeriert, man habe es mit alten Filmmaterial zu tun. Auch wenn man den Umstand dass hier auf Digitalmaterial gedreht wurde leider nicht ganz kaschieren konnte. Da hätte der weitere Einsatz von Bildfiltern / Staubflecken und Kratzern noch etwas ausladender sein dürfen. Doch hier meckere ich auf hohem Niveau.

Die Tonabmischung ist ebenfalls als sehr gelungen zu bezeichnen – sofern man den Film in englischer Sprache anschaut. Der deutsche 5.1 Mix ist zwar sehr sauber, und auch die Synchro weiß grundsätzlich zu gefallen, doch hat diese Abmischung ein großes Problem. Um den Found-Footage-Stil des „alten“ Materials zu unterstreichen, wendete man häufiges rauschen, zischeln und knacken in der Tonspur an und auch die Dialoge klingen (im englischen Ton) eher dumpf und undynamisch. Durchaus so gewollt und sehr effektiv! Dies geht in der deutschen Bearbeitung an sehr vielen Stellen verloren. Die Stimmen zu klar, die Hintergrundgeräusche zu leise, etwaige Störgeräusche wirken weniger dominant. Schade, so geht eine Menge der Atmosphäre verloren, weshalb ich unbedingt die englische Tonspur empfehlen möchte.

Im Gesamten steht und fällt ein Film jedoch mit seiner Geschichte. Und hier kommt der erfreuliche „frische Wind“ ins Spiel, der mir im Genre so viele Jahre gefehlt hat. Statt sich auf die fest gefahrenen Konventionen zu verlassen, macht der Horror – besser gesagt der Grusel – hier nur einen relativ kleinen Teil aus, der sich im letzten Drittel des Filmes so richtig entfaltet und ein unangenehm spannendes  Flair verbreitet. Vorher jedoch wird viel Wert auf die Charaktere gelegt, deren Eigenheiten für den Verlauf der Geschichte nicht unwichtig sind. Father Thomas, schon dem höheren Alter zugehörig, ist eher Realist. Er glaubt weder an Wunder, noch Spuk, noch Gott – oder besser gesagt an den Gott, den die Bibel uns verkaufen möchte. Er steht dem katholischen Glauben sehr kritisch gegenüber, greift ganz offen die Methoden und Ansichten des Klosters an und ist so gar nicht der Typ, der blind auf ein geschriebenes Wort hört, dessen Herkunft und Wahrheitsgehalt (nach wie vor) angezweifelt werden darf. Dabei zögert er auch nicht, den Leuten vor den Kopf zu stoßen und sich selbst gar in Gefahr zu begeben. John ist noch ein „Frischling“ im Amt, der allzu gerne an einen guten Gott glaubt, und auch die angeblichen Wunder im Kloster eher bestaunt als kritisch hinterfragt. Selbst als – im wahrsten Sinne des Wortes – die Hölle losbricht, hält er an seinem Glauben fest, und legt sein Schicksal in göttliche Hände.

Dabei entsteht eine tolle Dynamik zwischen den beiden Hauptdarstellern, die für einen glaubhaften Ablauf der Ereignisse sorgt. Gut, so ganz hat man nicht auf Genre-Standards verzichtet. Geistererscheinungen gibt es auch hier, ebenso wie die allseits beliebten Jumpscares. Doch werden sie hier in so kleinen Dosen und auf den Punkt genau eingesetzt, dass sie einfach funktionieren. Bevor diese Pfade dann „ausgelatscht“ erscheinen, schiebt man hier einen neuen Handlungsstrang ein, und sorgt so für Abwechslung. Der Kern der Geschichte ist sehr interessant gestaltet, und dient dann als Aufhänger der Geschichte. Zu viel möchte ich nicht verraten, denn so würde ich dem Film eine seiner größten Stärken rauben. Doch es sei gesagt, dass auch hier eine klare Kritik an Kirche und Glauben mit tollen Horrorelmenten kombiniert wird, ohne dabei an den Haaren herbei gezogen, oder auch konstruiert, zu wirken. Dabei hilft die oben angesprochene straffe Laufzeit ungemeint. Es entstehen weder Längen, noch gibt es in dem gesamten Film „Füllmaterial“, um das Ganze künstlich in die Länge zu ziehen. Die Kürze steht dem Werk außerordentlich gut!

Technisch gibt es an der Scheibe nichts zu bemängeln. Des Bild bietet eine ordentliche Schärfe und einen hohen Detailgrad. Die Tonspuren (Deutsch / Englisch) sind kraftvoll und differenziert abgemischt, wenn man auch bei der deutschen Vertonung ein wenig „geschludert“ hat (siehe oben). Auf Extras muss leider verzichtet werden, lediglich eine Trailershow befindet sich auf der Disc. Allerdings kann man bei solch kleinen Produktionen auch nicht allzu viel erwarten.

„The Devil’s Doorway“ ist ein spannender und schlüssig inszenierter Found-Footage Horror mit einem interessanten Thema, tollen Darstellern und einer wunderbaren Atmosphäre. Da haben wir wieder einmal den Beweis. Ein großes Budget bringt einem nichts, wenn man nicht kreativ arbeitet. Hier ist es eben so – der Film lebt von einer tollen Umsetzung, die sich durch die kleinen finanziellen Mittel keinen Strich durch die Rechnung machen lässt, sondern seine stärken auf andere Bereiche – abseits der Effekthascherei – konzentriert. Genau so, wie es damals „The Blair Witch Project“ tat. Eine definitive Kaufempfehlung und der perfekte Film für eine Halloween-Party!

Trailer:

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